Dienstag, 23. November 2021

Konsum wofür?


Konsumieren wir eigentlich, damit wir ein gutes Leben haben? Oder helfen wir bloß der Großindustrie und internationalen Konzernen, ihr Geschäftsmodell umzusetzen? 

Wenn man zum Beispiel „die Schuhe, die jährlich weggeschmissen werden, paarweise hintereinander aufstellt, so kann man mit diesen Schuhen alljährlich eine Kette bilden, die man 150 mal um den Äquator wickeln kann. Allein die Schuhe, die in Österreich weggeschmissen werden, ergeben rund 40.000 Tonnen Müll pro Jahr.

Langsam spüren es die meisten, dass wir unterm Strich die Verlierer sind, obwohl wir vieles viel billiger einkaufen können, weil irgendwer irgendwo auf der Welt – oft unter grauenhaften Bedingungen – dieselbe Arbeit billiger verrichten kann. So verlieren wir unsere letzten Handwerker und unser Know-How.“
Aus „Gea Nr. 99“

Insgesamt scheint die Welt "eine große Gelegenheit zum Verbrauch" zu sein, wie es Harald Welzer ausdrückt.

"Es ist pervers: Dieselben Menschen, die sich eine Kreuzfahrt leisten oder einen SUV kaufen, sind zugleich besorgt um den Zustand unseres Planeten.
Wer tatsächlich etwas verändern will in der Gesellschaft, wer tatsächlich eine Wende zu klimaschonendem Leben schaffen will - der muss diesen dominanten Konsum-Narrativen etwas entgegenhalten. Der Weltverbrauch an Ressourcen geht hoch, die Besorgtheit der Bürger auch. Wir haben keinen Mangel an Wissen über den Zustand der Welt, aber Mangel an Willen, diesen Zustand zu verbessern.“
Harald Welzer: „Alles könnte anders sein“

„Wir leben auf Kosten der dritten Welt und wundern uns, wenn das Elend anklopft.“
Gregor Gysi

„Es kommt nicht darauf an, den Menschen der Dritten Welt mehr zu geben, sondern ihnen weniger zu stehlen.“
Jean Ziegler

„Auf dem Gemüsemarkt in Senegal gibt es zu 80% holländische Tomaten. Wir regen uns darüber auf, wenn die Leute zu uns kommen wollen, nachdem wir selber die Existenzgrundlage der Menschen zerstört haben.“
Heiner Geißler, ehem. Generalsekretär der CDU

„Fast alles, was Sie in Ihrem Kleiderschrank, in Ihrem Kühlschrank, in Ihrem Auto, Haus oder Ferienhotel vorfinden, womit Sie kommunizieren, was Sie essen und trinken, kommt auf eine Weise zustande, die Sie nicht wissen wollen. Präziser gesagt: Kommt Ihnen zu Preisen zugute, von denen Sie nicht wissen wollen, wie sie möglich sind.“
Harald Welzer: „Die smarte Diktatur“

„Wir als Gesellschaft müssen lernen, bescheidener zu leben, was aber nicht bedeutet, dass wir deswegen ein schlechteres Leben haben müssen, ganz im Gegenteil. Ich glaube, wenn man seine Wünsche reduziert, dann hat man bessere Chancen auf Glück. Konsumverweigerung ist eine wertvolle Übungsfläche.“
Heini Staudinger  

"Lokales Wirtschaften, rechtlich geschützt durch regionale, angepasste Rechtssysteme, ist der wichtigste Garant für eine ökologisch verantwortete Lebensweise."
Karl-Heinz Brodbeck

"Die ökonomische Vernunft ist nicht das selbe wie eine vernünftige Ökonomie!"
Richard David Precht

"Menschen wurden erschaffen,um geliebt zu werden.
Dinge wurden geschaffen, um benutzt zu werden.
Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet, ist,
weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden."

Dalai Lama

„Wir vertreten die These, dass die Idee eines selbstregulierenden Marktes eine krasse Utopie bedeutet. Eine solche Institution konnte über längere Zeiträume nicht bestehen, ohne die menschliche und natürliche Substanz der Gesellschaft zu vernichten; sie hätte den Menschen physisch zerstört und seine Umwelt in eine Wildnis verwandelt.“
Karl Polanyi, Wirtschaftshistoriker, in „The Great Transformation“ 

"Unser ganzes neoliberales System ist letztendlich darauf ausgerichtet, das Gewinnstreben von der Realwirtschaft zur Finanzwirtschaft zu verlagern und das muss übel enden. Die reine Finanzspekulation kann keine Werte schaffen. Sie kann nur umverteilen."
Stephan Schulmeister

"Wir brauchen einen modernen, selbstbewussten Staat als eine Sphäre, die sich grundsätzlich von der Wirtschaft unterscheidet."
Armin Thurnher im „Falter Nr. 3/17“

Samstag, 13. November 2021

Sind e-Fuels die Lösung?


Immer wieder werden synthetisch hergestellte Treibstoffe (e-Fuels) als Alternative zu Benzin oder Dieseltreibstoff oder auch zur e-Mobilität in die Diskussion eingebracht, um unseren PKW- Verkehr  umweltfreundlicher zu gestalten. Zuletzt auch von EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean.

Aber hat sie eine Ahnung, wovon sie spricht? Stutzig machen muss zunächst der Satz: “Die Politik muss den Markttrends folgen.“ So werden wir die Energie- und Klimawende mit Sicherheit nicht schaffen, genau umgekehrt müsste es sein.

Technologie-Offenheit, o.k., aber bei PKWs auf e-Fuels zu setzen kann nur Resultat eines nicht durchgeführten Denkprozesses sein. Denn e- Fuels werden wohl nur durch Einsatz von grünem Strom zu machen sein. Mit diesem Strom erzeugen wir mit einem Wirkungsgrad von nur 40% Treibstoff, der dann mit einer Energieeffizienz von 30% in Bewegungsenergie des Autos umgesetzt wird. Der Gesamtwirkungsgrad ist also nur etwa 12%. Da ist es doch viel klüger, den eingesetzten Strom gleich mit etwa 90% Gesamtwirkungsgrad für den Einsatz in batteriebetriebenen e-Autos zu verwenden. Dabei können wir zu viel hineingesteckte Energie bei der Rekuperation sogar wieder zurückgewinnen. Alle, die sich über den zusätzlichen Stromverbrauch alterieren, der durch e-Mobilität auf uns zukommen wird, sollten bedenken, dass für die Alternative e-Fuels sechs- bis siebenmal soviel Strom benötigt würde.

Ob e-Fuels einen Beitrag zum Klimaschutz liefern oder den Klimawandel weiter anheizen, hängt davon ab, wie CO2-intensiv der Strommix ist, der zu ihrer Herstellung verwendet wird. Damit e-Fuels klimafreundliche Alternativen zu fossilen Brennstoffen darstellen, muss der Strom für ihre Herstellung nahezu ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammen. Sollen e-Fuels z. B. im Transportsektor eingesetzt werden, dann muss der Ökostromanteil bei ihrer Herstellung bei mehr als 90 % liegen, um verglichen mit fossilen Treibstoffen eine Klimaschutzwirkung zu erzielen (aus Wikipedia).

Übrigens: Auch Wasserstoff ist für den PKW- Antrieb keine Alternative: Wasserstoff wird heute zu über 90% aus Erdgas oder Nebenprodukten der Erdölraffination hergestellt. Klimafreundlich wäre nur die elektrolytische Aufspaltung von Wasser durch grünen Strom. Die Elektrolyse hat einen Wirkungsgrad von knapp über 70%, die Brennstoffzelle etwa 60%. Das ergibt insgesamt 42%, dazu kommt noch der Energieaufwand für Kompression oder Verflüssigung des Wasserstoffs für Lagerung und Transport. Eine Flotte von Brennstoffzellenautos braucht also etwa das dreifache an Strom als batteriebetriebene Fahrzeuge. Und das Netz an Wasserstofftankstellen ist weniger als mickrig und müsste erst ausgebaut werden. Sehr wohl aber kann Wasserstoff als Energiespeicher Bedeutung gewinnen, wenn überschüssiger Solar- oder Windstrom zu seiner Produktion verwendet wird. Im gerade vereinbarten Koalitionsvertrag der kommenden deutschen Ampel-Koalition steht dazu: „Wir wollen den Einsatz von Wasserstoff nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen. Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen.

Unsere individuelle PKW- Mobilität sollten wir sowieso drastisch reduzieren: Überhaupt weniger fahren, und wenn, dann nicht unbedingt dafür zweieinhalb Tonnen Blech verwenden, die mit 280 PS rasant auf 180 km/h beschleunigt werden können. Dass wir die Mobilitätswende letztlich nur durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrssystems, durch schlauere Raumplanung und vor allem durch eine Änderung unseres Anspruchsniveaus bewältigen werden können, ist eine andere Geschichte. 

Freitag, 12. November 2021

CO2-Ausstoß verringern


Durch den Handel mit Emissionszertifikaten soll seit Jahren der CO2 - Ausstoß durch große Unternehmen begrenzt werden. Diese Zertifikate werden entweder kostenlos an Unternehmen verteilt oder  versteigert.

Laut EU-Kommission sollten bis 2020 im EU-Durchschnitt 70 Prozent der Emissionszertifikate versteigert werden. In Österreich waren es 2020 nur 29 Prozent, mehr als 70% wurden also verschenkt. Von diesen kostenlosen Emissionszertifikaten gingen fast 90 Prozent an nur zehn Unternehmen, die dafür 2020 über 15 Millionen Tonnen CO2 gratis ausstoßen durften.

Nicht nur entgingen Österreich dadurch Einnahmen von 450 Millionen Euro, sondern es erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, bis 2030 Strafzahlungen von etlichen Milliarden Euro berappen zu müssen. Wir werden uns also der von der EU vorgegebenen Aufteilung annähern müssen.

Große Betriebe wie etwa die Voest investieren zwar viel in umweltfreundlichere Produktionsprozesse, werden aber auch weiterhin zum Teil auf kostenlose Zertifikate angewiesen sein, weil sie in einem harten internationalen Wettbewerb stehen. Umso wichtiger ist es, in vielen anderen Bereichen Emissionen einzusparen. Die auf Initiative der Grünen beschlossene Besteuerung des CO2- Ausstoßes, die ab Juli 2022 auf uns zukommen wird, ist dazu ein wichtiger Schritt. Diese Steuer wird etliche Produkte zunächst  moderat verteuern, die Einnahmen aus dieser Steuer werden aber an jeden österreichischen Haushalt nach einem bestimmten Schlüssel zurückbezahlt werden. Dadurch wird sich für Haushalte mit mittleren und unterdurchschnittlichen Einkommen sogar ein kleiner Gewinn ergeben.