Warum heißt es regelmäßig: „Wir müssen sparen“, also Ausgaben kürzen, wenn das BIP schrumpft oder die Inflation steigt ? Meistens sind davon Sozialausgaben wie Bildung, Arbeitslosengeld oder das Gesundheitssystem betroffen, während die Steuern für Unternehmen häufig gesenkt werden.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Clara Mattei ist der Meinung, dass das Ziel der Austeritätspolitik nie in der Sanierung des Budgets bestand. Ginge es dabei tatsächlich darum, wäre die Austeritätspolitik fast nie erfolgreich gewesen, denn es widerspricht allen gängigen Wirtschaftstheorien, bei schrumpfender Wirtschaft die staatlichen Investitionen weiter zurückzufahren. Vielmehr handle es sich dabei um ein spezifisches Projekt, mit dem Herrschaftsverhältnisse aufrechterhalten und die Verhandlungsmacht der arbeitenden Bevölkerung begrenzt werden. Austeritätspolitik ist demnach ein aktives politisches Handeln, das eine Demokratisierung der Wirtschaft verhindert und eine Umverteilung der Ressourcen von unten nach oben bewirkt.
Clara Mattei hat bei ihren Untersuchungen festgestellt, dass es nach dem Ersten Weltkrieg einen kritischen Punkt in der Geschichte des Kapitalismus gab. Die Menschen begannen zu verstehen, dass das herrschende ökonomische System kein Naturgesetz ist. Sie stellten es infrage und organisierten sich in großem Ausmaß. Es gab ernsthafte Bestrebungen, kapitalistische Dogmen abzuschaffen. Fabriken wurden besetzt und die Vergesellschaftung ganzer Industriezweige diskutiert. Und in Großbritannien gab es genossenschaftlich organisierte Baugilden.
Dies veranlasste die wirtschaftliche Elite und Politiker, sich zu fragen, was sie dagegen unternehmen könnten. Die Wirtschaft sollte entpolitisiert werden. Zu diesem Zweck wurden unabhängige Zentralbanken geschaffen, die Gewerkschaften geschwächt und durch die Zinspolitik die Arbeitslosigkeit erhöht. Dass diese Strategie noch immer aktuell ist, zeigt sich an den Aussagen des Finanzministers unter Bill Clinton. Er forderte eine höhere Arbeitslosigkeit, damit die Löhne nicht mehr so stark steigen und die Inflation sinkt. Ähnliches hat 2023 auch Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank, gesagt. Zwar ist eine abkühlende Konjunktur schlecht für Profite, aber aus Systemperspektive ist es wichtiger, die Klassenverhältnisse zu stabilisieren.
Laut Clara Mattei gibt es auch eine Verbindung zwischen der von liberalen Ökonomen erfundenen Austerität und dem Faschismus. In der Zwischenkriegszeit standen liberale Ökonomen in Italien, das sich bereits auf dem Weg zum Faschismus befand, Mussolini beratend zur Seite. Sie sprachen ausdrücklich davon, dass es eine starke Führung brauche, um die revoltierenden Massen in Zaum zu halten und die herrschende Ordnung zu sichern. Einflussreiche Ökonomen waren der Meinung, dass politische Ökonomen dann gut sind, wenn sie Menschen zähmen können. Die Regierung verbot Gewerkschaften und politische Streiks und entmachtete so die Arbeiter. In Deutschland forderten Vertreter großer Industrie-, Bank- und Landwirtschaftsunternehmen Reichspräsident Hindenburg durch die „Industrielleneingabe“ im November 1932 auf, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Nach dessen Machtergreifung im Januar 1933 gab es massive finanzielle Unterstützung durch die Großindustrie, etwa beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933, bei dem mehrere Millionen Reichsmark für die NSDAP zugesagt wurden. Diese sogenannte Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft war, zusammen mit deren Ablehnung der parlamentarischen Demokratie und deren Präferenz für ein autoritäres System, ein wesentlicher Beitrag zur Konsolidierung der NS-Herrschaft.
Clara Mattei ist Professorin für Ökonomie am Center for Heterodox Economics (CHE) der Universität Tulsa und leitet das Forum for Real Economic Emancipation.
https://www.pressreader.com/austria/der-standard/20250821/281741275517885
https://gruenebiedermannsdorf.blogspot.com/2023/07/ruckkehr-zum-sparbudget.html
Sonntag, 24. August 2025
Ein Sparbudget als Mittel zum Machterhalt?
Dienstag, 29. Juli 2025
Problem Strompreis.
Seit der Energiekrise in den Jahren 2022/2023 müssen Haushalte in Österreich massiv überhöhte Strom- und Gaspreise zahlen. Die Energiekonzerne verzeichnen hingegen Rekordgewinne. Ende Juni forderte die von der Bundeswettbewerbsbehörde und E-Control eingesetzte Task Force Energie „mehr Wettbewerb“ im Strommarkt. Dies fordert nun auch die Politik, um die Strompreise zu senken.
Aber wären gemeinnützige Energieversorger nicht die bessere Alternative zu profitorientierten Aktiengesellschaften? Verstecken sich öffentliche Energiekonzerne nicht viel zu oft hinter dem Aktienrecht oder EU-Vorgaben, um sich so ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen? Hört das Thema „Wettbewerb“ nicht ohnehin im Bereich der Netzbetreiber komplett auf, weil diese in ihrem jeweiligen Versorgungsbereich praktisch ein Monopol haben? Braucht es nicht eine strukturelle Lösung? Sollten Energieversorger gesetzlich zu gemeinnützigen Zielen verpflichtet werden, ähnlich wie es im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz der Fall ist, das Gewinne beschränkt und deren Verwendung reguliert? Und sollte das völlig intransparente Geflecht der Energiekonzerne durch kreuzweise Beteiligungen und gegenseitige Kontrollen nicht endlich entflochten werden?
Zwar besagt § 86 AktG, dass ein Vorstandsmitglied einer Gesellschaft nicht gleichzeitig im Aufsichtsrat einer anderen Gesellschaft sitzen kann, in deren Vorstand wiederum ein Mitglied des ersten Unternehmens sitzt. Solche Verflechtungen sind jedoch erlaubt, wenn Gesellschaften innerhalb eines Konzerns miteinander verbunden oder aneinander beteiligt sind. Und genau das ist der Fall. Denn Österreichs große Energieversorger sind mehrheitlich im staatlichen Besitz. Laut WIFO ist der Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen durch „viele gegenseitige Beteiligungen und Verflechtungen“ sowie durch die Doppelfunktion des Staates als Eigentümer und Regulator eingeschränkt, was zu Interessenkonflikten führt.
Weitere Infos:
https://www.profil.at/meinung/die-falschen-schluesse-aus-der-energiekrise/403060581
https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/J/18766/fnameorig_1633180.html
https://www.pwc.at/de/publikationen/aufsichtsrat/die-innere-ordnung-des-aufsichtsrates.pdf
https://www.pwc.at/de/publikationen/aufsichtsrat/der-aufsichtsrat-im-konzern.pdf
Montag, 16. Juni 2025
Die österreichische Erbsünde: Lieber Bestehendes bewahren als das Bessere anstreben.
Wieder ein Beispiel für die österreichische Erbsünde, lieber mit hohem finanziellen Aufwand Bestehendes zu bewahren, anstatt mutig durch Innovation und Umstellung auf Neues eine aktive Vorwärtsstrategie zu fahren:
Die Industrie fordert schon lange Unterstützung von der Regierung für die angeblich gestiegenen Energiekosten. Nun hat die Regierung trotz allgemeinem Sparzwang für die energieintensivsten Industriesparten für die Jahre 2025 und 2026 jeweils einen „Strompreisbonus“ in Höhe von 75 Millionen Euro beschlossen. Im Gegenzug sollen die begünstigten Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz ergreifen. Die Sache hat jedoch mehrere Schönheitsfehler:
- Verlautbarungen von Wirtschaftsminister und Wirtschaftskammer zeigen, dass die Energiepreise für die Industrie in den letzten Jahren um 70 % gesunken sind und die Preise in Österreich im EU-Durchschnitt liegen.
- Derzeit ist noch offen, wie die Einhaltung der versprochenen Energieeffizienzmaßnahmen kontrolliert und deren Nichterfüllung sanktioniert wird
- Das Argument, diese Unterstützung würde als Kompensation für die gestiegenen CO2-Kosten benötigt, verschweigt, dass dafür die EU-Ausgleichszölle geschaffen wurden. Deren Zweck ist es, international faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und eine Abwanderung von Firmen in Länder mit laxeren Umweltschutzgesetzen verhindern.
- Aktiver Strukturwandel sieht anders aus. Wieder einmal haben sich die Agenden der Industriebewahrer gegen jene der Klimaschützer durchgesetzt.
- Wo bleibt die von der Regierung angekündigte „Industriestrategie”? Auf Zuruf politisch mächtiger Lobbyisten eine teure Einzelmaßnahme zugunsten einer mächtigen Lobby über Massensteuern von allen zu finanzieren, ohne dass dies im Rahmen einer konsistenten, längerfristigen Gesamtplanung geschieht, ist alles andere als strategisch.
Dienstag, 3. Juni 2025
Ist die Wirtschaft schon am Wendepunkt?
In trüben Zeiten auch mal eine gute Nachricht: Im ersten Quartal dieses Jahres ist Chinas Treibhausgasausstoß erstmals gesunken – und das obwohl die Stromnachfrage weiter gestiegen ist und Chinas Wirtschaft wuchs. Und einen ähnlichen Wendepunkt hat möglicherweise auch die Wirtschaft in Deutschland und Europa geschafft.
Dies zeigt eine Untersuchung der britischen Klima-Watchdog-Organisation „Influence Map“, die Geschäftsmodelle und Unternehmensziele der 200 größten Unternehmen in Europa analysiert hat. Demzufolge befand sich noch im Jahr 2019 das Geschäftsmodell von lediglich 3 Prozent dieser Großunternehmen im Einklang mit den Klimazielen des Pariser Abkommens.
Das hat sich in den nur wenigen Jahren seither dramatisch gewandelt. Laut der Analyse sind inzwischen 23% der großen europäischen Unternehmen „fully aligned“ mit dem Ziel der Klimaneutralität. Und eine Mehrheit von 52 Prozent ist bereits „fully or partially aligned“. Vielleicht noch bemerkenswerter ist, dass parallel die Zahl derjenigen Unternehmen, deren Geschäftsmodell vollständig inkompatibel mit den Klimazielen ist, erheblich zurückgegangen ist. Die vielbeschworene Transformation der Wirtschaft, sie vollzieht sich also möglicherweise genau jetzt.
Allerdings: Die Politik hinkt mutlos noch hinterher. Und auch die gängigen Erzählmuster über „Wirtschaft und Klimaschutz“ bilden diese Entwicklung noch zu wenig ab.
Montag, 28. April 2025
Die Zähne gezogen!
Der ÖVP-Umweltminister hat in einem Interview unumwunden klargemacht, dass dem von ihm geplanten Klimagesetz – das offenbar programmatisch nicht mehr Klimaschutzgesetz heißen darf – alle Zähne gezogen werden. Vorgesehen sind weder verbindliche Sektorziele etwa für Verkehr, Landwirtschaft und Industrie noch automatische Maßnahmen zur Gegensteuerung, wenn CO2-Reduktionsziele verfehlt werden. Wenn ein Sektor sein Ziel nicht erreicht, dann werden wir uns zusammensetzen und schauen, sagt Minister Totschnig. Der ÖVP-Wirtschaftsflügel, der das Gesetz der Grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verhindert hat, hat sich endgültig durchgesetzt. Klientelpolitik uralt, man muss es so nennen.
Das 2011 beschlossene und 2017 novellierte österreichische Klimaschutzgesetz (KSG) legte bis 2020 verbindliche Emissionshöchstmengen für verschiedene Sektoren fest und verpflichtete Bund und Länder zu konkreten Maßnahmen. Mit Ende 2020 sind die darin festgelegten Klimaziele ausgelaufen, seit dem 1. Januar 2021 verfügt Österreich über keine gesetzlich verankerten Klimaziele mehr.
Im Regierungsübereinkommen 2020–2024 hatte sich die schwarz/grüne Bundesregierung ausdrücklich zur Erarbeitung eines neuen, ambitionierten Klimaschutzgesetzes bekannt. Allerdings konnte sie sich während der gesamten Legislaturperiode nicht auf eine Novelle oder ein neues Klimaschutzgesetz einigen, da die ÖVP-dominierten Wirtschaftskammern und die ebenfalls von der ÖVP dominierte Industriellenvereinigung erbitterten Widerstand leisteten.
Quelle und Zitate
Siehe dazu auch hier
Freitag, 18. April 2025
Unsoziale Politik, personelle Verflechtungen und falsche Prioritäten
Das Anton Proksch Institut in Wien ist (noch) eine der führenden Kliniken für suchtkranke Menschen und die größte Suchtklinik in Europa. Behandelt werden dort Abhängigkeiten etwa von Medikamenten, Alkohol, Drogen oder auch Spiel- oder Computersucht. Auch Grundlagen- und Begleitforschung in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen wird dort betrieben.
Im Jahr 2013 erwarb die VAMED eine 60 % Beteiligung am Institut. Gegen Ende 2024 wurde bekannt, dass dieser VAMED- Anteil zusammen mit anderen Beteiligungen der VAMED an Gesundheitseinrichtungen an einen Private-Equity-Fonds des französischen Finanzkonzerns PAI verkauft werden sollte. Die Stadt Wien und der Gewerkschaftsbund waren damals Eigentümer der restlichen 40 % und durch die Ausnützung eines vereinbartes Aufgriffsrechts hätten sie den Verkauf an den Finanzkonzern verhindern können. Obwohl sie dazu von vielen Seiten aufgefordert wurden zeigten sie daran kein Interesse. Damit ist der Weg für den Verkauf der VAMED-Anteile an PAI Partners frei, der endgültige Abschluss hängt nur noch von der Zustimmung der Landesregierung ab. Das Geschäftsmodell von PAI ist es, Firmen zu übernehmen, umzustrukturieren und innerhalb von vier bis sieben Jahren mit Profit weiterzuverkaufen. Studien zeigen, wie profitorientierte Finanzinvestoren in Gesundheitseinrichtungen oftmals zu riskanten Kürzungen und unnötigen Behandlungen führen.
Dafür hat sich die Stadt Wien entschieden, trotz ihres Milliarden-Budgetdefizits dem insolvenzreifen FK Austria sein Stadion (die Generali-Arena) für 40 bis 45 Millionen Euro abzukaufen, um den Verein zu unterstützen. Der Verkauf steht unmittelbar bevor und soll am 23. April 2025 im Wiener Gemeinderat endgültig beschlossen werden. Schon früher wurde dem FK Austria durch einen Schuldenerlass der Bank Austria (mehr als 20 Millionen) und Subventionen der Stadt Wien (über 14 Millionen) kräftig unter die Arme gegriffen. Das Grundstück, auf dem das Stadion steht, gehört bereits der Stadt Wien. Nach dem Verkauf des Stadions soll Austria Wien es weiterhin betreiben und eine jährliche Miete an die Stadt zahlen.
Dazu muss man wissen: Austria-Präsident Kurt Gollowitzer ist CEO der städtischen Wien-Holding, einem Hauptsponsor des FK Austria. Gollowitzers Vorgänger bei der Wien-Holding wiederum war Peter Hanke, der danach amtsführender Stadtrat der Wiener Landesregierung und am 3. März 2025 Bundesminister wurde. Nachdem in der zweiten Jahreshälfte 2024 der ungarische Milliardär Lorinc Meszaros, ein enger Vertrauter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, Interesse am Stadion zeigte erklärte Hacker prompt, die Austria-Arena möge „ein Wiener Stadion bleiben“. Auch wenn nun durch den Ankauf durch die Stadt Wien die Übernahme des Stadions durch einen Ausländischen Investor verhindert wurde bleibt trotzdem: Das war der Stadt – und den beteiligten entscheidenden Personen – offenbar wichtiger als der Verbleib wichtiger Gesundheitseinrichtungen im Einflussbereich der öffentlichen Hand.
Weitere Infos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Anton-Proksch-Institut
https://www.attac.at/news/details/vor-vamed-verkauf-attac-fuer-oeffentliche-loesung-statt-heuschrecken-ausverkauf
https://www.meinbezirk.at/liesing/c-wirtschaft/anton-proksch-institut-geht-an-heuschrecke_a7028865
https://de.wikipedia.org/wiki/Generali_Arena_(Wien)
https://www.wienerzeitung.at/a/austria-wien-violettes-wunder-aus-steuergeld-
https://kurier.at/sport/fussball/fussball-bundesliga-austria-stadt-wien-gollowitzer/402986871
https://sportsbusiness.at/abloesesumme-fuer-generali-arena-steht-fest-stadt-wien-uebernimmt-stadion-der-austria/
Sonntag, 30. März 2025
Aufrüstung: In, Umweltschutz: Out. Oder: Schwerter statt Windmühlen
Während es in den letzten Jahren nicht gelungen ist, die Verschuldungsregeln der EU deutlich zu lockern, um den Klimawandel zu bekämpfen oder den durch die Migrationskrise notwendigen Ausbau des Sozialstaats zu finanzieren, erlaubt die Kommission nun, weitere Schulden zu machen, um aufzurüsten.
Die EU-Kommission hat am 23.2.2025 ihren neuen „Clean Industrial Deal“ vorgestellt, mit dem bis 2030 ein Markt von 100 Milliarden Euro und 500.000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen - durch die Forcierung eigener grüner Produkte in der EU, die Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie, die Einrichtung einer EU-Institution zur gemeinsamen Beschaffung von Rohstoffen, die Förderung von Kreislaufwirtschaft und Recycling und die Ausbildung der notwendigen Fachkräfte. Das Geld dafür soll aus nicht ausgegebenen EU-Mitteln kommen.
Viel mächtiger und mit viel mehr Geld finanziert sind jedoch die Bestrebungen zur Aufrüstung der EU. Die dafür geplanten 800 Milliarden Euro sollen vor allem durch eine Aufweichung der Maastricht-Ziele ermöglicht werden. Auf dieser Welle reiten auch die österreichischen Industrielobbyisten. Wie wird die geplante Industriestrategie unserer Regierung aussehen? Es ist zu befürchten, dass österreichische Zulieferungen an die europäische NATO-Rüstungsindustrie eine größere Rolle spielen werden, als endlich einen Klimaplan zu forcieren und die Dekarbonisierung der Industrie zu beschleunigen.
https://kurtbayer.wordpress.com/2025/03/25/rearm-statt-green-schwerter-statt-windmuhlen/
Montag, 24. März 2025
Zum Vorteil der Großkonzerne, zum Nachteil der Vielen: Die Industriellenvereinigung (IV)
Die Lobbyisten
Bei der Wirtschaftskammer (WKÖ) müssen alle Personen, die zum selbstständigen Betrieb einer Unternehmung in den wichtigsten Wirtschaftsbereichen berechtigt sind, zwangsweise Mitglieder sein und entsprechende Beiträge entrichten. Im Gegensatz zur WKÖ ist die Industriellenvereinigung (IV) kein gesetzlicher Teil der Sozialpartnerschaft, sondern eigentlich nur ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft.
Was Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer eint: Beide leisten Lobbyarbeit für Großkonzerne und für Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen. Die Industriellenvereinigung ist dabei die einflussreichste Lobbyorganisation der österreichischen Großindustrie. Dazu übt sie über die Sparte Industrie in der WKÖ und aufgrund personeller Verflechtungen mit der Wirtschaftskammer großen Einfluss innerhalb der Sozialpartnerschaft aus. Durch ihre Verstrickungen mit der ÖVP nimmt die IV auch massiv Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess im Parlament. Sie ist massiv dagegen, dass Superreiche Vermögens- und Erbschaftssteuern zahlen und so einen fairen Anteil an der Finanzierung des Sozialsystems leisten müssen. Die ersten Verhandlungen zur Bildung einer Regierung durch ÖVP, SPÖ und NEOS scheiterten unter anderem auf Druck aus der Industriellenvereinigung, IV-Präsident Georg Knill setzte sich dabei selbst für eine von der FPÖ dominierte Regierung ein. Er ist Gesellschafter der seit Jahrhunderten weitervererbten Knill-Gruppe, die aus rund 30 Unternehmen mit einem jährlichen Gruppenumsatz von etwa 480 Millionen Euro besteht.
Weitere Infos:
https://kontrast.at/industriellenvereinigung-oesterreich/
https://www.knillgruppe.com/ueber-uns-2/
https://gruenebiedermannsdorf.blogspot.com/2025/03/klein-und-mittelbetriebe.html
Sonntag, 16. März 2025
Klein- und Mittelbetriebe, Wirtschaftspolitik und Umweltschutz in den Krallen der Wirtschaftskammer.
Vor wenigen Tagen fanden in Österreich die Wirtschaftskammerwahlen statt. Damit wurde entschieden, wer die Wirtschaft in den nächsten Jahren in der Politik vertreten wird. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat ein enormes Gewicht in der Politik. Durch die bestehende Struktur mit einer Bundes- und neun Landesorganisationen sowie bundeslandweise unterschiedlich organisierten Fachorganisationen ist die WKO zu einem aufgeblähten Apparat mit (laut WK-Auskunft) 839 Einzelorganisationen und mehr als 5.000 Beschäftigten geworden, der (Stand Juni 2024) einen Rücklagenberg von rund 2 Milliarden Euro angehäuft hat. Die traditionell schwarze Kammer verhandelt auf Arbeitgeberseite die Kollektivverträge für rund 95 Prozent der Beschäftigten in Österreich mit und mischt auch auf höchster Ebene in der Bundespolitik mit. Ihre Vertreter verhandelten das Regierungsprogramm, mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hat ein ehemaliger Spitzenfunktionär der Kammer den für die Wirtschaft wichtigsten Ministerposten inne. Und solange ÖVP und SPÖ die Regierung stellen, wird sich an der Macht der Kammern wohl nicht viel ändern.
Kritik:
Das Wahlsystem der WKO wird seit langem als intransparent und undemokratisch kritisiert. Der Politologe Hubert Sickinger vergleicht es mit dem historischen Kurienwahlsystem, weil wirtschaftlich bedeutende Unternehmen und Branchen stärker gewichtet werden. Mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer hielten 2021 ihre Mitgliedsbeiträge zurück, nachdem DER STANDARD ein internes Papier der Wirtschaftskammer geleakt hatte, aus dem hervorging, wie die Kammer das Klimaschutzgesetz torpedierte - und schließlich zu Fall brachte, wodurch die Wirtschaft keine Planungssicherheit für Investitionen in den Klimaschutz oder für die Entwicklung klimaschonender Produkte oder Fertigungsverfahren hat. Ende 2024 geriet die WKO in die Kritik, nachdem aus einem geleakten Geheimpapier hervorging, dass sie sich für einen Stopp der Klimabemühungen und gegen einen Stopp der Gaslieferungen aus Russland aussprach. Auch die NGO „Protect our Winters“ sah in der Kammerwahl eine Klimawahl und begründete dies durch ihren Geschäftsführer Moritz Nachtschatt so: "Die Wirtschaftskammer hat sich in den letzten Jahren als der größte Klimablockierer Österreichs herausgestellt."
Das Climate Change Centre Austria (CCCA), ein Zusammenschluss der heimischen Klimaforscherinnen und -forscher, veröffentlichte 2023 den Bericht "Strukturen für ein klimafreundliches Leben". Darin wurde analysiert, warum die heimische Klimapolitik nur zögerlich vorankommt. "Aktuelle Wortmeldungen und Lobbying-Initiativen zeigen, dass besonders die Wirtschaftskammer unverändert entschlossen am Zeitalter fossiler Energien festhält. ….. Die Wirtschaftskammer verhindert nach wie vor klimapolitische Maßnahmen in den meisten relevanten Sektoren." Und Judith Brockmann, Sprecherin des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), sagt: "Die Wirtschaftskammer ….. vertritt am Ende immer wieder Positionen, die unsere Ziele torpedieren." Ein Beispiel: Die Kammer verhinderte den verbindlichen Ausstieg aus Kohle- und Ölheizungen bis 2025 und aus fossil betriebenen Gasheizungen bis 2040, der im Erneuerbare-Wärme-Gesetz der Türkis-Grüne Regierung zuvor im Ministerrat beschlossen wurde.
Postenschacher:
Das Wirtschaftskammergesetz macht es möglich, dass z.B. die Stimme einer stramm linken Unternehmerin bei der Freiheitlichen Wirtschaft landet oder die Stimme eines erzkonservativen Wirtschaftstreibenden bei der Sozialdemokratie. Möglich wird dies durch ein riesiges, dreitägiges Postengeschacher, das vom Wirtschaftskammergesetz zugelassen wird. Zwar werden bei der Urwahl alle Stimmen den jeweiligen Innungen oder Fachgruppen zugeordnet. Die Besetzung der mächtigen Posten weiter oben in der Kammerhierarchie ist jedoch das Ergebnis eines Tauschhandels mit „überzähligen“ Stimmen ohne jede demokratische Legitimation. So können Mandate kleinerer Fraktionen gegen prominente Kammerämter eingetauscht werden.
Auch die sogenannten "Listenvereinigungen" stehen in der Kritik. In Wien etwa tritt der ÖVP-Wirtschaftsbund in einigen Branchen gemeinsam mit dem Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband an, in Vorarlberg hat er sich mit der Freiheitlichen Wirtschaft zusammengeschlossen. Für die Wähler:innen ist dadurch nicht ersichtlich, wem ihre Mandate zukommen und am Tag der Verkündung des Wahlergebnisses ist nicht klar, wie dieses zustande gekommen ist. Das Kammergesetz erlaubt es der Kammerführung auch, nach der Wahl zusätzliche Posten zu schaffen - etwa einen Wirtschaftskammer-Vizepräsidenten für eine Fraktion, die sich als nützlich erwiesen hat - und so Macht gegen Posten zu tauschen. Dieses undurchsichtige System lehnen alle Fraktionen in der Kammer ab - mit Ausnahme des ÖVP-Wirtschaftsbundes.
Im November 2022 wurde von Abgeordneten der NEOs im Parlament ein Entschließungsantrag mit dem Betreff „Schluss mit Skandalen: umfassende Strukturreform gegen die Narrenfreiheit im Selbstbedienungsladen Wirtschaftskammer“ eingebracht. Darin wurde ein Best-of der Skandale der Wirtschaftskammer detailliert aufgezählt und gefordert, das System der Wirtschaftskammern so umzugestalten, dass die derzeitige Zwangsmitgliedschaft abgeschafft und den Mitgliedern ein Austrittsrecht eingeräumt wird. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ abgelehnt. Auch spätere, ähnliche Versuche wurden alle von ÖVP-Wirtschaftsbund und der ÖVP-dominierten Kammer abgeschmettert.
Quellen, nähere Details und weiterführende Links:
https://www.derstandard.at/story/3000000259916/gerade-laeuft-oesterreichs-wichtigste-klimawahl-von-der-sie-noch-nie-gehoert-haben
https://www.derstandard.at/story/3000000260982/mit-welchen-tricks-wirtschaftskaemmerer-zu-ihren-maechtigen-posten-kommen
https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/2951/fnameorig_1482926.html
https://www.profil.at/wirtschaft/wirtschaftskammerwahl-wko-2025-wahlsystem-mandate-stimmen-wirtschaftsbund-swv-fraktionen/403021547
Samstag, 15. März 2025
Steigende Kosten für Sanierung der Verkehrsinfrastruktur
Bei einer VCÖ-Fachveranstaltung am 12. März 2025 wiesen Expertinnen und Experten darauf hin, dass aufgrund des Alters von Straßen, Brücken und Tunnels die Kosten für die Sanierung und Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur für Bund, Länder und Gemeinden in den kommenden Jahren stark steigen werden. Hinzu kommen stark steigende Reparaturkosten aufgrund von Klimaschäden.
Das österreichische Straßennetz ist über 128.000 Kilometer lang. Mit 14,5 Metern pro Einwohner ist es um zwei Drittel länger als in der Schweiz. Während das Schienennetz zwischen 2000 und 2020 um 535 Kilometer schrumpfte, wuchs das Straßennetz um 319 Kilometer. Das wäre nicht so schlimm, aber die Autobahnen sind in diesem Zeitraum deutlich breiter geworden: Der Anteil der Autobahnabschnitte mit drei oder mehr Fahrstreifen pro Richtung hat sich in 20 Jahren fast vervierfacht.
Das Aufschieben von Instandhaltungsarbeiten kann teuer werden: Ein Aufschub um fünf Jahre erhöht die Erhaltungskosten inflationsbereinigt um durchschnittlich 25 Prozent, bei acht Jahren können es schon 100 Prozent Mehrkosten sein. Der Handlungsbedarf ist groß: So liegt das Durchschnittsalter der Brücken in Vorarlberg bei 46 Jahren, der Anteil der Brücken in sehr schlechtem Zustand steigt. Die jährlichen Instandhaltungskosten für Autobahnen und Schnellstraßen haben sich von 131 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 717 Millionen Euro 2023 drastisch erhöht. Große Generalsanierungen verursachen enorme Kosten. So kostete die Sanierung der Luegbrücke auf der A13 Brennerautobahn fast 390 Millionen Euro, für die Tunnelkette auf der A10 Tauernautobahn 265 Millionen Euro.
Bei der Abnutzung der Straßen spielt der Schwerverkehr eine entscheidende Rolle: Ein dreiachsiger Lkw mit 26 Tonnen belastet die Straßen wie 25.000 Pkw, ein vierachsiger 40-Tonner wie 60.000 Pkw. Das Schienennetz wird nicht nur durch Muren und Unterspülungen bei Hochwasser beschädigt. Im Sommer führt die Hitze durch die temperaturbedingte Längenzunahme der Schienen zu einem seitlichen Ausknicken.
Bei der Nutzen-Kosten-Analyse von Straßenneu- oder -ausbauten wird oft nicht berücksichtigt, dass neue oder breitere Straßen mehr Verkehr erzeugen und sich dadurch das Nutzen-Kosten-Verhältnis um bis zu einem Faktor 4 verschlechtern kann. Andererseits gibt es in mehreren Bundesländern bereits Beispiele, wie bei anstehenden Generalsanierungen durch eine Redimensionierung der Straßenbreite - eventuell durch die Anlage eines separaten Radweges oder Grünstreifens - Einsparpotentiale genutzt werden können.
Weitere Infos:
Ökonews
VCÖ
Vierte-Potenz-Gesetz
Montag, 10. März 2025
Ist unsere Auto-Zulieferindustrie ein Zukunfts- oder Auslaufmodell?
Einerseits: 900 österreichische Unternehmen, die Zulieferteile für die europäische Autoindustrie erzeugen oder Lohnfertigung für ausländische Marken übernehmen, erwirtschaften derzeit jährlich einen Umsatz von 26,3 Mrd. €, beschäftigen mehr als 90.000 Personen und sind damit ein wichtiger Teil der österreichischen Industrie.
Die Bedeutung dieses Industriezweigs stieg seit dem Ende der 1970er-Jahre extrem stark an. 1977 machte der Export österreichischer Kfz und Kfz-Komponenten nur 11,6% der Kosten für Importe von Autos aus. Diese „Deckungsquote“ stieg 1990 auf fast 100% und lag 2023 bei 251%. 2023 standen Autoimporten im Wert von 9.8 Mrd € Exporte im Wert von 20.3 Mrd € gegenüber.
Andererseits: Nicht nur in Österreich geht die Zahl der PKW-Neuzulassungen seit einigen Jahren zurück. Sie lagen 1990 noch bei 290.000 Zulassungen, erreichten 2017 ihren bisherigen Höhepunkt mit 353.000 und nahmen dann bis 2023 auf 239.000 ab. Obwohl die „Ostöffnung“ und in weiterer Folge der EU-Beitritt unserer Nachbarländer den westeuropäischen Automobilherstellern die Nutzung der Kostenvorteile dieser Länder ermöglichte und damit den Druck auf die österreichischen Zulieferbetriebe erhöhte, sind die deutsche Automobilindustrie (Volkswagen, Audi), aber auch viele andere europäische Hersteller seit geraumer Zeit mit zunehmenden Absatz- und Auslastungsproblemen konfrontiert.
Hätte der Dieselskandal, die von der EU und den Mitgliedsstaaten festgelegten Enddaten für neue Verbrennermotoren (zwischen 2040 und 2050) und der rasante Aufstieg der chinesischen Elektroautoindustrie nicht der Auslöser für eine breit angelegte „Umrüstung“ der Verbrennerautoindustrie und ihrer Zulieferer in Österreich sein müssen? Wurden die Zeichen an der Wand übersehen oder falsch interpretiert?
Diesen Fragen und deren zugrunde liegenden Problemen hat sich Kurt Bayer bereits 1991 und aus aktuellem Anlass nun wieder in diesem Artikel angenommen.
Weitere Infos:
https://www.news.at/wirtschaft/autozulieferer-oesterreich-krise
https://www.strategyand.pwc.com/at/de/presse/automobilzulieferer-2024.html
https://con-labour.at/home/oesterreichische-autoindustrie/
https://www.derstandard.at/story/3000000260615/20-milliarden-verlust-autokrise-setzt-holding-der-familien-porsche-und-piech-zu
Freitag, 24. Januar 2025
Auf beiden Augen blind!
Auf beiden Augen blind! Das sind scheinbar die Verhandler der FPÖVP bei ihrer Suche nach Möglichkeiten, das „Budgetloch“ zu stopfen. Diskutiert wird eine Fülle unsozialer Maßnahmen. Dabei übersehen sie 5,7 Milliarden Euro, die sich sofort durch den Wegfall aller klimaschädlichen Subventionen einsparen ließen. Und zwar jedes Jahr. Langfristig sogar noch mehr. Weil damit könnten wir mit großer Sicherheit auch das Erreichen jener Klimaziele sicherstellen, zu denen wir uns als Staat international verpflichtet haben.
Denn wenn wir diese Ziele nicht erreichen, drohen uns für den Ankauf von CO2- Zertifikaten und Strafzahlungen Kosten in Höhe von fünf bis neun Milliarden Euro. Und dazu kommen noch die wetter- und klimabedingten Kosten der Klimaerwärmung. Die liegen in Österreich „derzeit bei durchschnittlich einer Milliarde Euro pro Jahr. Bis Mitte des Jahrhunderts würden die gesellschaftlichen Schäden mit 4,2 bis 5,2 Milliarden Euro pro Jahr zu beziffern sein. Sollte die Temperatur stärker steigen, würde sich dieser Betrag auf 8,8 Milliarden Euro erhöhen“, warnt der Rechnungshof.
Klimaschädliche Subventionen kommen zu zwei Dritteln Unternehmen zugute. Ihre Streichung würde zwar etliche Produkte je nach dem Grad der durch sie verursachten Klimabelastung verteuern. Andererseits: Die jetzt von der FPÖVP geplante Streichung der meisten Klimaförderungen würde viele der über 200.000 Arbeitsplätze im Klimasektor gefährden. Die Unsicherheit bezüglich der Förderungen lähmt den Markt bereits jetzt, da Haushalte Investitionen in klimafreundliche Technologien aufschieben oder ganz darauf verzichten.
Besonders zu verurteilen sind die Gründe für die derzeitige Marschrichtung der FPÖVP-Verhandler. Bei der FPÖ ist das pure, faktenfreie Ideologie. Die ÖVP ist offensichtlich bereit, „Österreich an Kickl zur Verwirklichung höchst demokratiegefährdender Pläne auszuliefern, um die ökonomischen Interessen des in der ÖVP dominierenden Wirtschaftsklüngels zu schützen." (Zitat Der Standard v. 24.1.2025)
Du, unglückliches Österreich, bete.
Quellen:
- https://kontext-institut.at/inhalte/klimaziele-kosten-oesterreich/
- https://www.erneuerbare-energie.at/energiefakten/2023/12/05/klimaschaedliche-subventionen
- https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/nachhaltigkeit/green_jobs/oe_green_jobs.html
- https://www.oekonews.at/offener-brief-unsicherheit-in-der-klimafoerderung-eine-bedrohung-fuer-wirtschaft-arbeitsplaetze-und-klimaziele+2400+1224052
- https://www.derstandard.at/story/3000000254232/vorsehung-goettlich
Donnerstag, 19. September 2024
OMV-Profite 10x so groß wie der Katastrophenfonds!
Nach der aktuellen Hochwasserkatastrophe stockt die Regierung den Katastrophenfonds mit Steuermitteln von 660 Millionen auf eine Milliarde Euro auf. Das ist gut, aber wer soll das bezahlen?
Im Vergleich: Allein die OMV hat in den vergangenen drei Jahren einen Nettogewinn von 10 Milliarden Euro eingefahren – also das 10fache des gesamten Katastrophenfonds. Ein Gutteil davon wurde mittels Sonderdividenden an Aktionär*innen ausgeschüttet. Etwas mehr als 30% davon kamen so zwar wieder an den österreichischen Staat, der Rest ging an die Abu Dhabi National Oil Company, an institutionelle Investoren, Privatanleger und Streubesitz. Gleichzeitig nahmen die CO₂-Emissionen der OMV laut Greenpeace in den vergangenen Jahren weiter zu. Und die OMV hält noch immer an neuen fossilen Großprojekten wie dem Neptun Deep Gasprojekt im Schwarzen Meer fest.
Laut Studien werden allein Hochwasserschäden bis 2065 300 Mio. bis 1,8 Mrd. Euro an jährlichen Kosten verursachen. Werden die Verursacher der Klimakrise nicht zur Kasse gebeten, zahlen die Menschen doppelt: Einmal für hohe Energiepreise der Energiekonzerne und ein weiteres Mal mit Steuergeld für die Folgen der Klimakrise.
Quelle
Freitag, 6. September 2024
Globaler Handel und Lebensqualität
In den letzten 25 Jahren haben die Hälfte aller Fleischhauer und Bäcker zugesperrt, dafür schlachtet heute ein einziger deutscher Betrieb 60.000 Schweine pro Tag. Nur mehr die Hälfte des bei uns gebackenen Brotes wird mit Getreide aus österreichischem Anbau gebacken, aber allein im Jahr 2023 wurden 480.000 Tonnen Backwaren aus China in die EU importiert. Tag für Tag landen etwa 20 Millionen Päckchen aus China in der EU, dafür zerstört der globale Handel regionale Strukturen. Etwa eine Million Tonnen genießbare Lebensmittel landen in Österreich jedes Jahr im Müll. Und während zahlreiche Wirtshäuser für immer geschlossen haben und Ortskerne verkümmert, haben sich die Flächen der Supermärkte verdoppelt.
Ist das eine Entwicklung, die uns glücklich macht, die wir gutheißen können? Unser globales, neoliberales Wirtschaftssystem ist auf gnadenlosem Wettbewerb ohne Rücksicht auf Verluste aufgebaut und hat dieses Konzept in unserem Denken, in unserer Gesellschaft, in der Art und Weise, wie wir mit Anderen zusammenleben und mit der Natur umgehen, tief verankert. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob es nicht aus anders ginge und wie wir eine Kurskorrektur auch politisch hinkriegen könnten.
Samstag, 1. Juni 2024
Weltmarktführer bei Kutschen?
Die globale Wirtschaft befindet sich gerade in einer neuen Industrialisierungswelle. Weltweit erleben wir einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien und die Elektrifizierung von Prozessen in allen Bereichen. Die technologische Veränderung, die damit einhergeht, markiert den Beginn einer neuen industriellen Revolution – der Ökologisierung.
Und Österreich? Im Industrie-Rankings als beliebter Standort rutschen wir ab. Uns fehlen klare Rahmenbedingungen und mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energieträger und der Elektrifizierung aller Wirtschaftsbereiche. Aber mit den schwarzen Bremsern wird das kaum gehen.
Nach unserem Kanzler wollen wir sogar Weltmarktführer bei Verbrennern werden. Das könnten wir im Lauf der Zeit auch tatsächlich schaffen. Aber wir wären dann etwa so bedeutsam wie ein Weltmarktführer bei Kutschen.
https://www.newsflix.at/s/wollen-wir-weltmarktfuehrer-in-der-herstellung-von-kutschen-sein-120038620
Montag, 29. April 2024
Mehr reparieren, weniger wegwerfen – dank der EU
Immer mehr, immer billiger, immer schneller: Unser Konsum wächst uns über den Kopf, die Müllberge in den Himmel. Mit individuellen Handlungen lässt sich kaum dagegen vorgehen. Daher müssen Gesetze und Richtlinien her. So wie das Recht auf Reparatur und die Ökodesign-Verordnung der EU. Beides kommt nun: Das EU-Parlament hat am 23. April entsprechenden Vorschlägen der Kommission zugestimmt.
Durch das Recht auf Reparatur müssen Hersteller:innen ihre Geräte reparieren, solange die Garantie darauf gilt, mindestens zwei Jahre. Auch danach müssen Unternehmen noch übliche Haushaltsprodukte reparieren. Reparatur und die Ersatzteile dürfen nicht überteuert sein und Reparaturen nicht erschwert werden. Zunächst fallen Smartphones, Tablets, Server, Bildschirme, Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Kühlschränke, Schweißgeräte und künftig auch Staubsauger unter diese Regelung..
Mit der Ökodesign-Verordnung hat das EU-Parlament noch für eine weitere Verbesserungen gestimmt. Großen Unternehmen dürfen unverkaufte Kleidung und Elektroartikel nicht mehr zerstören, und die geplante Obsoleszenz – also die bewusst kurz gehaltene Lebensdauer – von Geräten eingeschränkt werden.
Donnerstag, 7. März 2024
Besser leben und weniger verbrauchen: Das ist möglich und notwendig!
In den letzten 50 Jahren hat sich der Abbau der natürlichen Ressourcen der Erde mehr als verdreifacht. Damit liegt er weit über einem verträglichen Rahmen. Das zeigt ein neuer UN-Report, der jetzt auf der UN-Umweltversammlung in Nairobi vorgestellt wurde.
Laut dem Bericht "Global Resources Outlook 2024" ist die globale Ressourcennutzung seit 1970 von 30 Milliarden auf 106 Milliarden Tonnen jährlich angestiegen. Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen sind für mehr als 60 Prozent der Treibhausgasemissionen und für 40 Prozent der Luftverschmutzung mit ihren gesundheitlichen Folgen verantwortlich.
Aber ein Umsteuern ist möglich – und auch dringend erforderlich. Denn ohne Umsteuern droht der Verbrauch natürlicher Ressourcen laut dem Report bis 2060 um 60 Prozent gegenüber 2020 anzusteigen.
Es geht also nicht nur darum, den Klimawandel abzufedern. Denn auch, wenn es den nicht gäbe, droht uns früher oder später das Spielmaterial auszugehen, das wir für unseren derzeitigen Lebens- und Konsumstil verbrauchen. Und die gute Nachricht ist: Nicht nur ist das Umsteuern möglich, sondern es muss uns auch nicht „zurück in die Steinzeit“ führen, sondern kann uns ein gutes, vielfach besseres Leben ermöglichen.
https://www.klimareporter.de/finanzen-wirtschaft/mit-der-natur-arbeiten-statt-sie-nur-auszubeuten
Sonntag, 7. Januar 2024
Wer macht die Inflation?
Österreich weist weiterhin deutlich höhere Inflationsraten auf als viele andere Euroländer: Im 2. Quartal 2023 stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 9.2%, im 3. Quartal um 6.8%. Im Oktober und November 2023 war die österreichische Steigerung mit jeweils 4.9% zwar niedriger, aber immer noch höher als im EU-Schnitt (2.9% bzw, 2.4%).
Diese heimische Inflation ist hausgemacht. Es gibt zwar die Erzählung, diese hohen Inflationsraten seien hauptsächlich auf die in den letzten beiden Jahren sehr hohen Steigerungen bei importierter Energie und anderen Importen zurückzuführen. Die Daten der Statistik Austria zeigen aber, dass der Preisindex der österreichischen Importe im 2. Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahr um 3.2% gefallen ist, im II. Quartal gar um 7.8%.
Faktum ist: die Preise werden von den Unternehmen gemacht. Sie geben einerseits Kostenerhöhungen weiter, erhöhen aber andererseits ihre Preise im Inland über diese hinaus. Das zeigt auch der Preisindex der in Österreich hergestellten Waren und
Dienstleistungen, der im 2. Quartal um +8.3% gestiegen ist, im 3.
Quartal gar um 8.7%. Es sind nicht gierige Produzenten fossiler Energie im Ausland, es sind nicht die Schwierigkeiten mit den Lieferketten, sondern es sind rein „hausgemachte“ Preiserhöhungen. Daran nascht dann auch der Finanzminister mit, da sich viele Tarife an den ausgewiesenen Inflationsraten orientieren.
Mittwoch, 20. Dezember 2023
Wirtschaftliche Rekorde auf Kosten der Allgemeinheit: Ein Sittenbild.
300 Beschäftigte verlieren bei der Pierer Mobility, früher KTM Industries, 2024 ihren Job. ÖVP-Großspender Stefan Pierer macht „nachteilige wirtschaftliche Rahmenbedingungen“ geltend und verlegt Teile der Produktion nach Indien und China.
Aber: Im vergangenen Halbjahr hat die Firma einen Rekordumsatz gefeiert. Der Verkauf von Motorräden stieg gegenüber dem Vorjahr um 16% auf über 190.000, der Absatz bei E-Bikes und Fahrräder ging um 39 Prozent in die Höhe. Und noch vor zwei Jahren bekam der Motorradhersteller rund 11 Millionen Euro Corona-Hilfen, um der Firma durch die Krise zu helfen. Doch von Krise war schon damals keine Spur. Mitarbeiter:innen wurden zwar in Kurzarbeit geschickt, Stefan Pierer schüttete an sich selbst jedoch sieben Millionen Euro Dividende aus und der Vorstand erhöhte seine Gehälter um 30 Prozent.
Die Errichtung der schwer umstrittene, 2019 eröffnete „KTM Motohall“ wurde mit öffentlichen Geldern aus verschiedenen Töpfen massiv gefördert. Die ohne vorhergehende Beschlüsse in Landtag und Landesregierung zugesagten Förderungen in Höhe von 6,74 Millionen Euro machten etwa 30% der Gesamtkosten aus. Der oberösterreichische Landesrechnungshof hat danach „Mängel im Verfahren“ festgestellt. Der grüne Kultursprecher Severin Mayr seinerzeit dazu: "Unterm Strich handelt es sich um eine beispiellose Förder-Akrobatik. Eine Förderung, die in Wahrheit eine Gabe der Landespolitik in Wahlzeiten an einen Großspender der ÖVP war."
Eine Begründung für diese üppige Förderung war die Einstufung der „KTM Motohall“ als Museum. Dazu meint der Präsident des Oberösterreichischen Museumsverbundes Roman Sandgruber, die Motohall sei eine „große Werbeschau, eine Verkaufshalle mit einer Ansammlung von Motorrädern. Als Museum könne man das in keiner Hinsicht bezeichnen, auch als Firmenmuseum nicht“.
Jahrelang versteckte Pierer sein Geld vor dem österreichischem Finanzamt in Liechtenstein. Knapp vor dem Abschluss eines Steuerabkommens mit dem Fürstentum holte er es 2013 nach Österreich zurück, um einer Nachversteuerung zu entgehen. Vom SPÖ-Finanzsprecher Krainer als „Abschleicher“ bezeichnet, wurde die ÖVP um Unterstützung gebeten, um diesem Image entgegenzuwirken: ÖVP-Generalsekretär Steiner bat beim damaligen ÖVP- Kabinettschef Thomas Schmid um eine Darstellung des Finanzministeriums. Finanzminister Schelling schlug vor, Krainer mit Silberstein in Verbindung zu bringen, was in Boulevardzeitungen auch geschah. Im Nationalratwahlkampf 2017 spendete Stefan Pierer der ÖVP beinahe eine halbe Million Euro, fordert eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die Senkung der Abgaben auf Arbeit und einen Kampf gegen "Überbürokratisierung" etwa im Steuer- und Arbeitsrecht.
Und irgendwie passen da folgende jüngste Aussagen von Stefan Pierer ins Bild: „Wir können noch ewig mit Verbrennern fahren. … Elektro-Mobilität ist ein Schwachsinn, der von wissenschaftlich ungebildeten Politikern gepusht wird. Ein aufgelegter Schwachsinn."
Quellen:
https://ooe.orf.at/stories/3235461/
https://kupf.at/presse/foerderungen-ktm-motohall-rechtswidrig/
https://www.kleinezeitung.at/kultur/5673305/18-Millionen-Euro-aus-Kulturbudget_Aufregung-um
https://www.derstandard.at/story/2000006109520/wort-der-woche-abschleicher
https://kupf.at/presseaussendungen/rechnungshofbericht-belegt-vielzahl-neuer-verstoesse-bei-ktm-motohall-foerderung/
https://de.wikipedia.org/wiki/Pierer_Mobility
Samstag, 21. Oktober 2023
Ein Geschenk für Großkonzerne
Bittere Pille im Budget 2024: Drei Viertel der Einnahmen aus der Körperschaftssteuer kommen von nur drei Prozent der Unternehmen – den drei Prozent, die den meisten Gewinn machen.
Wer diese Steuer senkt, der beschenkt also die profitabelsten 4.000 Großkonzerne im Land. Die 1,5 Milliarden Euro, auf die Finanzminister Brunner (ÖVP) mit dieser Steuersenkung verzichtet - die fehlen jetzt uns allen. Und nicht nur 2024, sondern ab jetzt jedes Jahr in Folge. Ein Brunner-Präsent für Banken, Versicherungen, Pensionskassen, für Pharma-Riesen und Groß-Industrie. Und natürlich … für deren Besitzer. Also genau die, die von Vermögens- oder Erbschaftssteuern betroffen wären, aber der Bevölkerung erzählen, es wär damit vorbei mit Eigenheim und Goldketterl im Nachtkastl.