Donnerstag, 30. Dezember 2021

Ist Wasser klimaneutral?

 

Ist Wasser, das wir trinken, klimaneutral?

Das kommt drauf an. Wasser, das in Einweg-Plastikflaschen abgepackt per Lkw zu uns kommt, sicherlich nicht.


Ein extremes Beispiel ist Volvic, das vom Danone-Konzern in einer kleinen Gemeinde gleichen Namens mit 4500 Einwohnern in Frankreich aus der Erde geholt wird. Und zwar etwa 2,7 Millionen Kubikmeter jährlich, das entspräche einem Würfel mit 240 Meter Seitenlänge. Das Wasser wird in Einweg-Plastikflaschen abgefüllt und in 60 Länder exportiert, davon viele Kilometer mit dem LKW. Im Supermarkt steht es dann um 1,30 Euro pro Flasche im Regal, was pro Liter dem derzeitigen Preis für Heizöl entspricht. Trotzdem ist es als klimaneutral zertifiziert, warum, weiß eigentlich kein Mensch.

Um die gleichen 1,30 Euro bekommt man bei uns nicht eine Flasche, sondern 1000 Liter bestes Trinkwasser, das man nicht mit dem Auto vom Supermarkt holen und in den zweiten Stock hochschleppen muss, sondern das nach einer sanften Handbewegung aus der Leitung kommt. Das ist klimaneutral, das schont die Umwelt. Und auch die Geldbörse - aber wir haben´s ja. Und Umwelt und Ressourcen sind uns egal, da füttern wir lieber einen Konzern mit 23 Milliarden Euro Umsatz mit Riesengewinnen.

P.S.: Nicht sehr viel besser sieht der Vergleich bei anderen Mineralwässern aus.

Samstag, 25. Dezember 2021

Wald im Klimawandel

 

Der Temperaturanstieg wird alles betreffen und nichts auslassen. Kleinste Details heute können mittelfristig ganze Ökosysteme dramatisch verändern. Schon  eine Temperaturerhöhung von ca. 2°C bei gleichzeitiger Abnahme der Sommerniederschläge um 15%  kann zu  einem  Rückgang  der  natürlichen  Waldgesellschaft  um insgesamt etwa 25% und zu drastischen Änderungen in den natürlichen Anteilen der einzelnen Arten führen.

Die bei uns heimischen Bäume brauchen die Kälte und den Winterschlaf, um im Frühjahr wieder austreiben zu können. Forschungen zeigen, dass sie umso früher austreiben, je kälter der Winter gewesen ist. Fehlt der Kältereiz, geschieht das viel später. Steigende Wintertemperaturen verschieben so die Wachstumsphasen heimischer Bäume nach hinten, Sträucher und Unterwuchs wird dadurch gefördert und Waldbäume geschwächt. Arten aus wärmeren Gebieten brauchen den winterlichen Kältereiz nicht und treiben früher aus, dafür sind sie anfälliger für späten Frost.

Hitze und Trockenheit sorgen gerade bei Bäumen für einen regelrechten Klimastress und setzen den Wäldern gehörig zu. Bei Trockenheit nimmt der Stammumfang ab, der Baum zieht sich förmlich zusammen und dehnt sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt ist. Mit dem Abnehmen des Stammwachstums verringert sich auch die Klimaschutzleistung, da weniger Kohlenstoff im Baum gebunden werden kann. Andererseits führen hohe Bodentemperaturen in Trockenjahren zu einer stärkeren Bodenatmung und dadurch zu einer stärkeren Freisetzung von Kohlenstoff aus dem Boden.

Die Baumkronendichte ist entscheidend für die Artenvielfalt im Wald. Öffnet sich das Kronendach,  sind Waldpflanzen abrupt einem Klima ausgesetzt, das sie nicht vertragen. Für die Bewohner von Unterwuchs und Boden ist das fatal, denn jeder Waldorganismus hat sein Temperaturoptimum, das er nur mit Verzögerung an neue Bedingungen anpassen kann. Wird es heiß, dann werden die Waldbewohner, die Kühle bevorzugen, von Hitze liebenden Arten verdrängt oder ausgerottet.

In Österreich nimmt die Waldfläche immer noch zu, und der Zuwachs liegt deutlich über den Erntemengen. Damit das möglichst so bleibt, haben die Bundesforste bereits damit begonnen, die Wälder an den Klimawandel anzupassen. Der Wald der Zukunft wird ein artenreicher, bunter Mischwald sein, da sich diese als widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse erwiesen haben als Monokulturen.

Österreich orientiert sich an den von der EU vorgegebenen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele  (LULUCF) und meldet Kennzahlen zur Waldbewirtschaftung und der Speicherung von Kohlenstoff in Holzprodukten an die EU. Dabei setzt Österreich auch künftig auf eine nachhaltige, aber verstärkte Nutzung von Holzbiomasse. Eine Kohlenstoffmaximierung im Wald auf Kosten der Holznutzung ist dezidiert nicht Ziel der österreichischen Forstpolitik, die auf der Multifunktionalität der Wälder aufbaut. Die stoffliche und energetische Verwendung von Holz und die damit verbundenen Substitutionseffekte nicht-nachhaltiger Materialien sind ein wesentlicher Beitrag der Wälder zum Klimaschutz. >http://www.wald-in-oesterreich.at/wald-im-klimawandel/

Montag, 20. Dezember 2021

Eisschmelze in Grönland

Unfassbare 520 Milliarden Tonnen Eis hat Grönland im heurigen Sommer verloren, bei Temperaturen von bis zu 20 Grad plus. Das sind, aufs ganze Jahr gerechnet, 1 Million Tonnen pro Minute. Nach der Universität von Ohio hat das grönländische Eis den „point of no return“ erreicht. 

Durch das Überschreiten dieses Kipppunkts wird die durchschnittlich 2000 Meter dicke Eisschicht, die derzeit das Landesinnere Grönlands bedeckt, unweigerlich vollständig abschmelzen. Wo das Eis fehlt, wird es wärmer, weil weniger Sonnenenergie zurück in den Weltraum abgestrahlt wird. Wo es wärmer wird, wird noch mehr Eis abschmelzen. Es wird global zu mehr Waldbränden kommen, deren Asche das Eis dunkel färbt. Dadurch wird das Eis noch schneller schmelzen – eine Spirale, die nicht mehr aufzuhalten ist.

Allein durch das Schmelzen des Grönlandeises wird der Meeresspiegel in wenigen Jahrhunderten, nach anderen Studien schon Ende dieses Jahrhunderts, weltweit um 7,4 Meter angestiegen sein. Das Landesinnere Grönlands, das derzeit durch das Gewicht des Eises teilweise unter den Meeresspiegel gedrückt wird, wird durch die Entlastung um etwa 800 Meter aufsteigen. Diese Eisschmelze ist der größte Beitragsfaktor des Meeresspiegelanstiegs, welcher Küstenregionen und Inselstaaten bedroht, sowie Stürme und Überflutungen häufiger und heftiger werden lässt.

Umso dringender ist es, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nun unverzüglich und ernsthaft anzugehen und endlich auch die Agrarwende anzupacken. Denn sonst werden wir in etwa zehn Jahren auch beim Regenwald und den Korallenriffen Kipppunkte überschritten haben, die eine weitere Erwärmung unumkehrbar weiter antreiben.

https://news.osu.edu/warming-greenland-ice-sheet-passes-point-of-no-return/

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Landwirtschaft – so oder so?

 

In Landwirtschaftsfragen trennen ÖVP und Grüne Welten. Dabei stehen große Entscheidungen an: Bis Jahresende muss Österreich an die EU-Kommission melden, wie es die Leitlinien der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU umsetzen will. Es geht um 1,8 Milliarden Euro, die pro Jahr an Förderungen an Österreichs Bauern fließen. Die EU und Grüne wollen mehr Bio, Klimaschutz und Unterstützung für Kleinbauern, weniger Dünger und Pestizide. Doch Köstinger und die ÖVP bremsen und wollen EU- Vorgaben nur unzureichend erfüllen.

Die Mehrheit der Schweine muss ihr Leben auf Betonböden fristen, durch deren Spalten Urin und Kot fallen. Die Schweine fressen und schlafen über den ätzenden Ausdünstungen. Davon  bekommen sie oft Gelenksentzündungen und von den Ammoniakdämpfen Atemwegsprobleme. Einem 100-Kilo-Schwein stehen derzeit nur 0,7 Quadratmeter zu, die Tiere haben auch nichts zu tun. Die  Fadesse führen immer wieder dazu, dass Schweine einander anknabbern und verletzen. Auch  Kannibalismus gibt es auf Vollspaltböden.

Die Grünen wollen unbedingt ein Verbot der Vollspaltböden mit Jahreszahl. Was will die ÖVP?  Um- und neu gebaute Ställe  ­müssen ab 2023 pompöse 0,84 statt wie bisher 0,7 Quadratmeter Platz bieten, und das soll auch nur für AMA-Gütesiegel-Betriebe gelten. Auf eine Jahreszahl, ab der die bisherigen Vollspaltböden verboten sind, ließ die ÖVP sich nicht festnageln.

Die EU-Staaten haben sich heuer darauf geeinigt, dass ein Zehntel der Direktförderungen  zu den kleinen Betrieben umverteilt werden muss - wie genau, können die Mitgliedstaaten selber festlegen. Doch obwohl Köstinger immer gern von Österreichs „bäuerlichen Familienbetrieben“ faselt, hat sie  bei der Umverteilung schon in Brüssel gebremst. Ihre Pläne sehen für die Umverteilung bloß 7,5 Prozent vor. Förderobergrenzen für Großbetriebe lehnte sie ebenso ab wie den Wunsch von Bauernverbänden und Umwelt-NGOs, die ersten 20 Hektar doppelt zu fördern, um die kleinsten Höfe stärker zu unterstützen.

27 Prozent  der landwirtschaftlichen Fläche werden bei uns biologisch bewirtschaftet – derzeit  Europaspitze. Doch während in den nächsten Jahren alle EU-Mitgliedstaaten die Biosparten verstärkt fördern werden, ist Köstingers Wachstumsziel mit 30 Prozent Biofläche bis 2030 weniger als unambitioniert. Denn allein wenn Bio-Landwirschaft weiter wächst wie bisher, würden wir bis dahin schon bei 36 Prozent liegen. Köstinger will die bisherige Bioförderung reduzieren und zugleich höhere Auflagen fordern. So müssten Biobetriebe nun sieben Prozent ihrer Fläche für „Biodiversität“ freihalten, bekommen aber dafür kein Extrageld, während konventionelle Bauern dafür 70 Euro pro Hektar erhalten.

https://www.falter.at/zeitung/20211214/bauernschnapsen 

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Konservative DNA: „Den Wandel verzögern, bis er harmlos geworden ist!“


Warum sind konservative Parteien oft Bremser wichtiger gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen? Könnte das vielleicht in ihrer ideologischen DNA liegen? In einem Interview für den „Falter“ antwortet Andreas Rödder auf die Frage, was er eigentlich unter „konservativ“ versteht, so: „Es geht um eine Grundhaltung zum Wandel an sich, es geht darum, diesen Wandel so zu gestalten, dass die Menschen mitkommen können.“ Und in einem früheren Tagesspiegel-Interview sagte er deutlicher: „Es geht darum, den Wandel zu verzögern, bis er harmlos geworden ist.“

In vielen Bereichen, vor allem in der Bekämpfung der Klimakrise, können wir uns diese Verzögerungstaktik nicht leisten, man könnte sie sogar als kriminell und zutiefst unsolidarisch mit kommenden Generationen bezeichnen. Will man, dass „die Menschen mitkommen“, muss man sie informieren, motivieren und dafür begeistern, aktiv am erforderlichen Wandel mitzuwirken. Aber welche konkreten Schritte hat etwa die ÖVP in dieser Richtung je unternommen?

Auch in verschiedenen gesellschaftspolitischen Bereichen werfen die Antworten von Rödder im Falter- Interview ein erhellendes Licht auf das politische Verhalten der Bundes-ÖVP.

Andreas Rödder ist Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, davor hatte er Lehraufträge an verschiedenen deutschen und US- Universitäten. 2019 wurde er von der deutschen Bundesregierung in eine Fachkommission für Integration berufen. Er ist Mitglied der CDU und war eine Zeit in einem CDU-Schattenkabinett für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig.

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Gewessler, die Lobau und der Tunnel


 „Klimaschutz macht, wenn er wirken soll, einen ökologischen Umbau unserer Konsum- und Produktionsprozesse notwendig; die Mobilität kann davon nicht unberührt bleiben, macht sie doch in Österreich wie in der EU rund 30 Prozent der CO2-Emissionen aus, wovon wiederum rund 70 Prozent auf den Straßenverkehr entfallen. So gesehen liegt es auf der Hand, Großprojekte in diesem Bereich noch einmal auf ihre ökonomische wie ökologische Sinnhaftigkeit abzuklopfen. Es ist Zeit, dass die türkis-grüne Koalition ihre politische Substanz beweist, wenn es darum geht, das "Beste beider Welten" im echten Leben zusammenzuführen.“
Walter Hämmerle in der „Wiener Zeitung“ vom 30.11.2021


Möglicherweise wird Gewesslers Absage des Lobautunnels und anderer geplanter Straßenbauprojekte bestehende und zukünftige Koalitionen der Grünen belasten oder erschweren. Und es ist stark anzunehmen, dass auch Gewessler und die grüne Regierungsmannschaft insgesamt diese Möglichkeit sieht. Aber umso positiver ist zu bewerten, dass hier mal über den Zeitrahmen einer Legislaturperiode hinausgedacht und das Wohl kommender Generationen (und auch die Lebensqualität der jetzt lebenden) an die erste Stelle gerückt wurde, auch wenn das die Chancen auf Machterhalt möglicherweise verschlechtert.

Für eine Diskussion der Verkehrsproblematik, die hier nur angestoßen werden kann, müssten wir mit den Ursachen beginnen. Und was ist die Ursache, der Grund, dass sich jemand von A nach B begeben will oder glaubt, sich begeben zu müssen? Letztlich ist es ein Mangel am Ort A, den ich durch einen Aufenthalt in B beheben könnte. Ganz egal, ob es sich bei diesem Mangel um einen Zigarettenautomat, den Arbeitplatz, ein Theater usw. handelt. Das heißt, dass Mobilitätsbedürfnisse durch Mängel entstehen. Daher wäre es naheliegend, mal hier anzusetzen, soweit es vernünftigerweise geht. Das betrifft unter anderem den Bereich der Orts- und Raumplanung und die Organisation unserer Arbeitswelt.

Der zweite Denkanstoß: Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Anzahl der Wege, die Mensch täglich oder wöchentlich zurücklegt, in den letzten paar hundert Jahren nicht wesentlich geändert hat. Was sich geändert hat, sind die dabei zurückgelegten Entfernungen und die (zumindest theoretisch möglichen) Geschwindigkeiten.

Und der dritte Denkanstoß: Wo gibt es ein konkretes Beispiel, wo eine neue oder breitere Straße nicht relativ kurzfristig zu einer Zunahme des Verkehrs geführt hat? Meine Hypothese: So ein Beispiel gibt es nicht, was dann beweist: Neue oder breitere Straßen lösen keine Mobilitätprobleme, sie verschlechtern sie zwar auch nicht notwendigerweise, gehen aber auf jeden Fall auf Kosten von Umwelt und Ressourcenverbrauch.

Wenn Wien den Autoverkehr reduzieren will, brauche es eine starke Verhaltensänderung, sagte auch Günter Emberger, Verkehrsplaner an der TU Wien, im Ö1 Mittagsjournal. Dafür müsste man die Rad-, Fußgänger- und Öffi-Infrastruktur ausbauen. Das sei mindestens genauso schnell möglich wie der Bau einer Autobahn.