Die atlantische meridionale Umwälzzirkulation (Amoc) ist ein wichtiger Bestandteil des globalen Klimasystems. Sie bringt sonnenerwärmtes tropisches Wasser nach Europa und in die Arktis. Dort kühlt es ab, sinkt in die Tiefe und strömt zurück.
Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass der Zusammenbruch dieser kritischen atlantischen Strömung nicht mehr als unwahrscheinlich angesehen werden kann. Das würde den tropischen Regengürtel, auf den viele Millionen Menschen für den Anbau ihrer Nahrungsmittel angewiesen sind, verschieben, Westeuropa in extrem kalte Winter und sommerliche Dürren stürzen und den ohnehin steigenden Meeresspiegel um 50 cm erhöhen. Der Kipppunkt, ab dem der Zusammenbruch dieser Strömung unaufhaltsam wäre, könnte bereits in einigen Jahrzehnten erreicht sein. Etwa 50 bis 100 Jahre danach würde diese globale Klimaanlage ihren Betrieb dann endgültig einstellen.
Die gute Nachricht: Durch eine internationales, rasches und entschlossenes Kappen unserer klimaschädlichen Emissionen wäre dieses Szenario sehr wahrscheinlich noch vermeidbar.
https://www.theguardian.com/environment/2025/aug/28/collapse-critical-atlantic-current-amoc-no-longer-low-likelihood-study
https://www.theguardian.com/environment/2024/oct/23/we-dont-know-where-the-tipping-point-is-climate-expert-on-potential-collapse-of-atlantic-circulation
Samstag, 30. August 2025
Globale Klimaanlage vor dem Zusammenbruch?
Lieber 10 Milliarden jährlich zahlen als die Umwelt schützen?
Zeigt der jetzt von Umweltminister Totschnig vorgelegte Entwurf eines Klimaschutzgesetzes wirksame und mutige Vorschläge auf? Oder ist er ein ambitions- und visionsloser Vorschlag, der nur versucht, kommende Probleme mit viel administrativem Aufwand zu verwalten? Würden die Folgen heutigen Nichthandelns verantwortungslos unseren Kindern und Enkeln umgehängt? Und würde der jetzige Entwurf neben ökologischen Schäden auch zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen?
Die ÖVP möchte offenbar lieber jährlich Milliarden Euro an Strafzahlungen ans Ausland zahlen, als das Notwendige umzusetzen. Was notwendig ist, war bereits Anfang 2020 bekannt. Damals hatten sich ÖVP und Grüne in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf geeinigt, ein neues Klimaschutzgesetz zu erarbeiten, da das bestehende Klimaschutzgesetz Ende 2020 auslief. Im Koalitionsvertrag war auch das Ziel fixiert, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen.
2021 wurde vom damals grün geführten Klimaschutzministerium ein entsprechender Entwurf vorgelegt. Dieser sah vor, entsprechend der Koalitionsvereinbarung bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 48 % zu reduzieren (ausgehend von 2005), verbindliche Sektorziele festzulegen, ein regelmäßiges Monitoring und Wirksamkeitskontrollen durchzuführen, Zuständigkeiten für die Treibhausgasreduktion zu definieren und aus fossilen Energien auszusteigen, wobei ein klares Ausstiegsdatum für Öl und Gas festgelegt wurde. Um die Klimaziele zu sichern, wurde auch der internationale Handel mit Emissionszertifikaten ausgeschlossen. Hätte sich abgezeichnet, dass die Klimaziele verfehlt werden, hätte der Bund rasch wirksame Klimaschutzmaßnahmen beschließen und in letzter Konsequenz die Steuer auf fossile Energie drastisch erhöhen müssen. Die daraus resultierenden Einnahmen wären in einen Zukunftsinvestitionsfonds geflossen, der wiederum Klimaschutzmaßnahmen im Inland finanziert hätte.
Jedes erfolgreiche Unternehmen definiert zu einem Ziel auch einen Zielpfad mit terminisierten Zwischenzielen sowie Kontroll- und Korrekturmechanismen. Jeder erfolgreiche Manager weiß, dass dies die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung sind. Dieses Wissen war zweifellos auch in der ÖVP, die sich gerne Wirtschaftskompetenz zuschreibt, ebenso wie im Wirtschaftsbund und in der Industriellenvereinigung vorhanden. Und obwohl der damalige Entwurf dieser Strategie folgte, rückte Karlheinz Kopf, der damals dienstälteste ÖVP-Abgeordnete im Parlament und Generalsekretär der Wirtschaftskammer, umgehend aus, um das Vorhaben zu torpedieren. Er bezeichnete den Entwurf aus dem von den Grünen geführten Klimaschutzministerium als „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie”. Bis zum Ende der Koalition gelang kein Kompromiss, da sich die ÖVP und die Wirtschaftsvertreter gegen alle wirksamen Maßnahmen sträubten.
Das verantwortungslose Desinteresse der ÖVP an wirksamen Umweltschutzmaßnahmen wurde wieder im Doppelbudget 2025/26 der neuen Regierung deutlich. Darin entfällt rund ein Drittel der gesamten Sparlast auf den Klimabereich. Klimafreundliches Verhalten (zum Beispiel Heizungstausch oder E-Mobilität) wurde verteuert, während klimaschädliche Förderungen erhalten blieben und mit der Verdreifachung der Pendlerpauschale sowie der NoVA-Befreiung für Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sogar noch erweitert wurden.
Der von Umweltminister Totschnig vorgelegte Entwurf eines neuen Klimaschutzgesetzes ist kaum mehr als ein zahnloser Plüschtiger. Das noch im schwarz-rot-pinken Koalitionsprogramm festgelegte Klimaziel für das Jahr 2040 kommt darin gar nicht mehr vor, alle Eckpunkte des früheren Entwurfs wurden ersatzlos gestrichen. Stattdessen will Totschnig die EU-Vorgabe, die Emissionen im Vergleich zu 2005 bis 2030 um 48 Prozent zu senken, durch eine „Steuerungsgruppe“ zur Koordination der Klimapolitik erreichen. Und diese „Steuerungsgruppe“ soll beileibe keine kleine, effiziente Organisation sein. In ihr sollen neben einer Beamtenebene auf Regierungsebene das Umwelt-, das Finanz-, das Verkehrs- und das Wirtschaftsministerium sowie der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz vertreten sein. Die „Steuerungsgruppe” soll einen wissenschaftlichen Klimabeirat bestellen, der die Bundesregierung „weisungsfrei und unabhängig” beraten soll. Die Verantwortung für die Klimapolitik wäre damit auf viele Schultern verteilt und völlig verwässert.
Der von der „Steuerungsgruppe” bis Ende Oktober 2026 auszuarbeitende „Klimafahrplan“ soll zwar "kosteneffiziente, wirksame Maßnahmen des Bundes und der Länder" für jeden Sektor - vom Verkehr über Gebäude bis zur Landwirtschaft - enthalten. Aber er soll nur unverbindlich festschreiben, wie viele Tonnen klimaschädliche Gase jeder Sektor jährlich in die Luft blasen darf. Anstatt die eigentlichen Umweltprobleme anzugehen, hätte die „Steuerungsgruppe“ im Falle der Verfehlung der von der EU vorgegebenen Klimaziele der Bundesregierung „Optionen für den Ankauf von Klimaschutz-Zertifikaten“ vorzuschlagen. Laut einem Bericht der Kommunalkredit Public Consulting ist jedoch zu erwarten, dass viele Staaten solche Ausgleichszertifikate benötigen werden und die Nachfrage das potenzielle Angebot um den Faktor elf übersteigen könnte. Diese Knappheit könnte den Preis für Klimazertifikate für uns auf 5,9 Milliarden Euro jährlich hochtreiben. Dazu kämen aber noch Kosten durch versäumter Klimaschutzmaßnahmen. Diese wurden bereits in einem Bericht des WIFO im Auftrag des Klimaministeriums für das Jahr 2024 mit 5,4 bis sieben Milliarden Euro im Jahr beziffert – Tendenz steigend. Die selbsternannte Wirtschaftspartei will also ein lästiges Problem, das durch ihre Untätigkeit laufend größer wird, lösen, indem sie es mit viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zuschüttet.
Mit seinem ambitions- und visionslosen Vorschlag würde der Umweltminister im (wahrscheinlichen) Fall des Scheiterns seiner Umweltpolitik die Verantwortung auf viele Schultern abwälzen. Die negativen Folgen seines Nichthandelns hätten unsere Kinder und Enkel sowie die Umwelt zu tragen.
Weitere Infos:
Klimapolitik: Die heiße Kartoffel in Totschnigs Händen
Der ÖVP ist das Klima genauso egal wie das Geld der Steuerzahler
Klimagesetz: 2040-Ziel fehlt, "Strafzahlungen" werden vorbereitet
Dienstag, 19. August 2025
Unklarheiten und Mehrgleisigkeiten bremsen Energieausbau
So unklar wie das Foto sind die Verantwortungen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in Österreich. Das sorgt für Verzögerungen. Am schlimmsten ist es bei der Windkraft, die als wirksamste Einzelmaßnahme im Kampf gegen die Klimakrise gesehen werden muss. Bis zu 30 Millionen Tonnen CO2-Emissionen ließen sich damit jährlich einsparen – das ist beinahe der Hälfte von Österreichs Gesamtemissionen im Vorjahr.
In der Klimapolitik sind klare Zuständigkeiten Voraussetzung für wirksames Handeln. Aber derzeit zeigen bei uns Gemeinden auf die Länder, die Länder auf den Bund, der wiederum auf die EU – und zurück. Am Ende bleibt alles, wie es ist.
Die Bundesregierung hat den ersten wichtigen Schritt gemacht und kürzlich das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) vorgelegt. Auch das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), das EU-rechtliche Vorgaben umsetzen soll, ist in Arbeit. Aber nun sind die Bundesländer in der Pflicht, die notwendigen Flächen für Windkraft auszuweisen und Genehmigungsverfahren durch bessere personelle Ausstattung der entsprechenden Landesbehörden effizienter abwickeln zu können.
https://www.newsflix.at/s/kreisverkehr-klimapolitik-so-werden-windraeder-vom-winde-verweht-120120151
Donnerstag, 31. Juli 2025
Unser Blick auf die Welt, Teil 1: Der Einfluss von Erzählungen
Zu verkaufen: Babyschuhe, ungebraucht!
Diese vier Wörter erzeugen in uns sofort Emotionen und eine Geschichte, die für uns Sinn ergibt. Vielleicht ist es die Geschichte einer Familie, die sich auf ein Kind freute und bereits eine Erstausstattung gekauft hatte, doch dann kam dieses Kind durch einen Schicksalsschlag nicht auf die Welt.
Oder: Menschen gehen mit verschiedenen Blicken durch den Wald. Da gibt es den Festmeterblick des Försters, der gleich abschätzt, wie viel Holz das bringt. Aber auch den Blick der Jäger oder der Pilzesammler, die auf irgendetwas aus sind.
Unser Gehirn versucht unbewusst ständig, alle Informationen, die auf uns einströmen, daraufhin zu untersuchen, ob sie unseren Erwartungen entsprechen oder sich möglichst widerstandsfrei in unser Weltbild einfügen. Passen die Informationen zu unseren bisherigen Erfahrungen und fügen sich nahtlos in unser Weltbild ein, erzeugen sie keine unangenehmen Gefühle und festigen unser Weltbild. Passen die Informationen jedoch nicht zu unseren Erwartungen, sind wir enttäuscht oder unzufrieden. Manchmal reagiert unser Gehirn sogar wie ein bockiges Pferd und weigert sich, eine von unserer Vorstellung abweichende Information als Teil der Realität aufzunehmen. Aber diese Geschichten sind Erzählungen der Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst. Trotzdem beeinflussen sie unsere Meinungen und Entscheidungen bis hin zur Wirtschafts- und Klimapolitik.
Die Erzählung, dass jeder den sozialen Aufstieg schaffen kann, wenn er nur hart genug dafür arbeitet, ist attraktiv, denn sie scheint gerecht zu sein. Aus der Soziologie und der Volkswirtschaft wissen wir jedoch, dass es sich dabei um ein Märchen handelt. Doch die Hoffnung auf den sozialen Aufstieg hält die Produktivität der Menschen aufrecht und ist somit für das Funktionieren des kapitalistischen Systems essenziell. Diese Erzählung behauptet, Menschen seien selbst schuld, wenn sie am unteren Ende der sozialen Hierarchie stehen. Und es erlaubt dann eher, Sozialleistungen zu reduzieren.
Wir reagieren gut auf Geschichten, die uns das Gefühl geben, dass es in Ordnung ist, wie wir sind und was wir haben. Wenn es um den Klimawandel geht, vermittelt uns die Erzählung „Wir dürfen den Wohlstand nicht gefährden” den Eindruck, dass ein Feind um die Ecke kommt, der uns das wegnehmen will, was wir uns hart erarbeitet haben. Und das im Austausch gegen das kaum greifbare Ziel der Nicht-Verschlimmerung der Welt. Konservative arbeiten mit der Angst machenden Erzählung, es drohe eine miserable Existenz ohne Komfort und Luxus, wodurch unser Jetzt plötzlich wahnsinnig attraktiv wirkt. Und reaktionäre Politik führt auch immer gern die Grünen als die Verbotsmenschen ins Feld, weil genau das im Kulturkampf triggert.
Dabei lässt sich für jede politische Ausrichtung eine Erzählung für den Kampf gegen die Klimakrise finden, auf die Menschen nicht mit Widerstand reagieren. Für Konservative, die wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, ist es ein Kampf, um die Natur zu bewahren. Für Sozialdemokraten ist es ein Kampf für Gerechtigkeit, denn von der Klimakrise sind besonders verletzliche Gruppen betroffen. Und für Liberale ist es ein Kampf für die Freiheit: Menschen sollen sich auch in Zukunft noch selbst entfalten können, statt in bürgerkriegsähnlichen Zuständen um Ressourcen zu kämpfen.
Die Publizistin Samira El Ouassil, die den Bestseller „Erzählende Affen“ gemeinsam mit dem Journalisten Friedemann Karig 2022 veröffentlicht hat, erklärt darin, was in der Klimakommunikation falsch läuft. Ein Interview mit ihr gibt es hier.
Weitere Buchempfehlungen zum Thema:
Politisches Framing: Wie eine Nation sich ihr Denken einredet
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Schnelles Denken, langsames Denken
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Donnerstag, 3. Juli 2025
Bremser am Werk!
Der Beruf des „Bremsers“ ist ganz ausgestorben ... ganz ausgestorben? Nein! Ein von unbeugsamen Beharrungsvermögen durchdrungener Pseudo-Umweltminister hört nicht auf, notwendigen Veränderungen Widerstand zu leisten.
Bremser waren Eisenbahner, die für das Bremsen von Eisenbahnzügen verantwortlich waren. Ihr Arbeitsplatz waren spezielle Bremserhäuschen direkt am Ende eines Eisenbahnwagens. Die heutigen, nicht mehr zeitgemäßen Bremser sitzen in der Regierung.
„37 Grad, Unwetter – und was macht der Minister?“, schrieb Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann zu Beginn der laufenden Extremwetterphase in einem Leitartikel. Seine Antwortet lautete sinngemäß, dass Totschnig keine ernstzunehmende Klimapolitik verfolgt und Klimaneutralität bis 2040 lediglich als „Kür“ bezeichnet, also nicht als Pflicht betrachtet. Dass er mit Anreizen statt Verboten arbeiten und niemandem etwas diktieren möchte. Österreich soll als Autoland verstanden, Klimaschutz nur mit Hausverstand betrieben werden. Wobei Hausverstand das ist, was aus bisheriger Erfahrung an Gefühle appelliert und Fakten und veränderte Bedingungen ausblendet.
Montag, 16. Juni 2025
Die österreichische Erbsünde: Lieber Bestehendes bewahren als das Bessere anstreben.
Wieder ein Beispiel für die österreichische Erbsünde, lieber mit hohem finanziellen Aufwand Bestehendes zu bewahren, anstatt mutig durch Innovation und Umstellung auf Neues eine aktive Vorwärtsstrategie zu fahren:
Die Industrie fordert schon lange Unterstützung von der Regierung für die angeblich gestiegenen Energiekosten. Nun hat die Regierung trotz allgemeinem Sparzwang für die energieintensivsten Industriesparten für die Jahre 2025 und 2026 jeweils einen „Strompreisbonus“ in Höhe von 75 Millionen Euro beschlossen. Im Gegenzug sollen die begünstigten Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz ergreifen. Die Sache hat jedoch mehrere Schönheitsfehler:
- Verlautbarungen von Wirtschaftsminister und Wirtschaftskammer zeigen, dass die Energiepreise für die Industrie in den letzten Jahren um 70 % gesunken sind und die Preise in Österreich im EU-Durchschnitt liegen.
- Derzeit ist noch offen, wie die Einhaltung der versprochenen Energieeffizienzmaßnahmen kontrolliert und deren Nichterfüllung sanktioniert wird
- Das Argument, diese Unterstützung würde als Kompensation für die gestiegenen CO2-Kosten benötigt, verschweigt, dass dafür die EU-Ausgleichszölle geschaffen wurden. Deren Zweck ist es, international faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und eine Abwanderung von Firmen in Länder mit laxeren Umweltschutzgesetzen verhindern.
- Aktiver Strukturwandel sieht anders aus. Wieder einmal haben sich die Agenden der Industriebewahrer gegen jene der Klimaschützer durchgesetzt.
- Wo bleibt die von der Regierung angekündigte „Industriestrategie”? Auf Zuruf politisch mächtiger Lobbyisten eine teure Einzelmaßnahme zugunsten einer mächtigen Lobby über Massensteuern von allen zu finanzieren, ohne dass dies im Rahmen einer konsistenten, längerfristigen Gesamtplanung geschieht, ist alles andere als strategisch.
Donnerstag, 12. Juni 2025
Die Ozeane als Indikator der Klimaveränderung
Zwischen 1993 und 2024, also in nur 31 Jahren, ist der durchschnittliche Meeresspiegel um 113 mm gestiegen. Wobei die Schnelligkeit dieses Anstiegs zunimmt: In den letzten zehn Jahren hat sie sich von 2,1 mm/Jahr auf 4,7 mm/Jahr mehr als verdoppelt. Und nur innerhalb eines Jahres, von 2023 bis 2024, stieg der Wärmeinhalt der oberen 2000 Meter des Weltozeans um 16 Zettajoule an - das entspricht etwa dem 140-fachen der gesamten jährlichen Stromerzeugung der Welt.
Das alles ergibt sich aus dem neuesten Bericht über den Zustand des Weltklimas der WMO (Weltorganisation für Meteorologie), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Die WMO verfolgt wichtige Klimaindikatoren, um verlässliche wissenschaftliche Daten zu liefern, die zum Handeln anregen sollen.
Der durch die Erwärmung der Ozeane und die Eisschmelze verursachte Anstieg des Meeresspiegels bedroht Küstengemeinden. Er ist aber vor allem ein Indikator für Klimaveränderungen, die Ökosysteme und Lebensgrundlagen überall auf der Welt bedrohen. Etwa 90 % der zusätzlichen Wärme, die durch Treibhausgase gebunden wird, wird vom Ozean absorbiert, der sich dadurch erwärmt und das Meeresleben, Meeresspiegel und Meeresströmungen und die globalen Wettermuster beeinflusst.
https://wmo.int/topics/climate-change
https://library.wmo.int/records/item/69455-state-of-the-global-climate-2024
Dienstag, 3. Juni 2025
Ist die Wirtschaft schon am Wendepunkt?
In trüben Zeiten auch mal eine gute Nachricht: Im ersten Quartal dieses Jahres ist Chinas Treibhausgasausstoß erstmals gesunken – und das obwohl die Stromnachfrage weiter gestiegen ist und Chinas Wirtschaft wuchs. Und einen ähnlichen Wendepunkt hat möglicherweise auch die Wirtschaft in Deutschland und Europa geschafft.
Dies zeigt eine Untersuchung der britischen Klima-Watchdog-Organisation „Influence Map“, die Geschäftsmodelle und Unternehmensziele der 200 größten Unternehmen in Europa analysiert hat. Demzufolge befand sich noch im Jahr 2019 das Geschäftsmodell von lediglich 3 Prozent dieser Großunternehmen im Einklang mit den Klimazielen des Pariser Abkommens.
Das hat sich in den nur wenigen Jahren seither dramatisch gewandelt. Laut der Analyse sind inzwischen 23% der großen europäischen Unternehmen „fully aligned“ mit dem Ziel der Klimaneutralität. Und eine Mehrheit von 52 Prozent ist bereits „fully or partially aligned“. Vielleicht noch bemerkenswerter ist, dass parallel die Zahl derjenigen Unternehmen, deren Geschäftsmodell vollständig inkompatibel mit den Klimazielen ist, erheblich zurückgegangen ist. Die vielbeschworene Transformation der Wirtschaft, sie vollzieht sich also möglicherweise genau jetzt.
Allerdings: Die Politik hinkt mutlos noch hinterher. Und auch die gängigen Erzählmuster über „Wirtschaft und Klimaschutz“ bilden diese Entwicklung noch zu wenig ab.
Sonntag, 25. Mai 2025
Neues aus dem NÖ Landtag
In der aktuellen Stunde der Landtagssitzung vom 22.5. erinnerte der grüne Landtagsabgeordnete Georg Ecker an fünf „Jahrhunderthochwasser“ in nur 30 Jahren, ein deutliches Warnsignal für die eskalierende Klimakrise. Er forderte ein Umdenken in der Raumordnungspolitik Niederösterreichs und beantragte
- ein absolutes Bauverbot für hochwassergefährdete Flächen – auch wenn diese bereits gewidmet, aber noch unbebaut sind,
- eine Änderung des Raumordnungsgesetzes, um Hochwasserschutz als verbindliches Leitziel zu verankern.
- ein Ende der Ausnahmeregelungen, die Gemeinden weiterhin Baulandwidmungen in HQ100-Zonen (alle 100 Jahre statistisch überflutete Flächen) ermöglichen.
- einen starken Fokus auf Renaturierung und die Wiederherstellung natürlicher Überschwemmungsflächen.
Dominic Hörlezeder sprach den massivem finanziellem Druck an, unter dem niederösterreichische Gemeinden durch steigende Ausgaben im Gesundheitsbereich, insbesondere die jährlich steigenden Beiträge zur NÖ Krankenanstaltenfinanzierung (NÖKAS) bei sinkenden Einnahmen stehen, was den Spielraum für Investitionen stark eingeschränkt. Er forderte eine „faire Verteilung nach Finanzkraft und tatsächlichem Bedarf, damit unsere Gemeinden handlungsfähig bleiben.“
Klubobfrau Helga Krismer kritisierte im Landtag die fehlende Abstimmung und mangelnde Flächenwidmung für Erneuerbare in Niederösterreich. Während Wind- und Sonnenenergie einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten könnten, werden Projekte oft durch bürokratische Hürden und fehlende Widmungen blockiert.
Die grüne Sozialsprecherin Silvia Moser kritisierte die anhaltende Benachteiligung von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur persönlichen Assistenz in Niederösterreich, das im Vergleich zu anderen Bundesländern die restriktivsten Zugangskriterien und niedrigen Fördersätze hat. Besonders alarmierend sei, dass blinde Menschen in Niederösterreich komplett von der persönlichen Assistenz ausgeschlossen sind. Obwohl der Bund bis zu 50 % der Kosten für eine bundesweit einheitliche Regelung übernimmt, verweigert sich Niederösterreich, anders als andere Bundesländer, bislang der Teilnahme. Eine aktuelle Studie der WU Wien belegt, dass die Umsetzung dieser Bundesrichtlinien sowohl sozial gerecht als auch finanziell tragbar wäre. Silvia forderte in ihrem Antrag, dass Niederösterreich die neuen Bundesrichtlinien endlich übernehmen muss – für ein selbstbestimmtes Leben aller Menschen mit Behinderung! Doch Schwarz-Blau haben das abgelehnt.
zur Rede von Georg Ecker
zur Rede von Dominic Hörlezeder
zur Rede von Helga Krismer
zur Rede von Silvia Moser
Donnerstag, 15. Mai 2025
So ginge Sparen.
In den letzten Jahren belief sich das Volumen der klimaschädlichen Förderungen in Österreich durchschnittlich auf 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahlen stammen aus einer Analyse im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Den größten Anteil daran hatte der Verkehr, wo mit „steuerlichen Maßnahmen entweder die Kosten von Treibstoffen oder die Nutzungskosten bestimmter Verkehrsträger gesenkt” sowie „die Anreize für die Kaufentscheidung, die effiziente Fahrzeugnutzung oder den Umstieg auf klimafreundlichere Verkehrsträger reduziert” werden.
Ein weiterer signifikanter Anteil betrifft Förderungen für Energieerzeugung und -verbrauch, insbesondere für Unternehmen, auch die Landwirtschaft erhält Förderungen, die als klimakontraproduktiv eingestuft werden, allerdings in geringerem Umfang als Verkehr und Energie.
Das Gesamtvolumen dieser Förderungen ist im Vergleich zu früheren Analysen (z.B. 2016) sogar gestiegen. Trotz wiederholter Forderungen nach einer Reform fossiler Subventionen lässt sich in Österreich bislang keine substanzielle Reduktion oder gezielte Reformpolitik feststellen. Die Existenz dieser Förderungen behindert die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Gesellschaft und Wirtschaft.
Natürlich hätte ein Wegfall dieser Subventionen etliche Produkte verteuert. Mit den eingesparten Milliarden hätte man das aber zumindest für Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen kompensieren können. Und die Wahrscheinlichkeit kommender Strafzahlungen an die EU wegen Nichterreichung der von uns zugesagten Klimaziele hätten wir gleichzeitig auch stark verringert.
https://www.bmimi.gv.at/themen/klima_umwelt/klimaschutz/nat_klimapolitik/kontraproduktiv.html
https://kontext-institut.at/uploads/Dateien/202410-Konkret-Oekologisierung-der-Pendlerfoerderung-KONTEXT.pdf
https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2023/pk0120
Sonntag, 4. Mai 2025
Morgendliche Vogelwanderung
Das war unsere gestrige Vogelwanderung unter der sachkundigen Führung von Rainer Praschak: Ein ziemlich großes Grüppchen von Frühaufstehern hatte sich bei prächtigem Wetter um 6:30 beim Eingang des Badeteichs versammelt und marschierte dann mit vielen Stopps entlang des Badeteichgeländes, an Certovkateich und Schießstattteich vorbei bis zur Lehmabbaugrube zwischen L154 und L2007. Durch das schon dichte Laubwerk waren zwar nicht viele Vögel zu sehen, aber akustisch konnten unglaublich viele Vogelarten gehört und – das notwendige Wissen oder die passende App vorausgesetzt – auch identifiziert werden. Die Lehmabbaugrube war zwar landschaftlich keine Augenweide, zeigte sich aber durch den kleinen Teich am tiefsten Punkt und die teilweise fast senkrechten Lehmwände als offenbar attraktiver Lebensraum für viele Vogelarten.
Hier gehts zu einer kleinen Fotogalerie.
Montag, 28. April 2025
Die Zähne gezogen!
Der ÖVP-Umweltminister hat in einem Interview unumwunden klargemacht, dass dem von ihm geplanten Klimagesetz – das offenbar programmatisch nicht mehr Klimaschutzgesetz heißen darf – alle Zähne gezogen werden. Vorgesehen sind weder verbindliche Sektorziele etwa für Verkehr, Landwirtschaft und Industrie noch automatische Maßnahmen zur Gegensteuerung, wenn CO2-Reduktionsziele verfehlt werden. Wenn ein Sektor sein Ziel nicht erreicht, dann werden wir uns zusammensetzen und schauen, sagt Minister Totschnig. Der ÖVP-Wirtschaftsflügel, der das Gesetz der Grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verhindert hat, hat sich endgültig durchgesetzt. Klientelpolitik uralt, man muss es so nennen.
Das 2011 beschlossene und 2017 novellierte österreichische Klimaschutzgesetz (KSG) legte bis 2020 verbindliche Emissionshöchstmengen für verschiedene Sektoren fest und verpflichtete Bund und Länder zu konkreten Maßnahmen. Mit Ende 2020 sind die darin festgelegten Klimaziele ausgelaufen, seit dem 1. Januar 2021 verfügt Österreich über keine gesetzlich verankerten Klimaziele mehr.
Im Regierungsübereinkommen 2020–2024 hatte sich die schwarz/grüne Bundesregierung ausdrücklich zur Erarbeitung eines neuen, ambitionierten Klimaschutzgesetzes bekannt. Allerdings konnte sie sich während der gesamten Legislaturperiode nicht auf eine Novelle oder ein neues Klimaschutzgesetz einigen, da die ÖVP-dominierten Wirtschaftskammern und die ebenfalls von der ÖVP dominierte Industriellenvereinigung erbitterten Widerstand leisteten.
Quelle und Zitate
Siehe dazu auch hier
Sonntag, 13. April 2025
Umweltschutz: Unter den Rädern!
Angesichts dessen, dass sich in Österreichs Realpolitik die einzelnen MinisterInnen als Paten „ihrer“ Klientel verstehen, anstatt die Interessen der gesamten österreichischen Bevölkerung zu vertreten, gibt die Aufteilung der Agenden des ehemaligen Klimaschutzministeriums auf drei Ministerien Anlass zur Sorge. Dass nämlich Umwelt- und Klimaschutz zwischen den unterschiedlichen Interessen von Landwirtschaft, Verkehr und Wirtschaft unter die Räder kommt.
So ist es nicht zu verwundern, dass die ersten „Sparmaßnahmen“ der neuen Regierung die Abschaffung des Klimabonus, der Steuerbefreiung für PV-Anlagen und die Einbeziehung von E-Autos in die motorbezogene Versicherungssteuer waren. Und am 7. März verkündete die Regierung, dass alle Klima- und Energieförderungen „evaluiert“ würden, zB der Klima- und Energiefonds, die Energieeffizienzförderung, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und diverse Projekte zum Ausbau von Wind-, PV- und Wasserkraftanlagen. Man ahnt: solche Evaluierungen sind die Vorboten der Abschaffung.
Von einer Evaluierung anderer, darunter auch besonders klimaschädlicher Förderungen wie Kfz-Pauschale, Dieselprivileg und der Bevorzugung von Dienstfahrzeugen ist allerdings nichts zu hören, geschweige denn, dass ordnungspolitische Maßnahmen, die keinen Steuereuro kosten, in Angriff genommen würden.
Kurzfristige Budgetsanierung, Eindämmung der Migration, bessere Überwachung, ein besser funktionierender Arbeitsmarkt sind alles wichtige Politikbausteine. Aber Klimawandel und Umweltzerstörung sind Beschleuniger von Konflikten zwischen Staaten und Gruppen und verursachen langfristige Probleme, die die positiven Zukunftsaussichten der Bevölkerung schmälern.
Donnerstag, 3. April 2025
Ökologische Lösung spart drei Milliarden Euro!
Sechs Milliarden Euro sind die nun geschätzten Kosten für den Lobautunnel, der von der jetzigen Wiener Stadtregierung unbedingt gewollt wird. Eine von den Wiener Grünen vorgeschlagene Alternative aus 17 neuen Straßenbahnlinien und neun Linien-Verlängerungen würde hingegen nur zwei Milliarden kosten. Die Ersparnis wären fast 80% des derzeit geschätzten Budgetdefizits der Stadt Wien von 3,8 Milliarden Euro. Während zusätzliche Straßen zusätzlichen Verkehr erzeugen, würde ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs nicht nur drei Milliarden Euro einsparen, sondern die Lebensqualität der Menschen verbessern.
Die Mehrheit aller Gutachten und Fachleute bewertet den Lobautunnel als klimaschädlich, unwirtschaftlich und verkehrspolitisch kontraproduktiv.
Die jetzigen Bestrebungen, den 2021 von der früheren grünen Umweltministerin Gewessler gestoppte Bau des Tunnels nun doch zu realisieren zeigen, wie schnell Umweltschutz und soziale Verträglichkeit ohne starke Grüne unter die Räder kommen können.
Weitere Details und Links:
https://lobau.org/2025/02/06/strategische-umweltpruefung-empfiehlt-nein-zu-einer-lobau-autobahn/
https://kurier.at/chronik/wien/lobautunnel-gewessler-strategische-pruefung-alternative/403007056
https://www.falter.at/morgen/20250401/lobautunnel-verkehrsberuhigung-falter-elefanten-runde-der-spitzenkandidaten-zur-wien-wahl
https://www.derstandard.at/story/3000000264047/wiener-gruenen-chefin-puehringer-der-lobautunnel-ist-ein-totes-pferd
Dienstag, 1. April 2025
Was können Moore zum Klimaschutz beitragen?
Moore können, bezogen auf die Fläche, weit mehr zum Klimaschutz beitragen als Wälder. Daher ist es extrem wichtig, ihren Abbau und ihre Entwässerung zu stoppen und geschädigte Moore zu regenerieren.
In den letzten hundert Jahren hat sich der Bestand an Mooren in Österreich dramatisch reduziert. Etwa 90 % der ursprünglichen Moorflächen sind bereits verloren gegangen. Die verbliebenen Moorgebiete weisen gravierende Probleme auf.
Von den geschätzten 30.000 Hektar verbliebener Moorfläche in
Österreich gelten nur wenige als ursprünglich und hydrologisch intakt.
Die meisten dieser noch intakten Moore befinden sich in abgelegenen
alpinen Regionen, in Tieflagen wurden Moore fast vollständig zerstört.
Der Verlust an Mooren schreitet weiter voran, ihr Erhaltungszustand wird
von Experten als „schlecht“ oder „unzureichend“ bezeichnet.
Entwässerte Moore sind enorme Treibhausgasquellen, ihr Erhalt und ihre Wiedervernässung sind sehr wirksame Methoden, um Treibhausgasemissionen stark zu reduzieren und Kohlenstoff langfristig einzulagern und gebunden zu halten. Bislang spielt dies aber in vielen Klimaschutzszenarien kaum eine Rolle. Stattdessen werden weltweit - und sehr stark auch in Europa - Moore trockengelegt und weiter zerstört.
Hauptursachen für den Rückgang sind
- Landwirtschaftliche Nutzung: Viele Moorflächen wurden entwässert, um sie für die Tierhaltung und andere landwirtschaftliche Zwecke nutzbar zu machen
- Torfabbau: Historisch und bis heute wird Torf abgebaut, was zur Zerstörung von Mooren beiträgt
- Überbauung und Flächenverbrauch: Der Bau von Skipisten, Straßen und anderen Infrastrukturprojekten hat ebenfalls Moorflächen zerstört
- Klimawandel: Steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster setzen insbesondere Hochmoore unter Trockenstress
Aber es gibt auch Initiativen, um den Rückgang zu stoppen:
- Das Projekt MOIST erfasst degradierte Moorflächen Österreichs und beurteilt ihrer Eignung zur Regeneration
- Seit 2022 wird der Österreichischen Moorschutzkatalog aktualisiert und dadurch die Wissensgrundlage über Moore verbessert, um Schutzmaßnahmen gezielt umzusetzen. Dabei werden auch Moorlebensräume außerhalb von Natura 2000-Gebieten auf ihren Schutzstatus geprüft
- Mit der „Moorstrategie Österreich 2030+“ sollen in Übereinstimmung mit den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 naturnahe Moore und ihre Ökosystemleistungen erhalten und geschädigte Moore und ihre Ökosystemleistungen wiederhergestellt werden
- Das Projekt „AMooRe“ (Austrian Moor Restoration) dient zur Umsetzung dieser Moorstrategie. Es wurde 2024 mit einem Budget von rund 44 Millionen Euro gestartet und hat die Renaturierung von rund 1.400 Hektar Moorflächen in allen neun Bundesländern zum Ziel. Damit soll der Klimaschutz und die Biodiversität durch die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts gefördert werden.
Hier sind einige konkrete Beispiele:
- Renaturierung im Schremser Hochmoor: Dieses Projekt zielt darauf ab, zwei degenerierte Teile des Moores auf einer Fläche von 2,6 Hektar zu renaturieren. Maßnahmen umfassen das Verschließen von Entwässerungsgräben und die Reduktion von Gehölzen, um den Wasserhaushalt zu stabilisieren und das Moorwachstum zu fördern. Begleitende Bildungsmaßnahmen sensibilisieren die Bevölkerung für den Moorschutz
- Renaturierung von Hochmooren im Waldviertel: Im Rahmen des grenzüberschreitenden Projekts „ConNat AT-CZ“ werden vier Moore im Waldviertel durch Maßnahmen wie Gehölzentfernung und Wiedervernässung renaturiert. Ziel ist die Lebensraumvernetzung und der Schutz degradierter Moore
- Projekt „Alpenmoore“ in Going am Wilden Kaiser: Die Österreichischen Bundesforste haben fünf Hektar Hochmoorflächen renaturiert, darunter das Hahnbodenmoor und das Hüttlmoos. Diese Maßnahmen tragen zum Klimaschutz und zur Erhaltung der Artenvielfalt bei
Diese Projekte zeigen, dass gezielte Renaturierungsmaßnahmen erfolgreich umgesetzt werden können, um Moore als wertvolle Ökosysteme zu erhalten und ihre Funktionen als Kohlenstoffspeicher sowie als Lebensraum für gefährdete Arten wiederherzustellen. Es ist zu hoffen, dass diese Projekte trotz der angespannten Budgetsituation ungestört weitergeführt werden.
Weitere Details und Quellen:
https://www.klimafakten.de/kommunikation/neuer-was-nuetzt-faktencheck-was-koennen-moore-zum-klimaschutz-beitragen
https://www.oekobuero.at/files/737/ob_wwf_moorstudie_version_maerz22.pdf
https://www.global2000.at/publikationen/mooratlas
Sonntag, 30. März 2025
Aufrüstung: In, Umweltschutz: Out. Oder: Schwerter statt Windmühlen
Während es in den letzten Jahren nicht gelungen ist, die Verschuldungsregeln der EU deutlich zu lockern, um den Klimawandel zu bekämpfen oder den durch die Migrationskrise notwendigen Ausbau des Sozialstaats zu finanzieren, erlaubt die Kommission nun, weitere Schulden zu machen, um aufzurüsten.
Die EU-Kommission hat am 23.2.2025 ihren neuen „Clean Industrial Deal“ vorgestellt, mit dem bis 2030 ein Markt von 100 Milliarden Euro und 500.000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen - durch die Forcierung eigener grüner Produkte in der EU, die Dekarbonisierung der energieintensiven Industrie, die Einrichtung einer EU-Institution zur gemeinsamen Beschaffung von Rohstoffen, die Förderung von Kreislaufwirtschaft und Recycling und die Ausbildung der notwendigen Fachkräfte. Das Geld dafür soll aus nicht ausgegebenen EU-Mitteln kommen.
Viel mächtiger und mit viel mehr Geld finanziert sind jedoch die Bestrebungen zur Aufrüstung der EU. Die dafür geplanten 800 Milliarden Euro sollen vor allem durch eine Aufweichung der Maastricht-Ziele ermöglicht werden. Auf dieser Welle reiten auch die österreichischen Industrielobbyisten. Wie wird die geplante Industriestrategie unserer Regierung aussehen? Es ist zu befürchten, dass österreichische Zulieferungen an die europäische NATO-Rüstungsindustrie eine größere Rolle spielen werden, als endlich einen Klimaplan zu forcieren und die Dekarbonisierung der Industrie zu beschleunigen.
https://kurtbayer.wordpress.com/2025/03/25/rearm-statt-green-schwerter-statt-windmuhlen/
Montag, 24. März 2025
Where have all the glaciers gone?
Nach dem aktuellen Weltwasserbericht der Vereinten Nationen werden die schwindenden Schneefälle in den Bergen und die beispiellos schnelle Gletscherschmelze Folgen für zwei Drittel der bewässerten Agrarflächen in die Welt haben. Neben der Unsicherheit bei der Wasserversorgung erhöhen Gletscherschmelzen und das parallele Tauen des Permafrosts in alpinen Regionen das Risiko von Bergstürzen und "Ausbruchsfluten" von Gletscherseen, und veränderte Niederschlagsmuster und unregelmäßigere Wasserabflüsse führen zu erhöhten Risiken von Überschwemmungen und Erdrutschen.
Weitere Infos:
https://www.deutschlandfunk.de/gletscher-schmelzen-folgen-klimawandel-100.html
Sonntag, 16. März 2025
Klein- und Mittelbetriebe, Wirtschaftspolitik und Umweltschutz in den Krallen der Wirtschaftskammer.
Vor wenigen Tagen fanden in Österreich die Wirtschaftskammerwahlen statt. Damit wurde entschieden, wer die Wirtschaft in den nächsten Jahren in der Politik vertreten wird. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat ein enormes Gewicht in der Politik. Durch die bestehende Struktur mit einer Bundes- und neun Landesorganisationen sowie bundeslandweise unterschiedlich organisierten Fachorganisationen ist die WKO zu einem aufgeblähten Apparat mit (laut WK-Auskunft) 839 Einzelorganisationen und mehr als 5.000 Beschäftigten geworden, der (Stand Juni 2024) einen Rücklagenberg von rund 2 Milliarden Euro angehäuft hat. Die traditionell schwarze Kammer verhandelt auf Arbeitgeberseite die Kollektivverträge für rund 95 Prozent der Beschäftigten in Österreich mit und mischt auch auf höchster Ebene in der Bundespolitik mit. Ihre Vertreter verhandelten das Regierungsprogramm, mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hat ein ehemaliger Spitzenfunktionär der Kammer den für die Wirtschaft wichtigsten Ministerposten inne. Und solange ÖVP und SPÖ die Regierung stellen, wird sich an der Macht der Kammern wohl nicht viel ändern.
Kritik:
Das Wahlsystem der WKO wird seit langem als intransparent und undemokratisch kritisiert. Der Politologe Hubert Sickinger vergleicht es mit dem historischen Kurienwahlsystem, weil wirtschaftlich bedeutende Unternehmen und Branchen stärker gewichtet werden. Mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer hielten 2021 ihre Mitgliedsbeiträge zurück, nachdem DER STANDARD ein internes Papier der Wirtschaftskammer geleakt hatte, aus dem hervorging, wie die Kammer das Klimaschutzgesetz torpedierte - und schließlich zu Fall brachte, wodurch die Wirtschaft keine Planungssicherheit für Investitionen in den Klimaschutz oder für die Entwicklung klimaschonender Produkte oder Fertigungsverfahren hat. Ende 2024 geriet die WKO in die Kritik, nachdem aus einem geleakten Geheimpapier hervorging, dass sie sich für einen Stopp der Klimabemühungen und gegen einen Stopp der Gaslieferungen aus Russland aussprach. Auch die NGO „Protect our Winters“ sah in der Kammerwahl eine Klimawahl und begründete dies durch ihren Geschäftsführer Moritz Nachtschatt so: "Die Wirtschaftskammer hat sich in den letzten Jahren als der größte Klimablockierer Österreichs herausgestellt."
Das Climate Change Centre Austria (CCCA), ein Zusammenschluss der heimischen Klimaforscherinnen und -forscher, veröffentlichte 2023 den Bericht "Strukturen für ein klimafreundliches Leben". Darin wurde analysiert, warum die heimische Klimapolitik nur zögerlich vorankommt. "Aktuelle Wortmeldungen und Lobbying-Initiativen zeigen, dass besonders die Wirtschaftskammer unverändert entschlossen am Zeitalter fossiler Energien festhält. ….. Die Wirtschaftskammer verhindert nach wie vor klimapolitische Maßnahmen in den meisten relevanten Sektoren." Und Judith Brockmann, Sprecherin des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), sagt: "Die Wirtschaftskammer ….. vertritt am Ende immer wieder Positionen, die unsere Ziele torpedieren." Ein Beispiel: Die Kammer verhinderte den verbindlichen Ausstieg aus Kohle- und Ölheizungen bis 2025 und aus fossil betriebenen Gasheizungen bis 2040, der im Erneuerbare-Wärme-Gesetz der Türkis-Grüne Regierung zuvor im Ministerrat beschlossen wurde.
Postenschacher:
Das Wirtschaftskammergesetz macht es möglich, dass z.B. die Stimme einer stramm linken Unternehmerin bei der Freiheitlichen Wirtschaft landet oder die Stimme eines erzkonservativen Wirtschaftstreibenden bei der Sozialdemokratie. Möglich wird dies durch ein riesiges, dreitägiges Postengeschacher, das vom Wirtschaftskammergesetz zugelassen wird. Zwar werden bei der Urwahl alle Stimmen den jeweiligen Innungen oder Fachgruppen zugeordnet. Die Besetzung der mächtigen Posten weiter oben in der Kammerhierarchie ist jedoch das Ergebnis eines Tauschhandels mit „überzähligen“ Stimmen ohne jede demokratische Legitimation. So können Mandate kleinerer Fraktionen gegen prominente Kammerämter eingetauscht werden.
Auch die sogenannten "Listenvereinigungen" stehen in der Kritik. In Wien etwa tritt der ÖVP-Wirtschaftsbund in einigen Branchen gemeinsam mit dem Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband an, in Vorarlberg hat er sich mit der Freiheitlichen Wirtschaft zusammengeschlossen. Für die Wähler:innen ist dadurch nicht ersichtlich, wem ihre Mandate zukommen und am Tag der Verkündung des Wahlergebnisses ist nicht klar, wie dieses zustande gekommen ist. Das Kammergesetz erlaubt es der Kammerführung auch, nach der Wahl zusätzliche Posten zu schaffen - etwa einen Wirtschaftskammer-Vizepräsidenten für eine Fraktion, die sich als nützlich erwiesen hat - und so Macht gegen Posten zu tauschen. Dieses undurchsichtige System lehnen alle Fraktionen in der Kammer ab - mit Ausnahme des ÖVP-Wirtschaftsbundes.
Im November 2022 wurde von Abgeordneten der NEOs im Parlament ein Entschließungsantrag mit dem Betreff „Schluss mit Skandalen: umfassende Strukturreform gegen die Narrenfreiheit im Selbstbedienungsladen Wirtschaftskammer“ eingebracht. Darin wurde ein Best-of der Skandale der Wirtschaftskammer detailliert aufgezählt und gefordert, das System der Wirtschaftskammern so umzugestalten, dass die derzeitige Zwangsmitgliedschaft abgeschafft und den Mitgliedern ein Austrittsrecht eingeräumt wird. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ abgelehnt. Auch spätere, ähnliche Versuche wurden alle von ÖVP-Wirtschaftsbund und der ÖVP-dominierten Kammer abgeschmettert.
Quellen, nähere Details und weiterführende Links:
https://www.derstandard.at/story/3000000259916/gerade-laeuft-oesterreichs-wichtigste-klimawahl-von-der-sie-noch-nie-gehoert-haben
https://www.derstandard.at/story/3000000260982/mit-welchen-tricks-wirtschaftskaemmerer-zu-ihren-maechtigen-posten-kommen
https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/2951/fnameorig_1482926.html
https://www.profil.at/wirtschaft/wirtschaftskammerwahl-wko-2025-wahlsystem-mandate-stimmen-wirtschaftsbund-swv-fraktionen/403021547
Samstag, 15. März 2025
Steigende Kosten für Sanierung der Verkehrsinfrastruktur
Bei einer VCÖ-Fachveranstaltung am 12. März 2025 wiesen Expertinnen und Experten darauf hin, dass aufgrund des Alters von Straßen, Brücken und Tunnels die Kosten für die Sanierung und Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur für Bund, Länder und Gemeinden in den kommenden Jahren stark steigen werden. Hinzu kommen stark steigende Reparaturkosten aufgrund von Klimaschäden.
Das österreichische Straßennetz ist über 128.000 Kilometer lang. Mit 14,5 Metern pro Einwohner ist es um zwei Drittel länger als in der Schweiz. Während das Schienennetz zwischen 2000 und 2020 um 535 Kilometer schrumpfte, wuchs das Straßennetz um 319 Kilometer. Das wäre nicht so schlimm, aber die Autobahnen sind in diesem Zeitraum deutlich breiter geworden: Der Anteil der Autobahnabschnitte mit drei oder mehr Fahrstreifen pro Richtung hat sich in 20 Jahren fast vervierfacht.
Das Aufschieben von Instandhaltungsarbeiten kann teuer werden: Ein Aufschub um fünf Jahre erhöht die Erhaltungskosten inflationsbereinigt um durchschnittlich 25 Prozent, bei acht Jahren können es schon 100 Prozent Mehrkosten sein. Der Handlungsbedarf ist groß: So liegt das Durchschnittsalter der Brücken in Vorarlberg bei 46 Jahren, der Anteil der Brücken in sehr schlechtem Zustand steigt. Die jährlichen Instandhaltungskosten für Autobahnen und Schnellstraßen haben sich von 131 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 717 Millionen Euro 2023 drastisch erhöht. Große Generalsanierungen verursachen enorme Kosten. So kostete die Sanierung der Luegbrücke auf der A13 Brennerautobahn fast 390 Millionen Euro, für die Tunnelkette auf der A10 Tauernautobahn 265 Millionen Euro.
Bei der Abnutzung der Straßen spielt der Schwerverkehr eine entscheidende Rolle: Ein dreiachsiger Lkw mit 26 Tonnen belastet die Straßen wie 25.000 Pkw, ein vierachsiger 40-Tonner wie 60.000 Pkw. Das Schienennetz wird nicht nur durch Muren und Unterspülungen bei Hochwasser beschädigt. Im Sommer führt die Hitze durch die temperaturbedingte Längenzunahme der Schienen zu einem seitlichen Ausknicken.
Bei der Nutzen-Kosten-Analyse von Straßenneu- oder -ausbauten wird oft nicht berücksichtigt, dass neue oder breitere Straßen mehr Verkehr erzeugen und sich dadurch das Nutzen-Kosten-Verhältnis um bis zu einem Faktor 4 verschlechtern kann. Andererseits gibt es in mehreren Bundesländern bereits Beispiele, wie bei anstehenden Generalsanierungen durch eine Redimensionierung der Straßenbreite - eventuell durch die Anlage eines separaten Radweges oder Grünstreifens - Einsparpotentiale genutzt werden können.
Weitere Infos:
Ökonews
VCÖ
Vierte-Potenz-Gesetz
Montag, 3. März 2025
CCU-Pilotanlage in Hochfilzen
„Klimaneutralität in der Industrie ist vor allem in Bereichen wie der Zement- oder Feuerfestproduktion, in denen CO₂-Emissionen nicht gänzlich vermeidbar sind, eine große Herausforderung. Hier setzt das Projekt CCUpScale an: Ziel ist es, CO₂ direkt an der Quelle abzuscheiden und durch Reaktion mit mineralischen Ausgangsstoffen in alternative Materialien für den Bau- und Industriesektor umzuwandeln. Das Konsortium unter der Leitung von RHI Magnesita mit dem australischen Start-up MCi Carbon sowie dem Austrian Institute of Technology und der University of Technology Sydney arbeitet an der weltweit ersten Carbon Capture and Utilization (CCU)-Anlage für die Feuerfestindustrie, die bis 2028 im Tiroler Hochfilzen entsteht und jährlich bis zu 50.000 Tonnen CO₂ verarbeiten soll.
Kürzlich hat das Projekt eine Förderzusage von über 3,8 Millionen Euro aus dem Australia‑Austria Joint Call erhalten. Die Mittel stammen vom österreichischen Klima- und Energiefonds sowie dem australischen Department of Climate Change, Energy, the Environment and Water. Zudem wurde es Ende vergangenen Jahres mit dem Net-Zero-Industries Award als National Winner Austria ausgezeichnet.“ (Text: Österreichische Energieagentur)
CCU (Carbon Capture and Utilization) wie hier beschrieben kann wegen ihrer Kosten andere Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emmissionen keinesfalls ersetzen, aber deren sinnvolle Ergänzung sein.
Weitere Infos: https://www.energy-innovation-austria.at/article/ccupscale/