Montag, 13. September 2021

Die Aspangbahn kommt in Fahrt


Ich weiß noch in der Volksschule habe ich was von ihm gelernt: dem Bahnhof Laxenburg-Biedermannsdorf. Und schon oft bin ich (immer zum ungünstigsten Zeitpunkt!) am geschlossenen Bahnschranken Richtung Laxenburg gestanden. Aber so recht in mein Bewusstsein ist sie nie gedrungen, diese Innere Aspangbahn. Und wen wunderts? Noch vor 5 Jahren, als ich die Aspangbahn öfters für meinen Arbeitsweg benutzte machte sie dem Ruf einer verschlafenen Dorfbahn alle Ehre. Morgens fuhren drei Garnituren nach Wien hinein und am späten Nachmittag wieder raus. Das war es. Ein sehr überschaubarer Fahrplan.

Aber erst bei der Planung einer Zugreise vor wenigen Wochen musste ich feststellen, dass sich die Aspangbahn in meiner Abwesenheit ganz schön zu einem ernstzunehmenden Verkehrsmittel gemausert hat.

Zufahrt von Westen.

Neue Taktung, neue Trasse

Nachdem es bereits 2019 eine deutliche Ausweitung des Fahrplanes gegeben hatte wurde die Taktung erst dieses Jahr noch einmal erhöht: zwischen 6 und 22 Uhr verkehrt die Aspangbahn jetzt in beide Richtungen stündlich. Eine solide Taktung für eine eingleisig betriebene Nebenbahn. In einer Dreiviertelstunde kommt man nach Wiener Neustadt, in 21 Minuten zum Wiener Hauptbahnhof. Damit kann die Aspangbahn mit anderen öffentlichen Verbindungen sehr gut mithalten.


Das Stationsgebäude (und der Schatten des Autors).

Ein großer Wermutstropfen ist natürlich, dass es am Wochenende gar keinen Betrieb gibt. Der Bahnhofswärter (oder wie der Beruf auch immer korrekt heißen mag) meinte zwar es gäbe Gerüchte, dass so etwas geplant sei. Aber nix Genaues weiß man nicht. 

Unter der Woche kann die Aspangbahn aber eine gute Alternative zum Bus Richtung Hauptbahnhof sein. Auf dem Papier ist der Bus zwar nur geringfügig langsamer aber die Bahn kennt nun mal keinen Stau und hat damit gerade zu den Berufsverkehrszeiten die Nase sicher deutlicher vorne.

Wer am Hauptbahnhof mit Zügen der ÖBB weiter reisen will wird sicher zu schätzen wissen, dass man nicht mit dem Gepäck die große Bahnhofshalle durchqueren muss weil man naturgemäß schon bei den Gleisen ankommt.

Und fußfreier als im Bus sitzt man auch . . .


Richtung Wien.

Erinnert sich jemand an das Zugsignal das man früher oft durch den ganzen Ort gehört hat? Das war die Aspangbahn die bei Achau die Hennersdorfer Straße gequert und ein Warnsignal abgegeben hat. Und dieses Zugsignal gehört der Vergangenheit an denn gemeinsam mit dem zweigleisigen Ausbau der Pottendorfer Linie wurde auch die Trasse der Aspangbahn der höheren Taktung angepasst. Vom "Billa Kreisverkehr" aus kann man gut den Erdwall erkennen auf dem die Aspangbahn jetzt an Höhe gewinnt um erst die Pottendorfer Linie und dann eben auch die Hennersdorfer Straße zu überqueren. Nach dem Bahnhof Maria Lanzendorf geht es dann südlich am Wiener Zentralfriedhof vorbei direkt zum Hauptbahnhof (vor wenigen Jahren hatte die Aspangbahn zeitweilig nach Oberlaa abbiegen müssen um dann auf der Trasse der Pottendorfer Linie den Hauptbahnhof über Wien Meidling anzufahren).

Richtung Wiener Neustadt.

Richtung Wiener Neustadt folgt man über Guntramsdorf, Traiskirchen und Oberwaltersdorf bis auf Änderungen bei Sollenau weitestgehend der Streckenführung aus dem späten 19. Jahrhundert. 

Alter Charme 

Dass der Bahnhof Laxenburg-Biedermannsdorf so ein Schattendasein führt liegt sicher auch daran, dass automatische Routenplaner ihn meiden. Zu weit scheint der Fußweg und so wird man praktisch immer zu den Bussen gelotst. Dabei ist der Bahnhof in einem Kilometer Entfernung von der "Wildenauer Kreuzung" über den Radweg nach Laxenburg mit dem Fahrrad schnell und effizient erreichbar. Für Leute die lieber zu Fuß gehen gibt es an der Kleingartensiedlung vorbei und dann am Wiener Neustädter Kanal entlang eine Route die etwas länger aber deutlich reizvoller ist.

Entlang des Kanals gäbe es einen schönen Fußweg . . .

. . . aber das Tor der Kleingartensiedlung ist nicht nur für Radfahrer gesperrt und zwingt zu einem Umweg.

 

Fahrradstellplätze sind nicht massenhaft aber ausreichend vorhanden. Explizit als solche ausgewiesene Parkplätze sucht man dagegen vergebens. Ein paar Autos finden schon halb wild Platz aber offensichtlich rechnet man nicht mit einem großen PKW Aufkommen.

Fahrradplätze gibt es aktuell genug. Wenn man den Ständer korrekt aufstellt wären es sogar doppelt so viele.

Es mag nicht jeder so gestrickt sein wie ich aber vor Ort angekommen versprüht der Bahnhof einen Charme dem ich mich nur schwer entziehen kann. Fast versteckt in den Bäumen des Wiener Neustädter Kanals steht der Bahnhof wie aus der Zeit gefallen. Die archaisch wirkende Schrankensteuerung ist mir jedes mal eine Freude. Wenn man früh morgens auf den Zug wartend der Sonne über den Feldern beim Aufgehen zusieht, fühlt sich der Arbeitsweg wie Luxus an. Und wenn man am späten Nachmittag in der Sommerhitze aussteigt kann man irgendwo ganz ganz leise Charles Bronson auf der Mundharmonika spielen hören. Mobilität kann auch Gaudi machen.

Die Altlack 5047 Dieselgarnituren (unter die sich wegen der höheren Taktung auch neuere Garnituren mischen) passen da hervorragend in das Gesamtpaket.


Ein Stellwerk aus einer anderen Zeit.


Die Mechanik der Schrankenanlage.


Wie im Kino.

Und wer sich was daraus macht: auf der Fahrt zum Hauptbahnhof bieten die weiten Felder, Maria Lanzendorf und auch der Zentralverschiebebahnhof meines Erachtens eine durchgängig interessantere Szenerie als die Busfahrt (die Feldhasen nördlich von Vösendorf und der Großgrünmarkt mögen mir dieses harsche Urteil verzeihen).

Der Bahnsteig ist wild-romantisch. Aber sicher nicht barrierefrei.

Wo Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten. Der "Bahnsteig" besteht aus verdichteter Erde und die alten Garnituren besteigt man über recht enge Treppen (ähnlich der alten Badner Bahn). Barrierefreies Einsteigen ist in Laxenburg-Biedermannsdorf damit Fehlanzeige. Mir würde dabei schon auch das Herz bluten aber wahrscheinlich sollte der Bahnhof in manchen Dingen baulich in dieses Jahrhundert gebracht werden. Ein bisschen zumindest.

1 Kommentar:

  1. Früüüher - war das Schrebergartentor nicht immer versperrt und tagsüber passierbar. Und die Pottendorferüberführung ist eigentlich ein Planungsdebakel - früher war der Abschnitt schnurgerade und für 80km/h geeignet, jetzt ist er im Kurvenbereich auf 60km/h beschränkt. Echter Fortschritt.
    Aber es ist höchste Zeit, dass man das Thema angeht. Intelligent, punktuell, effizient - und sich nicht in 15 Jahre Planungszeit und Projekte um hunderte Millionen treiben lässt ..

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