Donnerstag, 1. Oktober 2015

Tempo 80 auf der A2

Vom Frühstück auf der B17 zum Tempo 80


Nachdem bereits Mödling am Samstag (19. September) einen Teil der Hauptstraße im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche gesperrt hatte, war am 20. September die sonst stark befahrene B17 im Gemeindegebiet Wiener Neudorfs an der Reihe. Bürgermeister Janschka lud zum "Frühstück auf der B17". Geschätzte 200 bis 300 Personen nutzten diese Gelegenheit, ließen
ihre Kinder die Straße bemalen und informierten sich über die Pläne der Gemeinde, die B17 (Triesterstraße) im Gemeindegebiet unterirdisch zu führen. Dadurch soll der Oberflächenverkehr in Nord- Süd- Richtung auf ein Fünftel reduziert, die Querung der B17 wesentlich erleichtert und so die beiden Ortsteile von Wiener Neudorf beidseits der B17 besser verbunden werden. So legitim und nachvollziehbar dieses Anliegen auch ist, sollte es nicht dazu führen, dass durch diese Attraktivierung der überregionale Verkehr von Mödling in Richtung Achau/ Schwechat vermehrt durch den Ortskern von Biedermannsdorf verlaufen wird. Schön wäre, wenn im Rahmen einer regionalen Leitplanung ein Konzept erarbeitet würde, in dem die Zielsetzung Wr. Neudorfs mit einer Verkehrsentlastung des Biedermannsdorfer Ortszentrums verbunden werden könnte.

Es ist uns bewusst, dass dies nur als langfristiges Vorhaben zu sehen ist und zweifellos viel Kreativität und Bereitschaft zur Diskussion verlangt. Dass sich aber solche Überlegungen lohnen, sieht man an unserer Ortsumfahrung. Gemeindepolitikern, die vor vielen Jahren zu ihren Visionen standen und sie Wirklichkeit werden ließen, verdanken wir diese Förderung unserer heutigen Lebensqualität.

Bei dieser Gelegenheit halten wir fest, dass wir die generelle Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden für wünschenswert und notwendig erachten. Eine Gelegenheit dazu könnte es bereits mit der Forderung Wiener Neudorfs nach einer 80er Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A2 geben. Feinstaub und Lärm kennen keine Ortsgrenzen. Besonders die künftigen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in der Nähe der Autobahn werden es uns danken, wenn wir vorausschauend planen.

Wir haben es uns nicht leicht gemacht, weil wir wissen, wie polarisierend alle Themen rund ums Auto sein können. Was uns dazu bewogen hat, für Tempo 80 einzutreten, sind mehrere Tests, Auskünfte und Nachrichten. Hier eine Auswahl:

Tests im Auftrag der Salzburger Landesregierung
Das Land Salzburg präsentierte die ersten Messergebnisse auf der Salzburger Stadtumfahrung. Der Stickoxidausstoß ist durch die Tempobeschränkung gesunken. Einschränkend muss festgehalten werden, dass der größere Teil der Schadstoffreduktion dem schönen Wetter geschuldet ist. Warme Luft steigt schneller in die Höhe und nimmt die Schadstoffe mit. Aber immerhin: Der Anteil, der rein auf die Tempobremse zurückzuführen ist, liegt laut Angaben des Landesreferats Immissionsschutz bei rund neun Prozent. Das Entspricht einer Sperre dieses Teils der Westautobahn von einem Monat!!

Auch laut Umweltbundesamt führen geringere Geschwindigkeiten grundsätzlich zu einer Reduktion der Abgasemissionen. Temporeduktionen wirken sich besonders positiv aus, wenn der Verkehr dadurch fließender verläuft. Dazu führte Günter Lichtblau vom Umweltbundesamt einen weiteren positiven Effekt ins Treffen. Die Lärmbelastung ging bei Tests um zwei Dezibel zurück. Das klingt nicht viel, entspricht aber einem Rückgang des wahrgenommenen Pkw-Verkehrs um 35 Prozent. Das ist eine massive Entlastung.

Der ÖAMTC ist gegen eine Tempobeschränkung. Er brachte eine Studie der Technischen Universität Wien aufs Tapet, wonach der Schwerverkehr für 46 Prozent der Emissionen verantwortlich sei. Für diesen gelte aber schon jetzt Tempo 80. Zusätzlich führte man die Reduktion auf das Frühjahr zurück. Dem entgegnete Othmar Glaeser, dass der bekannte jahreszeitliche Rückgang aus der Auswertung herausgerechnet wurde. Zum Thema LKW sagte Glaeser, dass die Datengrundlage der von Astrid Rössler (Land Salzburg) präsentierten Auswertung „um eine Zehner-Potenz höher" sei als für jene der ÖAMTC-Untersuchung. Außerdem stelle sich die Frage, weshalb die Luftbelastung auch an Sonntagen nicht verschwinde, an denen Lkw gar nicht fahren dürfen.

Global 2000
Weiters stießen wir auf eine umfangreiche Studie der Firma Stefan-Moidl-Solutions, herausgegeben von Global 2000. Daraus geht hervor, dass eine Verringerung der Geschwindigkeit auf Autobahnen sowohl aus Sicht des Klimaschutzes wie auch aufgrund der erforderlichen Verrringerung der Belastung von Luftschadstoffen eine der effektivsten Maßnahmen ist.
Was hier auch betont und viel zu selten gesehen wird: Temporeduktionen erhöhen die Konkurrenzkraft des Öffentlichen Verkehrs und verringern deutlich die Unfallgefahr und Unfallfolgen, was eine Verringerung von menschlichem Leid und eine Reduktion volkswirtschaftlicher Folgekosten mit sich bringt.

Ultrafeinstaub
Ein weiteres wichtiges Thema ist der sog. Ultrafeinstaub. Lesen Sie einen Bericht des VCÖ: "Vom Auspuff ins menschliche Gehirn".

Grober Feinstaub (PM10) bleibt in den Nasenmuscheln, Bronchien und im Rachen hängen. Die kleineren Feinstaub-Partikel (PM2,5) dringen in die Bronchien ein, die ultrafeinen Partikel (PM0,1) gelangen sogar in die Lungenbläschen und in den Blutkreislauf. Sie können zur Verdickung des Blutes führen. Ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle ist die Folge. Einmal im Blut, können ultrafeine Partikel auch zu anderen Organen wie Leber, Niere, Gehirn oder Herz transportiert werden. Für die kleinen Feinstaub-Partikel gibt es keine Grenze unter der sie gesundheitlich unbedenklich sind. Eine erhöhte Rate an Missbildungen und Frühgeburten in hoch belasteten Regionen wurde in Studien beschrieben. Kinder, ältere Menschen und Personen mit Herzkrankheiten oder Diabetes sind von den Folgen ultrafeiner Partikel besonders betroffen.

Derzeit wird das Gewicht von Feinstaub gemessen, was aber aufgrund des geringen Gewichts der gefährlichen ultrafeinen Partikel ungenügend ist. Geeigneter ist die Messung der Partikelanzahl in der Luft.

Bessere Luft durch niedrigere Tempolimits
Bei Testreihen in der Schweiz wurde auf Autobahnen bei Tempo 80 statt 120 km/h eine Senkung des von Pkw und Lkw verursachten Feinstaubs um bis zu 27 Prozent gemessen. Der sogenannte „Lufthunderter" brachte in Tirol eine Feinstaubreduktion (PM10) bei Pkw von 18 Prozent. Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern verringert auch die vom Kfz-Verkehr verursachten Schadstoff-Emissionen.

Karl Wagner/September 2015

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