Donnerstag, 22. November 2018

Burger, Schnitzel, Reis und Co.



Was billiges Essen wirklich kostet.
Die Differenz zwischen den Verkaufspreisen von Nahrungsmitteln und den echten Kosten ihrer Produktion ist besorgniserregend. Die durchschnittlichen Kosten konventionell erzeugter Lebensmittel sind etwa zwei- bis dreimal so hoch wie ihr Verkaufspreis.

Zu diesem Ergebnis kommen eine Studie der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations), die Forschungsinitiative TEEB des UN-Umweltprogramms und der „Farm Sustainability Assessment Report“ des „ Sustainable Food Trust“. Darin werden die Degeneration des Bodens, der Verlust an Artenvielfalt, die Umweltverschmutzung, der Ausstoß an Treibhausgasen und die  negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch Umweltverschmutzung und den Einsatz von Pestiziden, Antibiotika und hormonell wirkenden Substanzen in Geld bewertet und mit berücksichtigt. Das wird verglichen mit   biologischer oder biodynamischer Landwirtschaft, bei der im Gegensatz dazu sozialer und ökologischer Mehrwert generiert wird, der in der Kosten/Nutzenrechnung üblicherweise ebenso ausgeblendet wird wie die oben erwähnten versteckten Kosten konventioneller Landwirtschaft.

Quelle: ‘The Economics of Ecosystems and Biodiversity’ (TEEB)

Die konventionelle Lebensmittelproduktion, vor allem in der großindustriellen Landwirtschaft, verunreinigt Gewässer, führt zu einer dramatischen Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen und
Fettleibigkeit, verarmt den Boden und die Artenvielfalt (vor allem auch bei den dringend nötigen bestäubenden Insekten), verbraucht Unmengen an fossiler Energie und stößt entsprechend Treibhausgase aus. Zudem ist sie meist mit langen Transportwegen sowohl der notwendigen Hilfsstoffe (Saatgut, Dünger, Pestizide) als auch der Zwischen- und Endprodukte verbunden, in denen ebenfalls  durch deren Umwelt- und Ressourcenbelastung versteckte Kosten enthalten sind. Obwohl alle diese Kosten in der üblichen Kalkulation nicht aufscheinen, müssen wir sie doch alle – auch unsere Enkel -  irgendwie bezahlen: Durch die steuerfinanzierte Reparatur von Umwelt- und Gesundheitsschäden und durch die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Lebensqualität.

Dabei sind unsere Nahrungsmittel und unser Ernährungsstil zur Hauptquelle von Erkrankung geworden. Während 815 Millionen Menschen hungern, leiden 650 Millionen an Fettleibigkeit und über 2 Milliarden an ernährungsbedingten Krankheiten. Unsere Lebensmittelproduktion trägt zu 43-57% an den von Menschen verursachten Treibhausgasen bei.

Beispiel Stickstoff:
Jeder Euro, der in der konventionellen Landwirtschaft in den Einsatz von stickstoffhaltigen Dünger investiert wird, bringt dem Landwirt drei Euro zusätzlichen Ertrag. Demgegenüber wird der jährliche Schaden, der der Allgemeinheit durch den Einsatz von Stickstoff entsteht, allein in der EU auf 355 Milliarden  Dollar geschätzt, wovon etwa zwei Drittel auf den landwirtschaftlichen Einsatz zurückzuführen sind.

Beispiel Getreide:
Die Kosten für Energie und Hilfsmaterialien für den Getreideanbau  machen global schon 170% des Produktionswerts aus, und darin sind die Nachfolgekosten für Verteilung und Vermarktung des Getreides noch gar nicht enthalten. Die in Geld bewertete globale Umweltbelastung durch die Produktion der wichtigsten Getreidearten (Mais, Reis, Soja und Weizen) wurde in den Studien mit 1492 Milliarden US$ errechnet. Auch hier sind die Kosten für Verteilung und Marketing des Getreides noch nicht enthalten.
Allein in Deutschland könnten bei Umstellung der Weizenproduktion auf Bioanbau durch den Wegfall von Pestiziden und den Ersatz von künstlichen durch natürlichen Dünger die Umweltkosten um 1165 US$ pro Tonne Weizen gesenkt werden. Gleichzeitig würden pro Hektar Anbaufläche die Betriebskosten um 32% sinken und der Bruttogewinn um 111% steigen.

Beispiel Fleisch:
Bei der Fleischproduktion verursacht Rindfleisch die mit Abstand größten Umweltkosten. Im weltweiten Durchschnitt verursacht die Produktion von einer Tonne Rindfleisch Umweltkosten von 34.000 US$. In diesem Betrag ist die Verschmutzung von Böden und Gewässern noch gar nicht enthalten, vom produzierten Dung gingen nur die Umweltkosten für dessen Aufbereitung zu Dünger ein.

Quelle: Natural Capital Impacts in Agriculture (FAE)


Beispiel Milch:
Weltweit werden knapp über 480 Millionen Tonnen Milch und Molkereiprodukte produziert, was Umweltkosten von 272 Milliarden US$ verursacht. Auch hier sind die Kosten für Verteilung, Marketing, Produktion und Entsorgung von Verpackungsmaterial noch nicht enthalten.

 
 
 
 
 
Quellen und weiterführende Informationen (englischsprachig):
  • Dieses Web-Dokument gibt einen schnellen Überblick über das Thema.
  • Der 118-seitige Bericht der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) beleuchtet die ökonomischen Auswirkungen unterschiedlicher Formen der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion.
  • Measuring what matters in agriculture and food systems“ beleuchtet Produktion und Konsum von Lebensmitteln aus den Perspektiven von Landwirten, Umweltfachleuten, Soziologen und Ökonomen, deckt die vielfältigen Abhängigkeiten und Einflüsse auf und bietet eine ganzheitliche Sicht auf das Thema.
  • The Future of Food and Agriculture“  beschreibt das in den anderen Untersuchungen angewandte Modell zur finanziellen Bewertung von sozial- und umweltbezogenen Erträgen und Kosten für unterschiedliche landwirtschaftliche Produktionsweisen.

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