Dienstag, 12. September 2023

Fortschrittliche Unternehmen durch zögerliche Politik bei der Klimawende behindert.

Die österreichische Wirtschaft ist  in Sachen Klimaschutz oft deutlich fortschrittlicher als die Politik. Umso unverständlicher ist das immer stärker werdende Zögern und Bremsen der größeren Regierungspartei bei effektiven Klimaschutzmaßnahmen und beim Klimaschutzgesetz.

28 Millionen Tonnen CO2 – so viel stieß die heimische Industrie im Jahr 2021 aus. Bis 2040 soll dieser Wert auf null gebracht werden. Das ist nicht so unmöglich, wie es scheint: Eine Studie der  NEFI (New Energy for Industry), der zahlreiche Forschungsinstitute und Unternehmen angehören, hat ergeben, dass das mit bekannten und bereits vorhandenen Technologien tatsächlich möglich ist.  Es braucht zwar eine Kraftanstrengung, aber: Die größten Hürden sind fehlende rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Fortschrittliche Unternehmen sind trotzdem aus eigener Kraft bei  Energiewende und Klimaschutz der Politik weit voraus. Hier einige positive Beispiele:

Der Ziegelhersteller Wienerberger verfolgt seit 15 Jahren eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie.  Geringerer Material- und damit Brennstoffverbrauch durch verbessertes Ziegeldesign, Ersatz alter Gasöfen durch modernste Elektroöfen, die zusammen mit dem Austrian Institute of Technology komplett neu entwickelt wurden, 30 Prozent weniger Energie als übliche Elektroöfen verbrauchen, mit Ökostrom betrieben werden und insgesamt bis zu  90 Prozent der bisher verursachten CO2-Emissionen einsparen können. Es bräuchte neue Gebäuderichtlinien, die verhindern, dass Baustoffe mit großem CO2-Fußabdruck einen Preisvorteil haben, und eine Ertüchtigung des österreichischen Stromnetzes, die sich an den Anforderungen der Großverbraucher orientiert.

Vöslauer füllt jährlich 300 Millionen Liter Quellwasser und Erfrischungsgetränke in Flaschen ab. 2014 wurde die Ein-Liter-Glas-Mehrweg-Flasche wieder eingeführt, von 2018 bis 2020 wurden alle Einweg-PET-Flaschen durch Flaschen aus 100 Prozent recyceltem PET (rePET) und einem Pfandsystem ersetzt, und die abermals verbesseren PET-Mehrwegflaschen können etwa zwölf Mal wiederbefüllt und drei bis vier Jahre in Verwendung bleiben. Sie ersparen damit rund 80 Prozent Material und 420 Tonnen CO2  pro Jahr. Seit 2005 hat Vöslauer seine CO2- Emissionen durch eine Photovoltaik-Anlage mit mehr als 8000 Quadratmetern und den Bezug von Ökostrom um 50 Prozent reduziert, kompensiert die restlichen 50% durch Klimaschutzprojekte und ist damit seit 2020 klimaneutral.

Der Halbleiterhersteller Infineon entwickelt zusammen mit einem britischen Start-up recycelbare Leiterplatten, die statt Glasfasern Naturfasern verwenden, sich in heißem Wasser auflösen und nur einen kompostierbaren Rest zurücklassen. Damit könnten die jährlich rund 50 Millionen Tonnen Elektroschrott reduziert und bis zu 60 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes vermieden werden.

Die VOESTALPINE stieß 2021 allein in ihrem Hauptwerk in Linz 9,4 Millionen Tonnen Treibhausgase aus, mehr, als 900.000 Österreicherinnen und Österreicher zusammen. 2027 sollen zwei  Elektrolichtbogenöfen in Betrieb gehen und damit die Emissionen um 30 Prozent sinken – das wären fast fünf Prozent des CO2-Ausstoßes von ganz Österreich. 2030 soll ein weiterer Elektrolichtbogenofen in Betrieb gehen, in den nächsten zehn bis 15 Jahren alle klassischen Hochöfen verschwinden. Dann werden Wasserstoff und elektrische Energie Kohle und Koks ersetzen und statt CO2 Wasserdampf in die Luft blasen. Der Wasserstoff soll in Linz im erforderlichen  industriellen Maßstab selbst erzeugt werden.

Große Firmen können solche innovative Maßnahmen und deren Risiken eventuell aus eigener Kraft stemmen. Aber viele mittelständische und kleinere Unternehmen können das nicht. Es bräuchte längerfristig einplanbare Rahmenbedingungen und regulatorische Maßnahmen, die Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch mit ihren tatsächlichen langfristigen gesellschaftlichen Kosten bepreisen. Allein der Abbau klimaschädlicher Subventionen würde schon viel bewirken. Das von der EU im Mai 2023 beschlossene „Europäisches CO2-Grenzausgleichssystem“ (Klimazoll) ist ein internationaler, wichtiger Schritt in dieser Richtung.

Quelle

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen