Sonntag, 6. Juli 2025

Wissenschaft, Alltag und Scharlatanerie

 

Die 17-jährige US-amerikanische High-School-Absolventin Hanna Cairo hat ein mathematisches Langzeitproblem gelöst und bewiesen, dass die Mizohata-Takeuchi-Vermutung in ihrer ursprünglichen Form nicht allgemein gilt. Für alle, die nicht genau wissen, worum es bei dieser Vermutung eigentlich ging, hier eine Erklärung: Die Mizohata-Takeuchi-Vermutung ist ein zentrales Problem der harmonischen Analysis und fragt, ob sich für beliebige positive Gewichtsfunktionen die Energie eines Fourier-Extensionsoperators durch die maximale Linienmasse der Gewichtsfunktion kontrollieren lässt. 

Dieses Beispiel mit seiner unverständlichen Erklärung zeigt: Wissenschaftsthemen sind oft meilenweit von unserem „normalen“ Alltag entfernt. Trotzdem steigern sie früher oder später häufig unsere Lebensqualität. Ohne ähnliche mathematische Leistungen wären etwa verschlüsselte Kommunikation beim Online-Einkauf oder die Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht möglich gewesen. Deren Erkenntnisse wiederum kommen uns im Alltag beispielsweise bei jeder Nutzung von Satellitennavigation zugute. Und ohne eine später mathematisch ausformulierte, weiterentwickelte und experimentell überprüfte „Vermutung“ von Max Planck hätten wir heute keine USB-Sticks oder Speicherkarten.

Eine heute von der überwiegenden Mehrheit der Fachspezialisten anerkannte wissenschaftliche Theorie ist die momentan beste Erklärung bestimmter Aspekte der Realität. Sobald die Grenzen ihrer Gültigkeit erkannt werden, wird sie angepasst, weiterentwickelt oder durch eine bessere Theorie ersetzt. Nur diese undogmatische Bereitschaft zur Infragestellung und Weiterentwicklung auf Basis fachlicher Diskussionen und experimenteller Überprüfungen zeichnet Wissenschaft aus und bringt uns weiter. Wer wissenschaftliche Offenheit jedoch schlechtredet, wissenschaftlich anerkannte Theorien abwertet und ihnen „alternative Wahrheiten” entgegensetzt, tut dies entweder aus Unkenntnis oder um Menschen zu manipulieren und verdeckt sein eigenes Süppchen zu kochen. Der große Abstand zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und unseren Alltagserfahrungen sowie die Komplexität der Realität erleichtern Scharlatanen dieses üble Spiel. Wir dürfen ihnen nicht aufsitzen!

Samstag, 5. Juli 2025

Link-Kisterl KW 27

Lesen:

  • X ist ein rechtsfreier Raum, Warum es praktisch unmöglich ist, anonyme Hass-Postings auf X zu bekämpfen, erklärt Armin Wolf hier
  • Das Vermögen der obersten 1 % ist seit 2015 um mehr als 33,9 Billionen Dollar gestiegen - genug, um die Armut 22 Mal zu beenden, während Oxfam vor den Krisengesprächen warnt, dass die globale Entwicklung "abgrundtief vom Weg abgekommen" ist.  
  • Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) will für die Renaturierungsverordnung Österreichs Schutzgebiete als Vorleistung angerechnet wissen. Dabei ist ausgerechnet deren schlechter Zustand ein Mitgrund für das in Österreich strittige EU-Vorhaben. 
  • Im Industriezentrum gibt es wohl bald eine große Baustelle: Rewe baut sein Logistikzentrum aus 
  • Donald Trumps Drohung, Grönland zu beschlagnahmen, hat das dänische Arktisgebiet auf die geopolitische Landkarte gebracht - aber auch Spannungen über Dänemarks Umgang mit Grönland offenbart. Zahllose grönländische Frauen in Dänemark wurden von ihren Kindern getrennt, nachdem sie sich einem höchst umstrittenen "Erziehungskompetenztests" unterzogen hatten, mit dem die Sozialämter beurteilen, ob die Eltern für die Betreuung ihrer Kinder geeignet sind, und der von Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen als kulturell ungeeignet und daher diskriminierend für Menschen mit Inuit-Hintergrund beurteilt wird.  
  • Wie kocht man 400 Kilogramm Teig? Im unterfränkischen Dorf Wombach hat man sich für einen massigen Rekordversuch darüber Gedanken gemacht. 

Anhören:

  • Wie Sebastian Kurz durch ein Interview gesteuert werden konnte und warum es in der Klimakrise nicht reicht, die Konsequenzen zu wissen, erklärt Michel Reimon in diesem Podcast
  • Anton Pelinka hat mit seinen Analysen und Kommentaren über Jahrzehnte die Zweite Republik begleitet. Schwerkrank gibt der Politikwissenschaftler Anton Pelinka im Gespräch mit Armin Thurnher und Matthias Winterer Einblick in sein familiäres Erbe, seine Jugend und die Bedeutung des Katholizismus.
  • und gleich weiter zu Teil 2 
  • Hitze und Dürre in der Landwirtschaft, Sonnenblumen mit hängenden Köpfen, Spargel, der nicht mehr wächst, und Zuckerrüben, die nach Wasser lechzen – die Auswirkungen der Klimakrise sind auf Niederösterreichs Feldern. Darüber sprechen Helga Krismer und LAbg. Georg Ecker in diesem Podcast.

Anschauen:

Belohnung für hinterher:

  • Auszug aus einem Diättagebuch 
  • Geiles 70er Jahre Synthesizer Solo . . . von einer Katze 

Donnerstag, 3. Juli 2025

Vor dem Ziel?

Das Justizministerium hat einen Entwurf für die Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft in die Regierungskoordination geschickt. Er könnte noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Der jetzige Entwurf entspricht großteils den Vorschlägen, die eine Expertenkommission unter Ex-Justizministerin Alma Zadić (Grüne) erarbeitet hat. Die ÖVP und insbesondere die ehemalige Verfassungsministerin Edtstadler haben sich damals massiv gegen wichtige Punkte gestemmt. Sie wollten eine Einzelspitze statt eines vorgeschlagenen Dreiersenats und eine  parlamentarische Kontrolle auch während laufender Ermittlungen.

Laut Regierungsplänen soll künftig nicht mehr die Justizministerin, sondern ein unabhängiges Dreierkollegium das letzte Wort in Ermittlungsverfahren haben. Mit dem Vorhaben könnte eine der größten Justizreformen der letzten Jahrzehnte ihren positiven Abschluss finden.

Quelle und weitere Infos

Bremser am Werk!

Der Beruf des „Bremsers“ ist ganz ausgestorben ... ganz ausgestorben? Nein! Ein von unbeugsamen Beharrungsvermögen durchdrungener Pseudo-Umweltminister hört nicht auf, notwendigen Veränderungen Widerstand zu leisten.

Bremser waren Eisenbahner, die für das Bremsen von Eisenbahnzügen verantwortlich waren. Ihr Arbeitsplatz waren spezielle Bremserhäuschen direkt am Ende eines Eisenbahnwagens. Die heutigen, nicht mehr zeitgemäßen Bremser sitzen in der Regierung.

 „37 Grad, Unwetter – und was macht der Minister?“, schrieb Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann zu Beginn der laufenden Extremwetterphase in einem Leitartikel. Seine Antwortet lautete sinngemäß, dass Totschnig keine ernstzunehmende Klimapolitik verfolgt und Klimaneutralität bis 2040 lediglich als „Kür“ bezeichnet, also nicht als Pflicht betrachtet. Dass er mit Anreizen statt Verboten arbeiten und niemandem etwas diktieren möchte. Österreich soll als Autoland verstanden, Klimaschutz nur mit Hausverstand betrieben werden. Wobei Hausverstand das ist, was aus bisheriger Erfahrung an Gefühle appelliert und Fakten und veränderte Bedingungen ausblendet.

https://diesubstanz.at/parteien/gewesslers-bester-mann/