Sonntag, 19. Oktober 2025

Bericht aus der Gemeinderatssitzung vom 15.10. 2025

 

"Das Floß der Medusa" von Théodore Géricault (©wikimedia)

Vergangenen Mittwoch war Gemeinderatssitzung. Und es war eine Entscheidung dabei, die Biedermannsdorf so weit verändern wird wie keine andere seit den knapp 6 Jahren die ich im Gemeinderat gesessen bin.

Aber zunächst mal Allgemeines:

Wenn es je eine Honeymoon Phase in der Koalition gegeben habe sollte, dann ist sie scheinbar schon vorüber. Teilweise richten sich die SPÖVP Spitzen sehr offen Dinge quer über den Tisch aus und begleichen augenscheinlich ein paar Rechnungen. Die Stimmung zwischen BGM und Vize-BGM wirkt nicht entspannt. Und die Mimik mancher Mandatare spricht Bände, wenn der Chef des Koalitionspartners am Wort ist.

Man geht noch halbwegs gesittet miteinander um. Aber auf mich wirkt es als wäre die Stimmung hinter den Kulissen richtig besch...eiden.

Ein ähnliches Gefühl hab ich aber insbesondere auch innerhalb der ÖVP. Die Zeiten in denen der BGM seine Fraktion fest im Griff hatte scheinen vorbei zu sein. Auch hier richtet man sich (wenn auch weniger) Dinge öffentlich aus. Erstaunlich viele stimmen gegen die Parteilinie. Und manche Rückfragen aus der Fraktion lassen den Eindruck entstehen als würde man sich nicht gemeinsam auf Gemeinderatssitzungen vorbereiten und abstimmen.

Das wirkt alles ein wenig befremdlich.

Naja.

Die Sitzung fand meines Wissens in Vollbesetzung statt. Es waren 7 oder 8 Besucher hier. Die meisten kann ich mittlerweile recht klar einer Partei zuordnen. Aber ich freue mich trotzdem ;)

1. Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit und Eröffnung

Punkt 7 wurde von der Tagesordnung gestrichen.

2. Genehmigung des Sitzungsprotokolls der Gemeinderatssitzung vom 10.9.2025

Ansich meistens kein spannender Punkt. Aber diesmal...

Kerstin Haas-Maierhofer hatte im Vorfeld (zeitlich knapp aber doch) gebeten, dass eine Wortmeldung von ihr aus der vorigen Sitzung ins Protokoll mit aufgenommen wird. Bürgermeister Wimmer erteilte dem eine Absage.

Es war in Biedermannsdorf sehr sehr lange üblich, dass Protokolle als Kurzprotokolle ausgeführt werden. Das bedeutet, dass neben den Beschlüssen auch die wesentlichen Diskussionspunkte knapp zusammengefasst werden. Und eben auch, dass man darum bitten kann eine bestimmte Wortmeldung (beispielsweise eine Begründung für das eigene Abstimmverhalten) ins Protokoll aufzunehmen.

Ich kann den Wert eines solchen Protokolls nicht genug betonen. Als frischer Gemeinderat war es mir möglich, Beschlüsse aus dem Vorjahr nachzulesen und zu verstehen worum es dabei gegangen ist. Argumente aller Seiten und manchmal auch wichtige Sachverhalte scheinen dort auf.

Man bekommt ein viel differenziertes Bild. Gerade in der kleinen Kommunalpolitik, in der es praktisch keine unabhängige Berichterstattung gibt, ist das von unschätzbarem Wert. Gerade für die interessierten Bürgerinnen.

Die Niederösterreichische Gemeindeordnung schreibt aber nur ein Ergebnisprotokoll vor. D.h. nur die Entscheidungen und Abstimmverhalten werden protokolliert. Sonst nichts.

Bürgermeister Wimmer hat bei seinem ersten Amtsantritt schon angekündigt die Redebeiträge nicht mehr zu protokollieren aber zugestimmt, explizite Ergänzungswünsche zu berücksichtigen. Dies Zugeständnis hat nun sein Ende gefunden...

GR Maierhof-Haas hatte also darum gebeten eine Wortmeldung in das Protokoll der letzten Sitzung aufzunehmen. Bürgermeister Wimmer meinte, er wäre dagegen, weil wir keine Wortprotokolle führen würden (um ein wenig I-Tüpferl zu reiten: ein Wortprotokoll wäre eine genaue (!) Niederschrift aller (!) Wortmeldungen. Das hatten wir sowieso nie).

Martin Firsching wies darauf hin, dass wir auch in näherer Vergangenheit schon auch immer Erklärungen und Wortmeldungen im Protokoll hatten. BG Wimmer darauf hin (lose aus dem Gedächtnis paraphrasiert): "Da gebe ich dir Recht, dass das unstimmig ist. Damit gibt es das in Zukunft überhaupt nicht mehr."

Damit hat er Martin natürlich das Wort im Munde verdreht (macht er recht gern).

Tja. Und so ist das jetzt. Für Sie, lieber Leserinnen und Leser heißt das, dass das offizielle Protokoll für Sie ab sofort recht wertlos ist. Ja: die Abstimmungen können Sie dort nachlesen. Aber um zu verstehen worum es gehen müssen Sie sich jetzt zu 100% auf (natürlich nicht unabhängige) Berichte wie diesen hier verlassen. Entscheiden Sie selber, wie Sie das finden.

Für den Antrag von Kerstin Haas-Maierhofer stimmten Grüne, Blub, FPÖ und 2 Mitglieder der ÖVP (in Summe 9). Der Rest der ÖVP und die geschlossene SPÖ stimmten dagegen.


P.S.: der BGM meint "Wer es genau wissen will, kann ja den Mitschnitt anhören". Das ist etwas zynisch. Die Qualität des Mitschnittes ist oft recht mangelhaft, meistens weiß man nicht WER etwas gesagt hat und 3 Stunden Audio-Mitschnitt sind einfach kein Ersatz für ein schnell erfassbares und auch maschinell durchsuchbares Protokoll.

P.P.S: was hat der BGM gegen Wortmeldungen im Protokoll? Ich weiß es ja auch nicht. Die offizielle Begründung ist "Dann ist das Protokoll schon am Donnerstag fertig". Ganz ehrlich? Da warte ich lieber ein bisserl und hab was Gscheits.

Meine Vermutung man will der Opposition keine Bühne bieten auf der sie ihre Einsprüche dokumentieren kann. Und vielleicht ein bisserl eine "Jedes Schriftl ein Giftl" Mentalität. Was man nicht aufschreibt kann einem später nicht zum Verhängnis werden (schlechtes Beispiel weil es nicht die Koalition betrifft: aber zB diese Unwahrheit der FPÖ im vergangen Wahlkampf hätte ich ohne ordentliches Protokoll so nie belegen können).

4. Dr. Graf - MZH-Bilanz

Ja. Richtig gelesen: nach 2 kommt 4. Dieser Tagesordnungs-Punkt wurde vorgezogen um Dr. Graf früher entlassen zu können.

Vorgestellt wurde die Bilanz der MZH für das Jahr 2024. Man möchte sagen: "keine Besonderen Vorkommnisse". Die Bilanz verhielt sich zu den Vorjahren recht stabil. Ein große bemerkenswerte Änderung: die Stromkosten waren 67k€ gesunken! Das wird konkret auf die PV-Anlage am Dach der MZH zurückgeführt, die sich damit wohl sehr bald rechnen wird.

Es wurde einstimmig beschlossen den Bericht anzunehmen.

3. Allfälliges

BGM hatte nichts zu berichten.

Martin Firsching hat nachgefragt wie es mit den ÖKlos weiter geht.

Zur Erinnerung: die ÖKlos waren Mitte Juni aufgestellt worden und zwar erst mal für eine Probezeit von 6 Monaten. Die nächste Sitzung ist am 10.12. und damit wäre das die letzte Sitzung an der man noch realistisch etwas bezüglich einer Verlängerung beschließen kann.

Antwort der Gemeinderätin Kollman (ÖVP): man werde das mal evaluieren und gegebenenfalls im Frühjahr wieder aufstellen. D.h. man möchte das ÖKlo in den Wintermonaten abbauen lassen...

Wir haben natürlich darauf hingewiesen, dass Menschen im Winter genau so auf den Spielplatz gehen und dass gerade in zwei bis drei Schneetagen am Rodelhügel (nomen est omen) die Hölle los ist. Ob der Groschen gefallen ist, ist schwer zu sagen. Falls sie sich auch in den Wintermonaten ein ÖKlo wollen/brauchen möchten wir sie gern dazu einladen, dies eher bald der Vorsitzende des Generationausschusses Hildegard Kollman, dem Bürgermeister Hans Wimmer und dem Vizebürgermeister Joseph Spazierer kund zu tun (die Email Adressen finden Sie unter den verlinkten Seiten).

Generell scheint die Koalition ÖKlos schlecht reden zu wollen aber wirkt dabei etwas kraftlos. VizeBGM Spazierer hat angeblich Bilder von der verdreckten Toilette. Aber gerade nicht da. GR Kollman wird sich mit Bauhofleiter Markus Steindl beredent, ob die Firma ihrer Reinigungspflicht nachgekommen ist.

Ich habe in den letzten 6 Monaten 3 mal kurz rein geschaut und konnte keine übermäßige Verschmutzung feststellen. Ich werde aber die nächsten 2 Wochen versuchen täglich einmal dort vorbei zu schauen und hier im Blog einen Status zu posten ;)


GR Haas-Maierhofer kritisiert, dass im Dezember viele Turnstunden der Volksschule entfallen werden, weil die Halle mit den Vorbereitungen für Veranstaltungen belegt ist. Das ist einer der oben erwähnten Punkte in denen sich Koalition offen etwas ausgerichtet hat: weil eine SPÖ Veranstaltung darunter ist.

5. Zuschüsse MZH

Analog zu den vorigen Jahren beschließen wir Zuschüsse zur Jubileumshalle. Weil wir einen neuen Rechnungsprüfer haben (muss alle 5 Jahre gewechselt werden) und es sich der so wünscht, werden die Zuschüsse erstmalig für 3 Jahre im Vorhinein beschlossen:

  • 100.000€ außerordentlicher Gesellschafterschuss
  • 65.000€ ordentlicher Gesellschafterschuss
  • 40.000€ Heizkostenzuschuss (wird nur abgerufen, wenn nötig)

einstimmig beschlossen

6. Nachtragsvoranschlag 2025

Ich bin sicher GR Max Holler wird zu diesem Punkt noch ausführlich publizieren und ich überlasse da lieber ihm die Bühne.

Grundsätzlich: die Lage der Gemeinden ist in ganz Österreich angespannt aber Biedermannsdorf steht verhältnismäßig gut da. Viele Gelder (zB für Straßenbau) wurden nicht abgerufen. Daraus ergibt sich ein gewisser Überschuss. Die ÖVP weißt diesen als Ergebnis gewissenhaften Wirschaftens aus. Mag sein. Wir sehen aber doch auch die Gefahr eines gewissen Investitionsstaus, wenn man beschlossene (und sowieso nötige) Maßnahmen einfach nur verschiebt.

Bemerkenswerte Punkte:

  • es werden bereits Rücklagen für das beschlossene Feurwehrfahrzeug gebildet.
  • zum Baumfriedhof hält man sich bedeckt. Wir hatten uns sehr gefreut, dass die ÖVP diese Idee von uns sogar in ihr Wahlprogramm übernommen hat. Die Umsetzung scheint jetzt aber nicht oberste Priorität zu haben.
  • GR Simone Jagl fragt auch zum Status der Sternenkindergedenkstätte nach. Das hat sich VizeBGM Spazierer umgehängt. Meint er wäre schon mit einigen Friedhöfen in Kontakt und dass das halt dauere. Simone weißt ihn zum wiederholten mal darauf hin, dass es dafür einen eigenen spezialisierten Verein gibt, der sich in der schnellen und würdigen Umsetzung solcher Gedenkstätten in der Vergangenheit sehr verdient gemacht hat.
  • GR Kerstin Haas-Maierhofer teilt mit, dass sie eine schriftliche Anfrage zum NVA gestellt hat, der bis zum nächsten Gemeinderat schriftlich beantwortet werden muss. Habe ich so in der Form auch noch nicht gesehen. Die Mienen der Koalition sind eisig. Und ich bin geneigt, da ein wenig Verständnis für sie aufzubringen.

7. Prozessfinanzierungsvertrag Baukartell

Dazu hatten wir keine Unterlagen.

Und der Punkt wurde von der Tagesordnung gestrichen. Das heißt wir erfahren es in der nächsten Sitzung oder aber auch nie.

Dem Namen nach gehen wir davon aus, dass sich die Gemeinde an einer Sammelklage hätte beteiligen wollen.

8. MZH Fenster- und Türentausch

Die Fenster der Jubileumshalle sind in die Jahre gekommen, undicht und müssen getauscht werden. Es gibt gesonderte Beschlüsse für die MZH und den Hort, da jeweils andere Förderungsmöglichkeiten bestehen (heißt auch: die Kosten werden sich durch Förderungen wiederum reduzieren). Die Vergabe erfolgt in beiden Fällen an die Firma Stadlmann.

  • MZH: 140.000€; einstimmig
  • Hort: 31.000€; einstimmig

Ebenso ist die gelbe Tür zu den Clubräumen schon sehr marode und hängt oft. Es soll von einer auswärtigen Firma durch eine Schiebetür ersetzt werden.
8.000€
einstimmig

9. Architekturbewerb Volksschule

Sie werden es wahrscheinlich schon wissen: nach dem Aus für die Idee eines Bildungskampus am Rohrhofgelände (geschätzter Kostenpunkt: 21Mio€) soll nur die Volksschule kernsaniert und ein Zubau (inklusive eigenem Turnsaal. Siehe auch "Allfälliges" oben) errichtet werden.

Hier liegt der geschätzte Kostenpunkt bei ca 11Mio€ und damit liegen wir über einem Grenzwert ab dem auch schon die Architektenausschreibung EU-weit zu erfolgen hat.

Was also grundsätzlich zu erfolgen hat dies:

  • es muss eine EU-weite Ausschreibung geben in der grundsätzlich nur steht "Kompletsanierung einer Volksschule und Zubau"
  • darauf können sich Architekturbüros mit der Vorstellung aktueller Projekte bewerben
  • diese vorausgesiebt (u.A. könnte man zB Erfahrung mit klimafitten Bauen als Voraussetzung nehmen. GR Steindl zeigt sich dem Vorschlag durchaus offen)
  • an die verbleibenden Büros geht dann eine konkrete und detaillierte Ausschreibung

Bis zum letzten Punkt soll es ca 2 Monate dauern.

Anmerkung: Es liegt ganz an der Koalition ob sie uns frühzeitig zur produktiven Mitarbeit ins Boot holt. Wir wären dafür bereit und würden uns freuen. Wenn wir erst in 2 Monaten die Ausschreibung zum Abnicken vorgesetzt bekommen, finden wir uns halt wieder in einer Rolle, in der wir nur öffentlich herumnörgeln können. Entgegen anderslautender Gerüchte finden wir das gar nicht mal so lässig.

Was wurde jetzt konkret beschlossen?

Die betreffende Ausschreibung und die Regelwerke die hier greifen sind kompliziert und außerhalb des Kompetenzbereichs unserer Gemeinde. Die Abwicklung und unsere Vertretung gegenüber der Architekten soll der Firma JIREK übertragen werden.

Diese hat 2021-2025 7 Schulen abgewickelt und zeichnet auch verantwortlich für so eine Kleinigkeit wie den Umbau des Parlaments. Wir gehen davon aus, die können das.

Bis auf GR Buratti (enthalten) einstimmig.

10. Eco Plus Zusatzvereinbarung

Kurze Anmerkung: das ist einer der Punkte an denen wir uns in den Unterlagen ein bis zwei Zeilen zur Motivation gewünscht hätten.

Grundsätzlich:

Die Firma Eco Plus betreut die Anlagen und Straßen des Gewerbeparks jenseits der Autobahn (dessen Kommunalsteuerabgaben den aller allergrößten Teil unserer Gemeindeeinnahmen stellen). Dafür erhält sie 10% unserer Kommunalsteuereinnahmen (aufgeteilt in 7% für infratrukturelle Einrichtungen und Anlagen und 3% für die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs).

Die Zusatzvereinbarung sieht jetzt vor, dass für die Jahre 2026 und 2027 unsere Abgabge für Infrastruktur von 7% auf 3% gesenkt werden soll. Ich habe die Zahlen leider nicht notiert aber aus dem Gedächnis: wir reden hier von rund 200.000€ im Jahr die wir uns sparen . . .

Warum uns Eco Plus dieses Geld "schenkt" war aus den Unterlagen nicht ersichtlich.
Wie wir in der Sitzung erfahren haben: es konnte anhand der Rechnung klar nachgewiesen werden, dass Eco Plus in den letzten Jahren deutlich weniger ausgegeben hatte als geplant. Dieses soll durch die Reduktion ausgeglichen werden.

Ein freudiger Anlass. Das Geld nehmen wir gern.

Aber . . . wenn wir den Grund schon vorher gewusst und Zeit zum darüber Nachdenken gehabt hätten, hätten sich einige Fragen auf natürliche Weise ergeben, die mir persönlich erst jetzt einfallen.

zB: in welchen Bereichen lagen die Investitionen am meisten hinter den Erwartungen zurück?
Und auch dies: wenn ich richtig rechne (und die Zielsetzung richtig verstehe) hat Eco Plus ca 150.000€ allein von Biedermannsdorf zur Verfügung um den öffentlichen Verkehr zu attraktiveren. Ein stattliches Budget bei dem ich mir im Industriezentrum eine Art Öffi-Wonderland erwarten würde das ich aber so nicht ganz erkennen kann . . .

Da werde ich ein wenig recherchieren müssen.

einstimmig angenommen

11. Stundenkontingent Gemdat

Die Firma Gemdat betreut Computer/Server/IT Infrastruktur der Gemeinde. Ein neues Stundenkontingent soll beschlossen werden.

Das letzte mal hatten wir im März 100 Stunden beschlossen. Normalerweise reichen die für ca ein Jahr. Begründung: aktuell wird die Stundenerfassung digitalisiert und die Einschulungen fressen das Kontingent schneller auf.

Scheint Sinn zu machen. 100 weitere Stunden (zu je 145€/Stunde) werden einstimmig beschlossen.

Kleines interessantes Info-Bit: die Digitalisierung des Bauhofes erfolgt als letztes weil dort (mit allen möglichen Dienstarten und dazugehörigen Zulagen) die Verrechnung am deutlich schwersten ist.

12. Grundsatzbeschluss Kreditaufnahme Rohrhof

Für das Gelände des Rohrhofes inklusive der alten Pferdekoppeln jenseits des Friedhofsweges (in Summe also die Grundstücke 179, 183 und 1224) liegt ein Angebot über 5.5 Mio € vor. Mit diesem Grundsatzbeschluss sollen erste Sondierungen bezüglich Kreditaufnahme begonnen werden.

Um zwei Dinge ganz klar zu machen:

  1. Alle, aber wirklich alle, im Gemeinderat sind der Meinung, dass es geradezu ein Verbrechen wäre diese Möglichkeit nicht zu nutzen. Mit diesem Grundstück könnte Biedermannsdorf (strukutrell noch immer ein Straßendorf) endlich ein echtes Ortszentrum bekommen.
  2. Niemand, aber wirklich niemand, im Gemeinderat hat zu diesem Zeitpunkt eine realistische Vorstellung was wir dort wirklich machen werden und machen werden KÖNNEN.

Ich betone Punkt 2 weil der BGM schon einige hübsche Pläne zirkulieren lässt. Von einem Platz und wirklich leistbarem Wohnen und einem Ärztezentrum ist da die Rede. Und das sind alles wirklich schöne Ideen hinter denen ich voll stehen kann. Aber lassen sie mich bitte auch betonen: aus finanzieller Sicht sind das jetzt nur Träumerein.

Wie in der Sitzung so schön philosophiert wurde: die Implikationen für die Ortsgestaltung aber auch die finanzielle Situation der Gemeinde werden weite über die Lebenszeit der meisten aktuell vereidigten Gemeinderätinnen hinausreichen.

Wir haben einen sehr teuren Volksschulumbau vor. Und mit dem Ankauf allein kommen wir schon größenordnungsmäßig an das Investitions-Volumen heran, das für den Bildungscampus unleistbar bezeichnet wurde (nur schwer vergleichbar. Beim Bildungscampus hätte uns später nur ein Bruchteil des Geländes gehört. Aber trotzdem). Und da haben wir noch keinen Euro in den Umbau gesteckt.

All die schönen Dinge werden Geld kosten. zB leistbares Wohnen ist schon lange eine Notwendigkeit in Biedermannsdorf. Aber es ist per Definition keine Cash-Cow. Öffentliche Plätze und Ärztezentren auch nicht. Neue Wohnungen heißt auch neue Kinder in Volksschule und Kindergarten (die jetzt schon ziemlich am Limit arbeit).
Alles gut und richtig und wichtig. Aber alles auch ein Mühlstein den Biedermannsdorf über viel Jahrzehnte mitschleppen muss. 

Ich will jetzt nicht pessimistisch oder verzagt klingen. Wenn Max Holler mir im Gespräch sagt, dass er meine (im Gemeinderat geäußerten) Bedenken durchaus teilt aber der Meinung ist, dass wir das schaffen, dann vertraue ich ihm.

Aber jetzt schon konkrete Ideen zu wälzen und je nach Publikum mehr oder weniger zu sagen "das wird schon. Alles was ihr wollt" halte ich für unseriös. Ich bin kein großer Sparefroh. Aber wir müssen vorsichtig sein. 

Wir sollten das Grundstück jetzt auf jeden Fall kaufen. Aber ich glaube wir werden das es dann längere Zeit "liegen lassen" müssen, bis sich unsere Finanzen konsolidiert, die österreichweite Konjunktur sich wieder beschleunigt  und die Zuschüsse aus dem Land wieder erhöht haben.

einstimmig angenommen

13. Vereidigung Felschutzorgan

Markus Steindl und Johannes Unterhalser sollen als Felschutzorgane bestellt werden.

Als solche dürfen sie rein theoretisch Menschen die Felder und landwirtschaftliche Flächen betreten bwz "einer Feldfrevel-Handlung verdächtig erscheinen" zwecks Identitätsfeststellung anhalten. Laut Eigenbeschreibung wollen sie aber eher aufklärend wirken.

einstimmig

14. Weihnachtsaktion 2025

Weihnachtsaktion wird analog zur Aktion 2024 beschlossen. Eine Bemessungsgrenze wurde herabgesetzt.

Und das wurde auch einstimmig beschlossen.

15. Heizkostenzuschuss 2025/2026

2024/2025 war der Heizkostenzuschuss wegen der explodierten Energiepreise auf 500€ erhöht worden. Da sich die Preise wieder beruhigt haben, wird das wieder auf das früher Niveau abgesenkt: 150-200€ (hängt auch davon ab wieviel das Land ausbezahlt)

Einstimmig.

16. Subventionen und Mitgliedsbeiträge

  • Verein Chronisch Krank
    Das ist etwas schwierig. Die hätten gerne 50-400€ gehabt. Sie sind aber offensichtlich nicht direkt von uns aus der Gegend und es wird angezweifelt, dass sie schon mal Biedermannsdorfer unterstützt haben (wird man allein aus Datenschutzgründen nie klären können). Ich finde "nicht von da" immer ein recht schwächliches Argument.
    Es wurde der Antrag gestellt zu beschließen ihnen KEINE Subvention gewähren . . . so herum haben wir das auch noch nie gemacht.
    Dagegen: Simone Jagl. Enthalten: Axel Gschaider; Kerstin Haas-Meierhofer (Blub) alle anderen dafür (nochmal: dafür == gegen Subvention)
  • Pokalspende IMS Hinterbrühl
    Um 50€ wurde gebeten. Jetzt folgendes: seit knapp 2 Jahren haben wir bei uns ein Formular das Antragsteller ausfüllen müssen, wenn sie um Förderungen ansuchen.
    Die IMS hatte dies (noch) nicht mitgesendet. Gab Stimmen die Förderung darum nicht anzuerkennen, auch wenn alle die Förderungsürdigkeit anerkannt haben. Ist nicht mein Standpunkt aber ein durchaus verständlicher.
    Als Kompromiss wurde beschlossen: dem IMS wird die Spende zuerkannt, wenn sie das Formular noch nachreichen.
    FPÖ und 3 ÖVP Mitglieder dagegen. Alle anderen dafür.

17. Personelles - nicht öffentlicher Teil

Naturgemäß darf ich hier nichts Inhaltliches verraten.

Nur so viel:
Obwohl es keine argen Themen gab, haben sich Dramen abgespielt. Nerven wurden weg und Kappen auf den Tisch geschmissen.

Man hätte dabei gewesen sein müssen.


Samstag, 13. September 2025

Link-Kisterl KW 37


 

Heute wieder ein eher kleines Linkkisterl. Aber dafür mit viel Qualität ;)

Lesen:
  • Eine (kurze) wundervolle, schlagkräftige und berührende Begründung, warum Fakten immer noch zählen.
    Am Bluesky Account von Ingrid Brodnig.
  • Ein guter und wichtiger Text über die Ermordung von Charlie Kirk und Empathie mit Empathielosen.
    (intern hat Karl Wagner aber auch seinen Namensvetter Popper ins Spiel gebracht: "Keine Toleranz der Intoleranz". Interessantes Spannungsfeld)
    Jan Skudlarek auf Steady.

Anhören:
  • Die Folge "Was, wenn morgen Faschismus ist?" des Wind und Wurzeln Podcast (von Marina Weisband) ist zunächst eine kleine feine Einführung in das Wesen und die heutige Erscheinungsform des Faschismus. Besonders eindrucksvoll fand ich aber den Teil über Resilienz (auch emotionale!) in einem faschistischen Regime.
    Wenn Sie sich die Woche für nur einen Podcast Zeit nehmen, dann würde ich sehr zu dem hier raten.


Sonntag, 7. September 2025

Tagesordnung des Gemeinderats am 10. September 2025


Aus dem Portraitbuch der Ratsherren Regensburg (© Wikimedia)


Da sind wir wieder. Nach der Sommerpause (die ich persönlich für keine gute Idee halte) tagt der Gemeinderat am 10. September 2025 wieder.

Wie wir schon an anderer Stelle angemerkt haben, wir keinen Sitz im Gemeindevorstand mehr. Grund dafür ist einerseits unser schlechtes Abschneiden bei der letzten Gemeinderatswahl. Andererseits aber auch die etwas willkürlich ("bösartig" will ich nicht sagen) anmutende Verkleinerung des Vorstands von 7 auf 6 Mitglieder.

Kurz was zum Vorstand

Samstag, 6. September 2025

Link-Kisterl KW 36


 

Diesmal ein eher kleines und feines Linkisterl.

Vielleicht auch der richtige Zeitpunkt für eine Frage: sind Sie eher überwältigt von Größe die unser Linkkisterl oft hat oder finden Sie die breitere Auswahl gut? Wenn Sie Gedanken oder Wünsche dazu haben hinterlassen Sie uns doch bitte einen Kommentar. Das hilft uns sehr.


Lesen:

  • Wenn sie das hier lesen, wird der Journalist und Lehrer Niki Glattauer sein Leben mittels begleitetem Suizid am 4. September beendet haben.
    Dieses Interview im Falter hat er im Vorfeld gegeben und ich kann fast nicht glauben, wie berührend, traurig, melancholisch-fröhlich und überaus politisch es ist.
  • "Dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder ist ja keine Politik. Und es erfüllt dennoch einen Zweck. Es lenkt ab von den Gründen, die Menschen haben können, sich nicht gesehen und nicht mitgenommen zu fühlen."
    -- Robert Habeck in der TAZ
Anschauen:

  • Polens Regierung ist in Erklärungsnot, weil EU-Gelder aus dem Corona-Wiederaufbaufonds von polnischen Unternehmen für luxuriöse Anschaffungen abgezweigt worden sein sollen, von Saunas bis hin zu Yachten, und auch in anderen Ländern wurde die EU zuletzt um Millionen betrogen. Wie es so weit kommen konnte und was Brüssel jetzt tun kann sehen Sie hier auf ARTE.
Belohnung für Hinterher:
  • Eine nervende Kartoffel . . . totaler Nonsense . . . aber an vielen Tagen noch eines der besseren Dinge im Internet.
    https://annoying.one/

Samstag, 30. August 2025

Globale Klimaanlage vor dem Zusammenbruch?

 

Die atlantische meridionale Umwälzzirkulation (Amoc) ist ein wichtiger Bestandteil des globalen Klimasystems. Sie bringt sonnenerwärmtes tropisches Wasser nach Europa und in die Arktis. Dort kühlt es ab, sinkt in die Tiefe und strömt zurück. 

Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass der Zusammenbruch dieser kritischen atlantischen Strömung nicht mehr als unwahrscheinlich angesehen werden kann. Das würde den tropischen Regengürtel, auf den viele Millionen Menschen für den Anbau ihrer Nahrungsmittel angewiesen sind, verschieben, Westeuropa in extrem kalte Winter und sommerliche Dürren stürzen und den ohnehin steigenden Meeresspiegel um 50 cm erhöhen. Der Kipppunkt, ab dem der Zusammenbruch dieser Strömung unaufhaltsam wäre, könnte bereits in einigen Jahrzehnten erreicht sein. Etwa 50 bis 100 Jahre danach würde diese globale Klimaanlage ihren Betrieb dann endgültig einstellen.

Die gute Nachricht: Durch eine internationales, rasches und entschlossenes Kappen unserer klimaschädlichen Emissionen wäre dieses Szenario sehr wahrscheinlich noch vermeidbar.

https://www.theguardian.com/environment/2025/aug/28/collapse-critical-atlantic-current-amoc-no-longer-low-likelihood-study
https://www.theguardian.com/environment/2024/oct/23/we-dont-know-where-the-tipping-point-is-climate-expert-on-potential-collapse-of-atlantic-circulation

Informationsfreiheitsgesetz bringt Licht ins Dunkel!

Für das nun in Kraft tretende österreichische Informationsfreiheitsgesetz (IFG) waren langjährige Debatten und intensive Verhandlungen mit politischen Parteien, der Zivilgesellschaft und der Verwaltung notwendig.  Es stellt einen Paradigmenwechsel vom Amtsgeheimnis zur Informationsfreiheit dar und verpflichtet die österreichische Verwaltung zu Transparenz und Bürgernähe. Das IFG fußt auf zwei Grundsäulen: der proaktiven Veröffentlichung von Informationen im elektronischen Informationsregister (data.gv.at) und dem rechtlich verankerten Antragsrecht auf Zugang zu spezifischen Informationen. Eine Ausnahme von der proaktiven Verpflichtung gibt es nur für kleine Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern, ansonsten gilt das Prinzip der maximalen Offenheit.

Ohne den langjährigen und konsequenten politischen Einsatz der Grünen, die die treibende Kraft und Motor dieser Entwicklung waren, wäre das Informationsfreiheitsgesetz in dieser Form nicht zustande gekommen. Sie setzten sich über viele Jahre hinweg – sowohl aus der Opposition als auch aus der Regierung heraus – für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und ein Grundrecht auf Information ein und haben sich auch für eine proaktive Veröffentlichungspflicht und Verbesserungen im parlamentarischen Anfragewesen eingesetzt. Durch ihren Einfluss wurden weitere Verbesserungen wie die Streichung pauschaler Geheimhaltungsgründe und die stärkere Einbindung öffentlicher Unternehmen ins Gesetz aufgenommen. Grüne Spitzenpolitiker wie Werner Kogler und Sigrid Maurer spielten öffentlichkeitswirksam eine zentrale Rolle und waren maßgeblich an den Gesetzesverhandlungen beteiligt. Mit Überzeugungsarbeit sowohl innerhalb der Koalition als auch gegenüber der Opposition – insbesondere der SPÖ – setzten die Grünen sich durch, auch um die notwendige Verfassungsmehrheit im Nationalrat zu erreichen. 

„Lernen Sie Geschichte!“
Die Amtsverschwiegenheit wurde 1925 mit einer Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) eingeführt und prägte seitdem den Umgang mit staatlichen Informationen in Österreich.  Zwischen 1987 und 1990 wurde die Auskunftspflicht im B-VG verankert, später entstanden elf Auskunftspflichtgesetze auf Bundes- und Landesebene. Die Diskussion um Informationsfreiheit gewann in den 2010er Jahren an Fahrt, und ab 2020, also nach dem Eintritt der Grünen in die Bundesregierung, wurden zielgerichtet Reformschritte gesetzt. 

Im Juni 2020 fand der erste „Runde Tisch“ mit Stakeholdern zur Reform statt. Nach einer öffentlichen Begutachtung des Ministerialentwurfs und mehr als 80 Verhandlungsrunden wurde der Regierungsentwurf am 5. Oktober 2023 präsentiert und beschlossen. Die notwendige Verfassungsmehrheit wurde am 20. Dezember 2023 erreicht und es folgten Expertenanhörungen und Beschlüsse im Verfassungsausschuss und im Nationalrat im Januar 2024. Am 26. Februar 2024 wurde das Gesetz kundgemacht (BGBl. I Nr. 5/2024) und tritt am 1. September 2025 in Kraft.

Quellen und weitere Informationen:
https://www.digitalaustria.gv.at/wissenswertes/news/news-66.html
https://www.fwp.at/news/blog/das-informationsfreiheitsgesetz-adieu-amtsgeheimnis-willkommen-recht-auf-information
https://www.rubicon.eu/rubicon-blog/informationsfreiheitsgesetz-ifg-in-oesterreich-umsetzung-in-der-praxis/

Siehe dazu auch:
https://gruenebiedermannsdorf.blogspot.com/2023/03/der-noch-lange-weg-zum.html
https://gruenebiedermannsdorf.blogspot.com/2024/03/aus-dem-parlament-amtsgeheimnis-ade.html
 

Lieber 10 Milliarden jährlich zahlen als die Umwelt schützen?

Zeigt der jetzt von Umweltminister Totschnig vorgelegte Entwurf eines Klimaschutzgesetzes wirksame und mutige Vorschläge auf? Oder ist er ein ambitions- und visionsloser Vorschlag, der nur versucht, kommende Probleme mit viel administrativem Aufwand zu verwalten? Würden die Folgen heutigen Nichthandelns verantwortungslos unseren Kindern und Enkeln umgehängt? Und würde der jetzige Entwurf neben ökologischen Schäden auch zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen?

Die ÖVP möchte offenbar lieber jährlich Milliarden Euro an Strafzahlungen ans Ausland zahlen, als das Notwendige umzusetzen. Was notwendig ist, war bereits Anfang 2020 bekannt. Damals hatten sich ÖVP und Grüne in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf geeinigt, ein neues Klimaschutzgesetz zu erarbeiten, da das bestehende Klimaschutzgesetz Ende 2020 auslief. Im Koalitionsvertrag war auch das Ziel fixiert, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen.

2021 wurde vom damals grün geführten Klimaschutzministerium ein entsprechender Entwurf vorgelegt. Dieser sah vor, entsprechend der Koalitionsvereinbarung bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 48 % zu reduzieren (ausgehend von 2005), verbindliche Sektorziele festzulegen, ein regelmäßiges Monitoring und Wirksamkeitskontrollen durchzuführen, Zuständigkeiten für die Treibhausgasreduktion zu definieren und aus fossilen Energien auszusteigen, wobei ein klares Ausstiegsdatum für Öl und Gas festgelegt wurde. Um die Klimaziele zu sichern, wurde auch der internationale Handel mit Emissionszertifikaten ausgeschlossen. Hätte sich abgezeichnet, dass die Klimaziele verfehlt werden, hätte der Bund rasch wirksame Klimaschutzmaßnahmen beschließen und in letzter Konsequenz die Steuer auf fossile Energie drastisch erhöhen müssen. Die daraus resultierenden Einnahmen wären in einen Zukunftsinvestitionsfonds geflossen, der wiederum Klimaschutzmaßnahmen im Inland finanziert hätte.

Jedes erfolgreiche Unternehmen definiert zu einem Ziel auch einen Zielpfad mit terminisierten Zwischenzielen sowie Kontroll- und Korrekturmechanismen. Jeder erfolgreiche Manager weiß, dass dies die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung sind. Dieses Wissen war zweifellos auch in der ÖVP, die sich gerne Wirtschaftskompetenz zuschreibt, ebenso wie im Wirtschaftsbund und in der Industriellenvereinigung vorhanden. Und obwohl der damalige Entwurf dieser Strategie folgte, rückte Karlheinz Kopf, der damals dienstälteste ÖVP-Abgeordnete im Parlament und Generalsekretär der Wirtschaftskammer, umgehend aus, um das Vorhaben zu torpedieren. Er bezeichnete den Entwurf aus dem von den Grünen geführten Klimaschutzministerium als „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie”. Bis zum Ende der Koalition gelang kein Kompromiss, da sich die ÖVP und die Wirtschaftsvertreter gegen alle wirksamen Maßnahmen sträubten.

Das verantwortungslose Desinteresse der ÖVP an wirksamen Umweltschutzmaßnahmen wurde wieder im Doppelbudget 2025/26 der neuen Regierung deutlich. Darin entfällt rund ein Drittel der gesamten Sparlast auf den Klimabereich. Klimafreundliches Verhalten (zum Beispiel Heizungstausch oder E-Mobilität) wurde verteuert, während klimaschädliche Förderungen erhalten blieben und mit der Verdreifachung der Pendlerpauschale sowie der NoVA-Befreiung für Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sogar noch erweitert wurden.

Der von Umweltminister Totschnig vorgelegte Entwurf eines neuen Klimaschutzgesetzes ist kaum mehr als ein zahnloser Plüschtiger. Das noch im schwarz-rot-pinken Koalitionsprogramm festgelegte Klimaziel für das Jahr 2040 kommt darin gar nicht mehr vor, alle Eckpunkte des früheren Entwurfs wurden ersatzlos gestrichen. Stattdessen will Totschnig die EU-Vorgabe, die Emissionen im Vergleich zu 2005 bis 2030 um 48 Prozent zu senken, durch eine „Steuerungsgruppe“ zur Koordination der Klimapolitik erreichen. Und diese „Steuerungsgruppe“ soll beileibe keine kleine, effiziente Organisation sein. In ihr sollen neben einer Beamtenebene auf Regierungsebene das Umwelt-, das Finanz-, das Verkehrs- und das Wirtschaftsministerium sowie der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz vertreten sein.  Die „Steuerungsgruppe” soll einen wissenschaftlichen Klimabeirat bestellen, der die Bundesregierung „weisungsfrei und unabhängig” beraten soll. Die Verantwortung für die Klimapolitik wäre damit auf viele Schultern verteilt und völlig verwässert. 

Der von der „Steuerungsgruppe” bis Ende Oktober 2026 auszuarbeitende „Klimafahrplan“ soll zwar "kosteneffiziente, wirksame Maßnahmen des Bundes und der Länder" für jeden Sektor - vom Verkehr über Gebäude bis zur Landwirtschaft - enthalten. Aber er soll nur unverbindlich festschreiben, wie viele Tonnen klimaschädliche Gase jeder Sektor jährlich in die Luft blasen darf. Anstatt die eigentlichen Umweltprobleme anzugehen, hätte die „Steuerungsgruppe“ im Falle der Verfehlung der von der EU vorgegebenen Klimaziele der Bundesregierung „Optionen für den Ankauf von Klimaschutz-Zertifikaten“ vorzuschlagen. Laut einem Bericht der Kommunalkredit Public Consulting ist jedoch zu erwarten, dass viele Staaten solche Ausgleichszertifikate benötigen werden und die Nachfrage das potenzielle Angebot um den Faktor elf übersteigen könnte. Diese Knappheit könnte den Preis für Klimazertifikate für uns auf 5,9 Milliarden Euro jährlich hochtreiben. Dazu kämen aber noch Kosten durch versäumter Klimaschutzmaßnahmen. Diese wurden bereits in einem Bericht des WIFO im Auftrag des Klimaministeriums für das Jahr 2024 mit  5,4 bis sieben Milliarden Euro im Jahr beziffert – Tendenz steigend. Die selbsternannte Wirtschaftspartei will also ein lästiges Problem, das durch ihre Untätigkeit laufend größer wird, lösen, indem sie es mit viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zuschüttet. 

Mit seinem ambitions- und visionslosen Vorschlag würde der Umweltminister im (wahrscheinlichen) Fall des Scheiterns seiner Umweltpolitik die Verantwortung auf viele Schultern abwälzen. Die negativen Folgen seines Nichthandelns hätten unsere Kinder und Enkel sowie die Umwelt zu tragen.

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