Freitag, 10. Februar 2023

Der Truthahn und wir.

 

Ein Truthahn, der Tag für Tag von seinem Besitzer gefüttert wird, nimmt aufgrund seiner täglichen positiven Erfahrungen (Fütterung und Pflege) an, dass es der Besitzer nur gut mit ihm meinen kann. Ihm fehlt die wesentliche Information, dass diese Fürsorge nur einem Zweck dient: Der Truthahn wird verspeist. Am Tag vor Thanksgiving, bei dem die Truthähne traditionell geschlachtet werden, erlebt der Truthahn eine fatale Überraschung.  

Diese Metapher wird in der systemischen Fachwelt als Synonym für unseren Umgang mit extrem seltenen, aber mit katastrophalen Auswirkungen behafteten Ereignissen verwendet. Denn wir verhalten uns angesichts solcher auf uns zukommender oder drohender Entwicklungen wie die Truthähne. Eines der größten Probleme unserer Zeit ist unser lineares, einfaches Ursache-Wirkungs- Denken. Dieses hat uns über Jahrzehnte sehr erfolgreich gemacht, ist aber nicht dazu geeignet, komplexe Probleme zu bewältigen. Das hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun, sondern ist eine Folge unserer evolutionären Entwicklung. Was aber nicht heißt, dass wir diese Veranlagung nicht durch unsere Intelligenz überwinden könnten. 

Wir dürfen das Fehlen von Beweisen nicht mit  dem Beweis für das Nichtvorhandensein bedrohlicher Entwicklungen verwechseln. Und wir müssen wegkommen von schnellen „Quick-and-Dirty-Lösungen“, die sich zwar schnell umsetzen lassen, aber langfristig das eigentliche Problem verschlimmern. Wir müssen hinkommen zu   fundamentalen Lösungen, die die Ursachen des Problems beseitigen können, auch wenn sie kurzfristig vielleicht mit Nachteilen verbunden sind.

Denn: „Wir können die Realität ignorieren, aber nicht die Konsequenzen einer ignorierten Realität.“  (Markus Reisner, Herbert Saurugg). Herbert Saurugg, MSc, ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge

Aus: https://www.saurugg.net/wp-content/uploads/2022/07/gfkv-katastrophenwinter-2023.pdf

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