Freitag, 28. Juni 2024

Pfeifen auf den Verfassungsdienst?

Die ÖVP wollte die Sicherung von Handydaten  der Staatsanwaltschaft und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) entziehen und dem Innenministerium übertragen. So
wären Chatnachrichten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz oder Thomas Schmid nie öffentlich geworden – ganz im Sinn der ÖVP.
Und diese Änderung sollte schnell über die Bühne gehen. Am 24.6. erklärte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) in der ZIB2, dass das „genau der Grund“ sei, warum der Beschluss dazu noch im Juli gefasst werden müsse, also noch bevor nach einer Wahl eventuell eine andere Regierung kommt.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) spielte zunächst mit und brachte einen entsprechenden Gesetzesvorschlag mit nur zwei Wochen Begutachtungsfrist im Parlament ein. Nun aber berücksichtigt sie die zahlreichen Proteste und Einwände, darunter auch von Staatsanwälten, Richtern und Rechtsanwälten und auch die permanente Kritik des Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes. Dieser weist seit Jahrzehnten immer wieder darauf hin, dass für die Begutachtung von Gesetzentwürfen mindestens sechs Wochen erforderlich wären – oftmals vergeblich. Zadic verlängert nun die Begutachtungsfrist und kündigt auch inhaltliche Änderungen an.

Hier zeigt sich die Doppelbödigkeit der ÖVP-Argumentation: Im Fall EU-Renaturierungsgesetz wirft sie Gewessler die Nichtbeachtung einer Rechtsmeinung des Verfassungsdiensts vor und bläst das theatralisch und gegen besseres Wissen öffentlich zum Verfassungsbruch auf. Im Fall der Sicherstellung von Handydaten sind ihr dessen immerwährende Kritikpunkte nicht erwähnenswert und ein lästiges Hindernis.

Der Verfassungsdienst ist kein Gerichtshof, dessen Urteil widerspruchslos zur Kenntnis zu nehmen und zu befolgen ist. Er ist Rechtsanwalt der Republik vor internationalen Gerichten und Rechtsanwalt und -berater der Bundesregierung. Er vertritt Rechtsmeinungen genauso wie jeder andere Jurist, die sich dem Urteil unabhängiger Gerichte unterwerfen müssen.

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