Mittwoch, 14. August 2024

Der Flughafen Schwechat - und wir in Biedermannsdorf

Wir leben relativ nah am Flughafen Schwechat. Aktuelle Forschungsergebnisse der  Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) haben ergeben, dass Menschen, die im Umkreis von 20 km von verkehrsreichen Flughäfen leben, besonders ultrafeinen Partikeln (UFP) ausgesetzt sind, die beim Starten und Landen ausgestoßen werden. Die Belastung durch ultrafeine Partikel kann der neuen Forschungsarbeit zufolge europaweit mit 280.000 Fällen von Bluthochdruck, 330.000 Fällen von Diabetes und 18.000 Fällen von Demenz in Verbindung gebracht werden. Ultrafeine Partikel haben einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern, ungefähr 1.000 Mal kleiner als ein menschliches Haar. Sie dringen tief in den menschlichen Körper ein und wurden im Blut, im Gehirn und in der Plazenta nachgewiesen. Details dazu hier (englischsprachig).

Das Problem der UFP-Belastung könnte am schnellsten und wirksamsten verringert werden, wenn die Preise fürs Fliegen auch alle externen und Folgekosten berücksichtigten. Zwar ist der innereuropäische Luftverkehr seit 2012 in den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) einbezogen. Aber infolge wenig ambitionierter Obergrenzen für die Luftverschmutzung und der Nutzung  internationaler Projektgutschriften hat sich ab 2008 eine große Menge überschüssiger Emissionsberechtigungen im EU-ETS angesammelt. Dadurch sank der Preis für Verschmutzungszertifikate auf unter 3 Euro pro Tonne CO2, weshalb der Emissionshandel nur eine eingeschränkte Lenkungswirkung entfalten konnte. Nun sind die Preise für Verschmutzungszertifikate in Folge einer Reform des EU-ETS deutlich gestiegen und haben Anfang 2023 die 100 Euro-Marke überschritten. Heuer und auch 2026 sollen die Verschmutzungsobergrenzen neuerlich gesenkt werden, was zu weiteren Preissteigerungen führen soll. Der transkontinentale Flugverkehr ist aber durch EU-ETS  nicht erfasst. Hier werden seit 2020 Emissionen nur im Rahmen des wenig wirksamen Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) durch Klimaschutzprojekte kompensiert.

Verfahren zur Verbesserung des Treibstoffs, wie sie schon lange beim Autobenzin verwendet werden, könnten die Emission von UFPs um bis zu 70% verringern. Das würde den Preis aber um etwa 5 Cent pro Liter verteuern. Obwohl das die Luftverschmutzung rund um Flughäfen spürbar verringern könnte, wurden die Normen für Flugzeugtreibstoff noch nie in dieser Richtung verbessert.

Ein kleiner Lichtblick sind die immer sparsamer gewordenen Triebwerke moderner Linienflugzeuge. Schon 2019 lag der durchschnittliche Kerosinverbrauch der deutschen Flugzeugflotte bei nur mehr knapp 3,6 Litern pro Passagier und 100 km, was etwa dem Verbrauch eines PKWs mit durchschnittlicher Besetzung entspricht. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch eines A320neo pro Sitzplatz auf 100 Kilometer beträgt nur noch 1,9 Liter, der größere A321neo ist mit 1,7 Liter pro Sitzplatz auf 100 Kilometer sogar noch effizienter. Weitere gravierende Verbesserungen sind hier aber schwer vorstellbar.

Nachhaltiger Flugzeugtreibstoff (Sustainable Aviation Fuel, SAF) wird derzeit in geringen Mengen, selten bis zu 50% herkömmlichem Treibstoff zugemischt. Er ist bis zu zehn mal teurer als normaler Treibstoff, und selbst, wenn er über seinen gesamten Lebenszyklus CO2-neutral wäre, würden alle anderen Emissionen dadurch kaum verringert.

Immer noch wird der Luftverkehr subventioniert, indem Kerosin von der Energiesteuer und internationale Flüge von der Mehrwertsteuer befreit sind. Hinzu kommt, dass viele Flughäfen in der EU ohne Steuergelder der Länder und Kommunen längst pleite wären und die meisten Billigflieger nicht fliegen könnten. Hier ist also noch reichlich Luft nach oben.

Eine schnelle und starke Reduktion der Luftverschmutzung durch den Flugverkehr wäre, weniger zu fliegen. Da kann sich jeder bei der eigenen Nase nehmen. Ein Wochenendtrip nach London oder Barcelona, ein Urlaub auf den Seychellen oder den Azoren machen jedes Jammern über Lärm- und Umweltbelastungen durchs Fliegen unglaubwürdig. Wichtiger als individuelle Selbstbeschränkungen wären allerdings internationale und kontrollierte Regeln, durch die umweltschädliches Verhalten wie das Fliegen gegenüber umweltfreundlicheren Alternativen unattraktiv würde. Dazu müsste auch der Einfluss der Mineralstoff- und auch der Tourismusindustrie gebrochen werden.

Siehe auch
https://gruenebiedermannsdorf.blogspot.com/search?q=Zertifikate
https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/der-europaeische-emissionshandel
https://www.klimaschutz-portal.aero/co2-kompensieren/europaeischer-emissionshandel/

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