Donnerstag, 3. März 2016

Diskussion zu TTIP

CETA, TTIP & CO: WER PROFITIERT?
Bericht von einer öffentlichen Debatte und Informationen zum Thema.


Hier finden Sie den kompletten Bericht als .pdf- Datei, mit vielen weiteren Informationen, Fußnoten und Erläuterungen

Am 22. Februar fand im Bildungszentrum der Arbeiterkammer in Wien eine öffentliche Debatte mit EU- Handelskommissarin Cäcilia Malmström zu TTIP und CETA  statt. Eröffnet wurde
von AK- Präsident Kaske, am Podium saßen Vertreter von Gewerkschaftsbund, Global 2000, Attac und der Arbeiterkammer. Moderiert wurde von Ulla Ebner von Ö1. Da die Veranstaltung von vornherein nur auf eine Dauer von 90 Minuten ausgelegt war, konnte man sich nicht mehr als nur ein gegenseitiges Vortragen der jeweiligen Standpunkte erwarten. Und so kam es dann leider auch.

AK- Präsident Kaske führte in seiner Einleitung aus, dass eine von der EU- Kommission in Auftrag gegebenen Studie über die Auswirkungen von TTIP auf die Wirtschaftsleistung der EU einen jährlichen Anstieg von nur 0,03% bis 0,05% jährlich prognostiziert und meinte, dieser sehr bescheidene positive Effekt stehe in keiner Relation zu den in Kauf zu nehmenden Risiken. Weiters beliefen sich die durchschnittlichen Verfahrenskosten vor den zur Klärung von Investitionsstreitigkeiten  vorgesehenen Schiedsgerichten auf durchschnittlich 8 Millionen Dollar, seien daher für Klein- und Mittelbetriebe prohibitiv und daher kämen solche Verfahren nur großen Konzernen zugute.   

Zu den oft geäußerten Vorwürfen, die TTIP- Verhandlungen würden hinter verschlossenen Türen geführt und seien nicht transparent, meine Cäcilia Malmström, sämtliche EU- Verhandlungspositionen seien im Internet öffentlich einsehbar, die Veröffentlichung der US- Verhandlungspositionen werde dagegen aus rechtlichen Gründen von den USA verweigert. Die zahlreichen Vorwürfe gegen die vorgesehenen Investitionsschutzabkommen versuchte sie zunächst mit dem Hinweis zu entkräften, dass EU- Staaten derzeit bereits etwa 200 derartige Abkommen bilateral und etwa 1000 mit verschiedenen Drittstaaten abgeschlossen hätten, und das könne ja jetzt auf einmal nicht so negativ sein.

Von den Diskussionsteilnehmern am Podium, aus dem Publikum und über Twitter Zugeschalteten wurden folgende Punkte angesprochen:
  • Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie zum Beispiel Bildung, Gesundheitsdienstleistungen, Müllentsorgung, Wasserversorgung usw. sind derzeit nicht verbindlich aus dem Anwendungsbereich von TTIP ausgeschlossen.
  • Der Gründer der Firma „Sonnentor" erwähnte den hohen Zuspruch für die  Initiative „KMU gegen TTIP"
  • Unterschiedliche Herangehensweisen in der EU und den USA im Bereich des Gesundheits- und Umweltschutzes, z.B. bei Zulassung von Lebensmitteln, Kosmetika usw.
  • Die vorgesehenen Konzernklagerechte, die Firmen erlauben, Staaten zu klagen, wenn durch Änderungen von Gesetzen oder Zulassungsbestimmungen erwartete Gewinne geschmälert würden, würden solche Änderungen behindern bzw. verunmöglichen.
  • Die EU insgesamt und die Kommission im besonderen sei zu den TTIP- Verhandlungen überhaupt nicht demokratisch legitimiert. Dieser Vorwurf wurde von Cäcilia Malmström zwar sachlich entkräftet. Im Grundsätzlichen argumentierte sie mit ihrer Entgegnung aber wahrscheinlich am Kern der geäußerten Kritik vorbei.
  • Die vorgesehenen Regelungen seien „Einbahnstraßen" und könnten praktisch nicht mehr zurückgenommen werden.
  • „Right to Regulate": Die geplante Regulierungszusammenarbeit sieht vor, dass bestehende und zukünftige Regulierungsunterschiede zwischen EU und USA, die sich „als unnötig und belastend" für den Handel erweisen, abgebaut werden.
Gegen Ende der Diskussion meinte EU- Kommissarin Malmström beruhigend, die jetzt vorliegenden Papiere seien ja bloß Entwürfe und noch kein endgültiger Vertragstext, der ja dann von EU- Gremien und nationalen Regierungen noch zu ratifizieren sei und vorher daher noch diskutiert und geändert werden könnte. Demgegenüber meinte Valentin Wedl von der Arbeiterkammer, ein endgültiger Vertragstext für ein ähnliches Handels- und Investitionsschutzabkommen zwischen EU und Kanada (CETA), der noch dazu in weiten Bereichen eine „Blaupause" für TTIP darstelle, liege bereits vor, und hier werde die Diskussion genau mit dem Argument abgedreht, das sei bereits ein endgültiger Vertragstext und daher nicht mehr verhandelbar. CETA ist auch insofern problematisch, als es US- Konzernen, die auch Niederlassungen in Kanada haben, ermöglichen würde, eventuell strengere TTIP- Bestimmungen durch CETA- Konzernklagen zu umgehen.


Wie geht es weiter?
Die Kommission will als Reaktion auf die sehr kritischen Ergebnisse der Konsultation Reformvorschläge zu den am meisten umstrittenen Themen diskutieren, ohne aber von den privilegierten Konzernrechten abzurücken. Sollten punktuelle Verbesserungen  aus den Beratungen hervorgehen, so gelten diese nur für TTIP, nicht aber für CETA oder die in Verhandlung stehenden Abkommen mit Singapur, China, Indien, Vietnam, Myanmar, etc.

Video der Diskussionsveranstaltung

Positionspapiere:
Arbeiterkammer

EU- Handels- und Investittionsschutzabkommen TTIP und CETA- AK Positionspapier

die Grünen:
Fünf Gründe gegen TTIP
Studie zu den Auswirkungen von TTIP auf die österreichische Landwirtschaft

ATTAC:
Studie „KMU gegen TTIP"
Studie zum Reformvorschlag der Kommission zu Investitionsschiedsgerichten

Global 2000:
TTIP gefährdet hohe Lebensmittelstandards

Österreichischer Gewerkschaftsbund:
Derzeit mehr Schaden als Nutzen
Auch TTIP könnte Wasserversorgung gefährden
Gewerkschaftsrechte in Gefahr

Papier des „Corporate Europe Observatory" zu den Auswirkungen der transatlantischen regulatorischen Zusammenarbeit auf das Gemeinwohl, zur Gefahr, dass dadurch die Energiewende abgewürgt wird und zum „Angriff auf öffentliche Dienstleistungen"

Stellungnahme des TACD (Transatlantic Consumer Dialog) zu den geplanten Konzernklagerechten.

Aktueller Artikel zu CETA in „Zeit Online"

Hier finden Sie den kompletten Bericht als .pdf- Datei, mit vielen weiteren Informationen, Fußnoten und Erläuterungen

4 Kommentare:

  1. Siehe dazu auch hier: https://www.facebook.com/notes/michel-reimon/der-kleine-gro%C3%9Fe-denkfehler-der-%C3%BCberzeugten-ttip-fans/10209319779022107

    AntwortenLöschen
  2. Wer Gegner von CETA mobilisiert, fördert den Wahlkampf von Herrn Hofer, der diesen bekanntlich nicht ohne Volksabstimmung unterschreiben will!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich denke, man kann gegen CETA (und TTIP) sein und trotzdem nicht die Meinung von Norbert Hofer vertreten. Sachliche Gründe gegen diese sogenannten "Freihandelsabkommen" sind eine Sache, die Motivation Hofers für seine ohnehin fallweise geänderten Aussagen eine ganz andere.

      Löschen
  3. Hier geht es doch einzig darum, Argumente für oder gegen Ceta zu finden, um sich eine Meinung bilden zu können. Wir können doch nicht alles und jedes diesem Wahlkampf unterordnen! Wenn Hofer phasenweise zufällig einmal unserer Meinung ist - was durchaus nur vorübergehend sein kann - dann darf das keinesfalls unsere Meinungsbildung beeinflussen. Das wäre unehrlich.

    AntwortenLöschen