Montag, 4. September 2017

Datenschutz und die EU

Großer, schwerer Tresor
Im Juni 2017 standen beim Cloud-Anbieter Amazon Web Services die personenbezogenen Daten von 198 Millionen registrierten amerikanischen Wählern offen im Internet- nicht das einzige und auch nicht das letzte große Datenleck. Es ist fraglich, ob eine sichere Verwahrung von Massendaten in der Praxis überhaupt möglich ist. In der Datenverarbeitung sind Pannen kaum zu verhindern und haben komplexe Ursachen.

In Europa hat der Datenschutz, d.h. der Schutz personenbezogener Daten den Rang eines Bürgerrechts. Die EU versucht mit der ab Mai 2018 gültigen Datenschutz-Grundverordnung, die gravierenden Lücken des bestehenden Datenschutzrechts in Europa zu schließen. Nachdem der Europäische Gerichtshof im Fall Schrems die Safe-Harbor-Erklärung gekippt hat, welche die Abflüsse von Daten der EU-Bürger in die USA ermöglichte, hat die Europäische Kommission zügig mit der Obama-Administration ein neues „Privacy Shield“-Abkommen geschmiedet. Viele Beobachter rechnen damit, dass auch dieses neue Provisorium gerichtlich gekippt wird – erst recht seitdem Präsident Trump im Amt ist.

Ohne ein derartiges Abkommen aber wird das Abfließen personenbezogener Daten aus Europa in die USA ungesetzlich, mit sehr teuren Folgen für transatlantisch operierende Konzerne. Deshalb wird nun vorsorglich versucht, alle Einschränkungen des Datenflusses als angebliche nicht-tarifäre Handelshemmnisse zu bannen.  Auf dem Spiel steht das Recht des Staates, datenschutzfördernd einzugreifen. Das E-Commerce-Kapitel des geplanten Dienstleistungsabkommens TiSA beispielsweise liest sich wie ein Verbotskatalog von sachgerechten staatlichen Maßnahmen für eine Post-Snowden-Ökonomie, allen voran die Verbote einer Offenlegungspflicht für Quellcodes in der staatlichen Beschaffung und einer Datenlokalisierung. Wir wissen ja, dass die höchst sensiblen SWIFT-Daten über den europäischen Zahlungsverkehr, die in ein Rechenzentrum in den USA gespiegelt wurden, dort ungefragt zur Terrorbekämpfung staatlich ausgewertet wurden. Mit diesen Daten wäre auch Industriespionage und politische Erpressung in ungeahnten Ausmaßen möglich.

Europa wäre schlecht beraten, aus handelspolitischer Rücksichtnahme unvernünftige Einschränkungen wie das eCommerce-Kapitel von TiSA oder gleichlautende Bestimmungen im Japan-EU-Abkommen anzunehmen, die sich wie ein Betonring um die Gestaltungsmacht unserer Regierungen legen würden.

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