Donnerstag, 5. April 2018

Es ist immer "Jetzt".




vor 50 Jahren wurde Martin Luther King erschossen.

"Wenn wir die Freiheit erschallen lassen, wenn wir sie erschallen lassen von jeder Stadt und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Großstadt, dann werden wir den Tag beschleunigen können, an dem alle Kinder Gottes - schwarze und weiße Menschen, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken - sich die Hände reichen und die Worte des alten Negro Spiritual singen können: Endlich frei! Endlich Frei! Großer allmächtiger Gotte, wir sind endlich frei!"

Das ist der Schluss jener berühmten Rede, in der er seinen großen Traum, seine Vision formulierte.

Auf den ersten Blick scheint seine Erfüllung weiter entfernt denn je. Woran das festzumachen ist, brauche ich hier nicht zu erzählen. Alle Medien berichten darüber.

Hier soll über die Gegenbewegung erzählt werden, worüber wenig oder gar nicht berichtet wird. Scheinbar unzusammenhängende Höhepunkte der Menschlichkeit. Berühmte Persönlichkeiten, aber auch einfache Menschen, die ohne viel zu fragen das Richtige tun. Einfach weil sie so sind wie sie sind. Puzzlesteine, die - zusammengesetzt - eine andere Welt zeigen. Weitab von den laufenden Berichten.


Vor kurzem ist Ute Bock gestorben. Am Heldenplatz fand ihr zu Ehren ein beeindruckender Festakt statt. Der alte und der neue Bundespräsident waren anwesend, sowie viele Gäste aus Wirtschaft und Kultur. Viele tausend Menschen fanden es bei eisiger Kälte notwendig, dabei zu sein und ein Zeichen zu setzen. Gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Vorurteile, gegen Rassismus. Wie es dem Heldenplatz zukommt, wurde auf ihm eine Heldin gefeiert.

Eine weitere Heldin ist die Frauenrechtlerin und Juristin Seyran Ates welche die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin gründete. Sie soll eine spirituelle Heimat sein vor allem für jene, die sich in traditionellen Moscheen nicht wohlfühlen und die sich nicht mehr vorschreiben lassen wollen, wie sie ihre Religion zu leben haben. Toleranz, Gewaltfreiheit und Geschlechtergerechtigkeit sollen im Vordergrund stehen. Diese starke Frau ist wegen ihrer Haltung sogar Morddrohungen ausgesetzt und steht unter Polizeischutz. Ihre Leistung ist beispielhaft und es ist zu hoffen, dass ihre Moschee übervoll von Gläubigen ist und ihr Werk in ganz Europa Schule macht. Eine Großtat für eine friedliche Gesellschaft.

Friedliche Gesellschaften brauchen wir aber nicht nur hier bei uns, sondern genauso dringend in allen Teilen der Welt. Das gelingt aber nicht, indem die geistigen Mauern irgendwelcher Unbelehrbarer an unseren Grenzen materialisiert werden, sondern im Gegenteil, sie niederzureißen ist die Devise und uns dorthin zu wenden, wo die Ursachen von Flucht und Vertreibung entstehen. Nämlich direkt nach Afrika. Allerdings reicht die westliche Entwicklungshilfe nicht, sondern Handel auf Augenhöhe ist hier gefragt. Die österreichische Firma Doka, die Schalungsmaterial herstellt, ist tut genau das. Die Firma Doka stellte in den 1950-er Jahren die Schalungen für die Staumauern der Donaukraftwerke her, daher der Name. Ein Meilenstein war die Entwicklung eines selbstkletternden Schalungssystems für den Hochhausbau. Doka hat damit auch die Schalungen für das im Jahr 2010 fertiggestellte höchste Gebäude der Welt - den 830 Meter hohen Burj Khalifa in Dubai - gefertigt und montiert. Heute beschäftigt Doka über 7000 Mitarbeiter in 70 Ländern. Derzeit baut Doka eine Vertriebsniederlassung in Mosambik auf. Lokales Personal wird eingestellt, ein portugiesisch sprechender Niederlassungsleiter gesucht. Globalisierung, wie sie sein sollte (aus: "Der schwarze Tiger" von Hans Stoisser).

Und sonst?
Da ist die Äthiopierin Bethlehem Alemu, die aus lokalen Materialien Schuhe der Marke "SoleRebels" fertigt. Sie beschäftigt vor allem Frauen und verkauft 65.000 Paar Schuhe pro Jahr auf der ganzen Welt. Das Forbes-Magazin nahm die junge Frau in die Liste der 20 wichtigsten afrikanischen "Power Women" auf.
Da ist die Kakaooperative CANN in der Elfenbeinküste. Der Verzicht auf Kinderarbeit ist nur eine Voraussetzung, um das Fairtrade-Siegel führen zu dürfen. Dafür bekommen die Bauern neben dem Kakaopreis - der in der Elfenbeinküste staatlich festgelegt wird und derzeit bei 1,5 Euro pro Kg liegt - eine Prämie von ca 20 Cent, die für soziale Zwecke und Infrastruktur verwendet werden kann, etwa den Bau von Schulen.
Die starken Frauen von Abidjan, Elfenbeinküste. Oikokredit gab einer Marktkooperative, gegründet von Rosalie Botti einen Millionen-Kredit, der auch zurückbezahlt wurde. Heute umfasst die Cocovico-Markthalle 600 Stände. 2000 Frauen verdienen sich dort den Lebensunterhalt. Es gibt dort einen eigenen Raum in dem Lehrerinnen Analphabetinnen Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen. Rosalie Bottis fünf Kinder studieren alle.
Die "Solar-Mamas". Dank der in Indien gegründeten Organisation Barefoot College können Dorfer ihre Infrastruktur verbessern. Aktuell gibt es 1.300 solcher Dörfer auf drei Kontinenten, auch Trainingszentren sollen entstehen. Barefoot College bildet hauptsächlich Analphabeten aus. "Bottom-up" ist die Devise. In den 1990-er Jahren entstand der zusätzliche Fokus auf Solarenergie. Genauso wichtig wie Nachhaltigkeit ist Gleichberechtigung. deshalb werden im Solarbereich nur Frauen mittleren Alters und Großmütter ausgebildet - die sogenannten Solar-Mamas.
Und dann wäre da noch der Ladenbesitzer in Delhi, der Straßenkindern Lesen, Schreiben und Rechnen beibringt, der Geldverleiher der einem Sechzehnjährigen Geld leiht, weil er dessen Businessplan vertraut, und, und und ...

Zurück nach Österreich: Seit vielen Jahren gibt es den Verein Connecting People, der Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vermittelt. Meine Frau und ich lernten mit seiner Hilfe unsere iranische Patentochter und unseren afghanischen Pflegesohn kennen. Das war vor etwa 15 bis 18 Jahren. Heute gehören sie mit ihren Familien zu unserem Leben. Diese Menschen sind fleißig, ehrlich und offen. Außer in ihrer Religion und in ihren Gebräuchen unterscheiden sie sich in nichts von uns gebürtigen Österreicherinnen und Österreichern. Wie eben die meisten bei uns lebenden Moslems. Sie gehören zu Österreich genauso wie ihre Religion. Und das seit Jahrhunderten.

Die Gegenbewegung besteht aber auch aus NGOs wie attac, SOS-Mitmensch. oder #aufstehn. Organisationen, die Menschlichkeit und Gemeinwohl hochhalten und verteidigen.

Selbstbestimmt, solidarisch, feministisch, ökologisch und gewaltfrei. Auch, wenn diese Werte in der politischen Auseinandersetzung kaum präsent sind, die Welt kennt und sucht sie. Wir Grünen, treten für sie ein, auch wenn uns derzeit ein kalter Wind ins Gesicht bläst.

Nochmal Martin Luther King:
"Jetzt ist die Zeit, die Gerechtigkeit zu einer Realität für alle Kinder Gottes zu machen."

Martin Luther Kings Traum lebt. Sorgen wir dafür, dass er Wirklichkeit wird. Jede/Jeder Einzelne gemäß ihrer/seiner Möglichkeiten. Auch wir in Biedermannsdorf mit unserem tralalobe-Haus.

Denn es ist immer "Jetzt"!

Karl Wagner

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