Donnerstag, 9. August 2018

Eine kleine Geschichte eines gelingenden Zusammenlebens

Im Pflegeheim Mödling mit unserem Enkel Baset. Wir sind zu dritt im Aufenthaltsraum. Baset spielt mit Holzbausteinen, schichtet sie aufeinander. Er sitzt an der Stirnseite des Tisches. Er scheint zu wachsen vor Stolz über die Bewunderung, die ihm von seinen Fans links und rechts von ihm zuströmt. Er ist unbestreitbar der Chef hier. Triumphierend sieht er im Kreis herum, als der Turm wieder um einen Stein höher wird. Man liegt ihm zu Füßen und er findet das auch ganz in Ordnung so.

Da wird eine Frau auf einer Liege herein gebracht, die ihm keine Beachtung schenkt. Die Frau ist sehr schwach und apathisch. Plötzlich interessiert ihn die Aufmerksamkeit all der anderen nicht mehr. Er hat nur noch Augen für diese Eine, die ihn ignoriert. Frechheit, wie kann das sein? Er rutscht von seinem Stuhl und geht zu ihr hin, steht mit großen Augen vor ihr. Dann sieht er mich an, zeigt auf das Bett und sagt eines der wenigen Worte, die er schon kann: "Da!" Ich nicke ihm ermutigend zu. Da streckt er seine Hand zu ihr hin. Sein Lächeln wirkt wie ein Lebenselixier auf die Frau. Plötzlich kommt Bewegung in diesen ausgemergelten Körper und ihr Gesicht zerfällt in tausend Fältchen als auch sie zu lächeln beginnt. Sie ergreift seine Hand. Jetzt lächeln beide. Schwer zu sagen, wer mehr strahlt.

Baset ist nicht unser leiblicher Enkel, sondern einer der beiden Söhne von Tamim, unseren afghanischen Pflegesohn. Die Kinder sagen Oma und Opa zu uns und für uns sind sie unsere Enkel. Sie stehen auf der langen Liste der Aktivposten unseres Engagements ganz oben.

1 Kommentar:

  1. Schöner Text. Was sagt er uns? "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...."

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