Freitag, 18. November 2016

Freundschaft mit dem Leben


Es hat was, in der Wiener Innenstadt zu arbeiten. Das internationale Flair der Großstadt, der Glanz
ihrer Geschäftsstraßen, ihre Kultur waren, während ich dort arbeitete, unverzichtbare Attribute
meiner Lebensqualität. Und doch wurde ich dort nie ganz heimisch. Mir fehlte das Grün. Die Weite.
Sah ich aus dem Fenster meines Büros, blickte ich auf eine graue Häuserwand. Verließ ich das
Gebäude, in dem ich arbeitete, ging ich durch eine Häuserschlucht, in der es den ganzen Tag nie
richtig hell wurde. Nicht jede Gasse ist eben ein Boulevard. Und das Flair der Großstadt kann sich
manchmal recht rar machen.
Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, als ich mit dem Bus die damals noch nicht gesperrte
Schönbrunner Allee aus Wien heraus fuhr und sich nach einem grauen Tag die grünen Felder vor
meinen müden Augen auftaten.
Manchmal waren sie natürlich auch gelb oder braun. Oder
lavendelblau. Oder auch weiß im Winter. Aber immer fühlte ich so etwas wie Freiheit. Und für die
kurze Zeitspanne des Wiedersehens nach einem langen Tag trat so mancher vom Büro
mitgeschleppter Ballast in den Hintergrund.
Mag sein, dass nicht alle so euphorische Gefühle haben, wenn sie Felder sehen. Aber die Natur zu
genießen, das Singen der Vögel, das Summen der Bienen zu hören oder einfach nur das Rascheln des
Windes in den Gräsern wird wohl von den Meisten als wohltuend empfunden. Das wird sichtbar,
wenn man die Gärten betrachtet. Bäume, Blumenbeete, Grünhecken, Stauden zeugen von der
Sehnsucht der Menschen die Natur zu sich nach Hause zu holen.
In den letzten Jahren ist zu dieser Sehnsucht jedoch noch ein wichtiger Gedanke dazu gekommen.
Nämlich die Sehnsucht nach Nachhaltigkeit und Echtheit. Mehr und mehr wird die Schönheit, die
Pestizide vermitteln als trügerisch erkannt, die tödliche Stille, die mit ihnen einhergeht als
beunruhigend empfunden.
Immer stärker tritt die Ansicht in den Vordergrund, dass es abseits der Nutzungsinteressen des
Menschen ein Recht auf Leben gibt.
Immer mehr rückt auch der Wunsch nach einer intakten Umwelt in unser Bewusstsein. Wir wollen
saubere Gewässer und es liegt uns fern, wegen unserer Balkonblumen das Klima zu schädigen, indem
wir Torf verwenden. Von unserer eigenen Gesundheit ganz zu schweigen. Die warnenden Stimmen
vor der Verwendung chemischen Pflanzenschutzes werden immer stärker wahrgenommen.
Daher – lehnen wir die Verwendung von Pestiziden, chemischem Dünger und Torf ab.
Schließen wir Freundschaft mit dem Leben.
Karl Wagner, Umweltgemeinderat.

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