Sonntag, 15. Dezember 2019

Auf der Suche nach Rechtfertigung.

Je deutlicher sich die Klimakrise ankündigt, je nachdrücklicher sich die seriöse relevante Wissenschaft weltweit in den politisch-gesellschaftlichen Diskurs einbringt, je zahlreicher die Anzeichen der Politik werden, sich nun doch aufzuraffen und zu handeln, desto aggressiver und manchmal fast schon panisch werden die Rückzugsgefechte der Verhinderer, Leugner und Lügner.

Armin Falk, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität in Bonn und Direktor des briq-Insituts (Institute on Behavior and Inequality – Institut für Verhalten und Ungleichheit) hat dazu eine Theorie, die mir angesichts eigener Erfahrungen logisch erscheint
.
Maßnahmen gegen die Klimakrise haben immer mit Kooperation zu tun. Denn der Einzelne muss sein Verhalten ändern, den Nutzen hat die Allgemeinheit. 
Klimafreundliches Verhalten ist daher besonders schwer für egoistisch veranlagte Menschen. Fühlen sie sich unter Druck gesetzt, suchen sie nach passenden Geschichten, um ihre egoistische Handlungsweise zu rechtfertigen. Vor sich und anderen.
Geschichten der Leugnung. Diese Geschichten sind wirkungsvoll und verbreiten sich von allein, weil sie egoistisches Verhalten entschuldigen.
Menschen wollen als gut dastehen - und trotzdem zum Beispiel ein SUV kaufen.
Das geht prima, wenn der Klimawandel gar nicht stattfindet oder das Auto mit "sauberem Diesel" fährt.

Geschichten der Verharmlosung. Der Klimawandel ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Folglich brauche ich mein Verhalten nicht zu ändern. Die Aussage ist insofern richtig, als die Wissenschaft tatsächlich nur Wahrscheinlichkeitsaussagen liefert. Aber die Handlungsfolge ist absurd.
Angenommen, Sie wüssten, dass sich der Wert einer Aktie mit 99,9 Prozent Wahrscheinlichkeit verzehnfacht und mit 0,1 Prozent ein wenig sinkt: Sie würden investieren.
Aber als Entschuldigung funktioniert es trotzdem: Ist ja nicht bewiesen!

Geschichten mit aufschiebender Wirkung. Klimaprobleme werden durch technologische Innovationen gelöst werden (Heilsversprechen eines Wunders). Es braucht eine internationale Lösung. Diese Geschichten sind auch deshalb so wirksam, weil sie im Kern richtig sind und inhaltlich von denen vertreten werden, die sich wirklich ums Klima kümmern.
Aber sie verhindern eben auch, dass wir gleich aktiv werden.
Genau das ist aber das Gebot der Stunde.

Geschichten der eigenen Hilflosigkeit. Ich kann allein ohnehin nichts ausrichten. Was nicht stimmt.
Wir sind Multiplikatoren, verändern Menschen in unserem Umfeld durch unser Verhalten.

Geschichten der Herabwürdigung. Hierzu zählen Bezeichnungen anderer als Gutmenschen, abgehobene Eliten oder schlicht Ökofaschisten.
Durch Diffamierung sollen klimafreundliche Ideen und Personen delegitimiert werden.
Der Widerstand gegen die "Panikmache" wird zum ehren- und ruhmvollen Akt erklärt.

Aus einem Gastartikel in „Die Zeit“ vom 21.11.2019
Karl Wagner

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