Sonntag, 25. Oktober 2020

Strom und Wärme aus Biedermannsdorf? Die Ausgangslage:

Unsere Gemeinderäte und der Gemeindevorstand wurden kürzlich von der EVN informiert, dass diese den Bau eines Biomasse-Heizkraftwerk am nördlichen Rand unseres Gemeindegebiets plant. Gegen diesen Standort gibt es einige Einwände. Aber für eine sachliche Diskussion ist das sorgfältige Abwägung aller Für und Wider unserer Ansicht eine unbedingte Voraussetzung. Da auch die EVN noch nicht mit einer detaillierten Planung begonnen hat, haben wir genügend Zeit, uns mit allen Aspekten dieses Projekts sachlich auseinanderzusetzen. Dazu soll dieses Posting und seine Fortsetzungen beitragen.

Die Ausgangslage:

Der Gemeinde kann man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorwerfen, die Bevölkerung nicht informiert zu haben, denn in dem Moment, wo sie das tut, muss sie damit rechnen, mit Fragen und zu ihrer Meinung dazu konfrontiert zu werden. Dazu müssen sich Gemeindevorstand und Gemeinderäte erst einmal schlau machen und ein eigenes Urteil bilden. In dieser Phase sind wir jetzt.

Die EVN plante bereits 2011 ein ähnliches Projekt an einem Standort im Gemeindegebiet von Vösendorf direkt neben der A2 (gelb eingezeichnet). Nach anfänglich positiven Verhandlungen mit der EVN hat dann  eine Gruppe Vösendorfer mit zumindest fragwürdigen Argumenten gegen den damaligen Standort mobilisiert und hat erreicht, dass Vösendorf die Asphaltierung eines Feldwegs verweigert hat. Damit war das Projekt für die EVN gestorben, da zu dem Kraftwerk mit LKWs zugefahren werden muss. Die selbe Gruppe pickt sich nun aus dem aktuellen Projekt Teilaspekte heraus, bläst diese teilweise zu Horrorszenarien auf, konfrontiert unsere unvorbereitete Bevölkerung damit und versucht so Stimmung zu machen. BiedermannsdorferInnen sollen sich aber unvoreingenommen ein eigenes Urteil bilden können und nicht von Außen manipuliert werden.

Der jetzt ins Auge gefasste Standort (rot eingezeichnet) liegt an unserer nördlichen Gemeindegrenze direkt an der Landesstraße L2007. Die Zufahrt ist somit gegeben, das Grundstück gehört bereits der EVN, und juristisch kann Biedermannsdorf Bau und Betrieb des Kraftwerks sowie auch die Zufahrt nicht verhindern. Wir können allerdings versuchen, im guten Einvernehmen mit EVN eventuelle negative Auswirkungen des geplanten Heizkraftwerks möglichst zu vermeiden. Die EVN scheint zu solchen Gesprächen bereit zu sein.

Wir werden weiterhin Strom brauchen und unsere Wohnungen heizen wollen. Österreich will 2040 klimaneutral sein und 2030 seinen Strombedarf zu 100% aus Ökostrom decken. Dazu ist ein vollständiger Ausstieg aus Ölheizungen bis 2035 und das Verbot von Gaskesseln im Neubau ab 2025 geplant. Wir müssen auch unsere Abhängigkeit von Russland und den Nahost-Staaten verringern.

Also müssen wir die Energiewende schaffen und von der Verbrennung fossiler Brennstoffe hin zur  Nutzung nachwachsender Rohstoffe kommen. Wenn wir reinere Luft haben wollen, müssen wir weg von vielen Heizungen in privaten Haushalten hin zu größeren Anlagen, weil nur bei diesen der enorme Aufwand möglich ist, der für die Steuerung einer optimalen Verbrennung und die optimale Reinigung der Abgase erforderlich ist.

Ein Heizkraftwerk, das Abfälle aus der Forstwirtschaft zur Erzeugung von Strom und Wärme verwendet und in dem die Abgase bestmöglich gereinigt werden, stellt aus unserer Sicht die sauberste und nachhaltigste Lösung dar, um uns auch in Zukunft sicher mit Strom und Wärme zu versorgen und viele ältere, umweltschädlichere Heizungen zu ersetzen.

Es geht jetzt also nicht darum, einfach “dafür” oder “dagegen” zu sein, sondern in aller Ruhe die optimalste Lösung für unsere ökologisch verträgliche und zukunftssichere Versorgung mit Wärme und Strom zu finden. 

Weiter zu: Stromerzeugung und -verbrauch - ein Bilanzproblem.

5 Kommentare:

  1. Nicht zu Unrecht zeigt das Eingangsfoto ein Baby. Ich als "Alter" habe keine persönlichen Vorteile vom Klimaschutz. Sollte ich noch 20 Jahre leben, was ich annehme, werde ich die ersten Auswirkungen der jetzt getroffenen Maßnahmen spüren. Könnte sein, dass ich dann die Hitze nicht ertrage, könnte auch sein, dass ich fit genug bin, um überleben zu können. für meine Echte Sorge habe ich um meine Lieben, die nach mir die Konsequenzen unseres Handelns oder Nichthandelns tragen werden müssen. Für die Jüngeren unter uns, für die die jetzt im Berufsleben stehen sieht die Sache anders aus. Sie werden wohl selbst stark betroffen sein.

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  2. Meine Frage lautet: Wer wird mit der erzeugten Energie (Strom und Wärme) beliefert?
    Wenn Biedermannsdorf durch das Werk belastet wird, soll es auch dessen Nutzen erhalten. Wie ist die Verwertung geplant?

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    1. Danke für diese sachliche Frage.
      Wer wird beliefert? Natürlich ist es nicht so, dass der Strom und die Wärme an einen oder einzelne, lokalisierbare Verbraucher geliefert wird. Sowohl Strom als auch Wärme werden in die entsprechenden Verteilnetzte eingespeist. Das Fernwärmenetz der EVN reicht etwa von Perchtoldsdorf im Norden bis Baden im Süden mit einem Schwerpunkt im Bezirk Mödling. Natürlich liegt auch Biedermannsdorf in diesem Schwerpunktbereich und wäre damit, wenn man so will, Teil eines nicht näher definierbaren „Kundenkreises“ für die im Heizkraftwerk erzeugte Energie. Auch die Transportverluste in Fernwärmeleitungen sprechen dafür, dass insbesondere die erzeugte Wärme, die ja den weit größeren Teil der insgesamt erzeugten Energie ausmacht, im näheren Umfeld abgenommen wird – was immer das konkret heißt.

      Nun gilt es, Belastungen und Nutzen gegeneinander abzuwiegen. Gehen wir davon aus, dass das geplante HKW Wärme für etwa 15.000 Haushalte erzeugt. Die heizen entweder mit einzelnen Öfen, mit Gasthermen oder im Fall von größeren Wohnblocks (wie etwa bei uns die Parkstrasse) mit entsprechenden Zentralheizungsanlagen. Verheizt wird dort zum Großteil nicht CO2-neutrale Biomasse, sondern hauptsächlich Öl oder Gas. Bei Einzelöfen werden die Abgase überhaupt nicht gefiltert, und auch bei Zentralheizungsanlagen kann man sich keinen großen Aufwand für die Abgasreinigung leisten. So entsteht durch diese Individualheizungen eine bestimmte Menge Abgase und Feinstaub, die die Luft belasten. Wenn nun bei Neubauten oder sukzessive auch bei Bestandsgebäuden derartige Heizanlagen durch ein HKW ersetzt werden, in dem ein hoher Aufwand für die Steuerung der Verbrennung und die Abgasreinigung getrieben wird, wird dadurch in Summe die Umwelt weniger belastet. Nutznießer dieser geringeren Umweltbelastung wären also alle, die in diesem Bereich wohnen und arbeiten.

      Jetzt könnte man noch sagen: Ja, in den vielen kleinen Heizanlagen wird ja der Feinstaub räumlich verteilt erzeugt, während er bei einem Heizkraftwerk zentral an einer Stelle anfällt. Das ist zwar richtig, was die Emissionen betrifft, aber für Umwelt und Gesundheit sind die Immissionen entscheidend. Und da Feinstaub, egal wo er erzeugt wird, sich sehr großräumig verteilt, also nicht an der Stelle der Entstehung konzentriert bleibt, kommt es eigentlich nur auf die Menge des erzeugten Feinstaubs an. Und die ist bei einem HKW eindeutig geringer als bei den vielen dadurch ersetzten Einzelanlagen.

      Welche andere Belastungen gibt es? Natürlich auch durch die Anlieferung der benötigten Hackschnitzel. Aber auch hier gilt: Der Verkehr ginge ja nicht nur durch Biedermannsdorf, sondern die Belastung verteilt sich auf das gesamte Gebiet, das von den LKWs durchfahren wird. Natürlich gäbe es diesen zusätzlichen Verkehr nicht ohne ein HKW. Aber man kann das schon in Relation sehen zu den etwa 12.000 bis 17.000 LKWs, die täglich bei uns auf der A2 unterwegs sind. Und dann kann man sich schon die Frage stellen: Welchen Nutzen (für die Umwelt) stiften diese 12.000 bis 17.000 LKWs in Relation zu dem indirekten Umweltnutzen, den jene 10-15 LKWs stiften, die Hackschnitzel zum Heizkraftwerk bringen.

      Hoffentlich sind die Fragen nun zufriedenstellende beantwortet. Was war mit „Verwertung“ gemeint?

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  3. Ich verstehe die Argumente, dass wir ein Biomasse-Heizkraftwerk benötigen um die Co2 Immissionen zukünftig zu senken. Ich sehe sogar ein, dass es für die Bundes- bzw. Landespolitik wichtig ist, darauf zu achten, dass damit das Ziel erreicht werden kann, zukünftig viele kleine Öl- bzw. Gasheizungen zu ersetzen. Ich sehe allerdings überhaupt nicht ein, warum dafür eine Naturbelassene Fläche verbaut werden soll, warum der Standort nicht in einem Industriegebiet liegen soll und warum unsere Gemeinderäte sich nicht intensiv für die Anliegen Ihrer Gemeindebürger einsetzen. Es macht vielmehr den Anschein, dass hier demütig der Kopf in den Sand gesteckt wird, bis es zu spät ist. Und das ärgert mich wirklich.

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    1. Danke für Ihren Kommentar. Mit dem derzeit gewählten Standort ist wahrscheinlich niemand restlos glücklich, und die grünen Gemeinderäte schon gar nicht. Andererseits möchte ich daran erinnern, dass Biedermannsdorf juristisch gegen den Standort nichts unternehmen und die EVN dort bauen kann, sobald ihr der Grund gehört und sie alle nötigen Bewilligungen eingeholt hat. Wir halten es für besser, nicht mit der EVN auf Konfrontationskurs zu gehen, sondern in Verhandlungen eine möglichst wenig belastende Lösung zu finden. Das könnte etwa darin bestehen, dass wir erreichen, dass die Anlieferung der Hackschnitzel auf Routen erfolgt, die Wohngebiete möglichst wenig belasten. Die EVN ist zu Gesprächen und Entgegenkommen bereit.

      Zur Versiegelung: Auch das tut uns weh. Aber man kann auch das in einen größeren Zusammenhang stellen und beispielsweise fragen: Wäre es besser, so ein Heizkraftwerk in ein bereits versiegeltes Ortszentrum zu stellen – wie das ja in Mödling der Fall ist? Ein Standort direkt neben der A2, der aus dieser Sicht sicher umweltverträglicher gewesen wäre, wurde ja vor Jahren von Vösendorf verhindert. Und Standorte im Industriegebiet existieren entweder schon (IZ Süd) oder wären, etwa im kommenden Ökopark Wiener Neudorf, für die EVN viel zu spät realisierbar. Dazu kommt, dass der ursprüngliche und auch der jetzt geplante Standort günstig in Relation zu dem Einspeisepunkt in das EVN- Fernwärmenetz liegt.

      Man kann auch berücksichtigen, wofür versiegelt wird: Für zwei für Biedermannsdorf überdimensionierte Supermärkte inklusive Parkplätzen am Ortsrand, für eine neun Meter breite Sackgasse als Zufahrt zu einigen Einfamilienhäusern, oder für ein Heizkraftwerk, durch das die Feinstaubbelastung im Umfeld verringert werden kann.

      Die meisten Dinge sind nicht entweder schwarz oder weiß. Das macht die Welt leider kompliziert und das Finden von Kompromissen erforderlich. Kompromisse müssen aber nicht immer faul sein, sondern können im besten Fall eine optimale Lösung vor alle Betroffenen darstellen.

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