Donnerstag, 27. Oktober 2016

Anmerkungen zu Gemeinwohlökonomie

 

Nachdem im „Standard“ vom 16. April ein haarsträubender Kommentar von Erhard Fürst (immerhin Chefökonom der Industriellenvereinigung) zur Gemeinwohlökonomie  erschienen ist, sind in weiterer Folge zwei andere Artikel (hier und hier) zum Thema, allerdings nicht als direkte Replik darauf, publiziert worden.

Ich möchte hier auf einige Argumente von Erhard Fürst eingehen, die er in seinem Artikel gegen Gemeinwohlökonomie vorbringt:

„Felber´s Konzept beruht auf Abschottung (z.B. Außenhandel nur mit Ländern mit
vergleichbaren Standards, strenge Beschränkung der Kapitalverkehrsströme, Verhinderung von Auslandsinvestitionen),…...“
Stimmt nicht, nur: Länder mit laxeren Standards bei Umweltschutz, Arbeitsrecht usw. sollen nicht dafür belohnt werden, dass sie auf Kosten der Umwelt oder ihrer Beschäftigten billiger produzieren und lokale Produzenten ruinieren. Daher: Gegensteuern durch entsprechende Einfuhrzölle o.ä. Das würde nicht nur die heimische Wirtschaft vor unlauterem Wettbewerb schützen, sondern diese Länder vielleicht auch dazu motivieren, ihre Standards anzugleichen (und zwar nach oben!). Sicherlich würden sich viele Produkte dadurch verteuern. Aber müssen wir tatsächlich unseren überbordenden Konsum auf dem Rücken von Kinderarbeitern und Lohnsklaven ausleben? Brauchen wir wirklich jedes Jahr das neueste Smartphone, T-Shirts, die im Großhandel um unter 1 Euro gehandelt werden oder schicke Sportschuhe von Nike und Co. um 70.- Euro, von denen weniger als 1 Euro bei den produzierenden ArbeiterInnen und der Löwenanteil bei internationalen Konzernen bleibt, die sich noch dazu schamlos ihrer Steuerpflicht entziehen? Wozu die unbeschränkten Kapitalverkehrsströme verwendet werden, sieht man gerade jetzt an den Panama- Papers. Und das Verbot von Auslandsinvestitionen ist nirgends zu finden. Wenn allerdings ein heimisches Unternehmen Produktion in ein Billiglohnland oder ein Land mit laxeren Umweltbestimmungen  verschiebt, also dadurch lokal Arbeitskräfte abbaut, soll dieser Schaden für das Gemeinwohl (steigende Arbeitslosigkeit) durch eine schlechtere Gemeinwohlbilanz und z.B. höhere Besteuerung ausgeglichen werden.

„...Vergesellschaftung von Unternehmen (z.B. strenge Kontrolle der Businesspläne der Unternehmen auf Gemeinwohlkompatibilität, Verstaatlichung aller größeren Unternehmen,….“
Stimmt so nicht, aber: Wirtschaft soll kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zum Zweck der Hebung des Allgemeinwohls sein. Daher ist es aus dieser Sicht logisch, die Auswirkungen der Tätigkeit eines Unternehmens auch unter diesem Aspekt zu beurteilen und gemeinwohlförderndes Wirtschaften z.B. durch Steuer- oder Investitionsbegünstigungen zu honorieren. Auch von Verstaatlichung ist nirgends die Rede, aber: Die Situation „too big to fail“ ist unbedingt zu vermeiden, weil das im Krisenfall  immer auf Kosten der Allgemeinheit geht.

„...Abschaffung des Wettbewerbs und des Marktes…..“
Stimmt nicht: Im Gegenteil, der Markt würde durch Sanktionierung gemeinwohlschädigenden und Förderung gemeinwohlfördernden Verhaltens gerechter und dadurch besser (zum Wohl der Bevölkerung) funktionieren.

„….Zerstörung des Finanzmarktes (z.B. Reduktion der Banken auf reine Sparkassentätigkeit und Kreditvergabe an die Realwirtschaft)…...“
Ja, das ist ausnahmsweise mal richtig- und was soll daran schlecht sein? Wenn jemand zocken will, soll er Monopoly spielen bzw. soll der reine Finanzmarkt, in dem Geld als Ware betrachtet und der Religion anhängt wird, dass aus reiner Spekulation Geld (=reale Werte) geschaffen werden können, komplett von der Realwirtschaft und damit von den Auswirkungen auf das Gemeinwohl isoliert werden. Wenn eine Bank bei der Vergabe eines Kredits die Besicherung daraufhin prüft, ob das nicht vielleicht der Anfang von Geldwäsche sein könnte, so findet das bei seriösen Banken schon jetzt statt. Und wenn bei den Kreditzinsen auch berücksichtigt wird, welche Auswirkungen die damit zu finanzierende Investition auf das Allgemeinwohl hat oder z.B. keine Kredite an Waffenproduzenten oder Umweltsünder vergeben werden, so ist das auch kein Schaden für die Allgemeinheit und wird z.B. von Ethikfonds heute schon so gehandhabt.

Heinz Melion

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