Montag, 17. April 2017

Klimasplitter - Schäden und Kosten, Fakten und Szenarien - Folge 2

Unsere Taten heute bestimmen das Leben in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten.
Fortsetzung des Beitrags "Schäden und Kosten, Fakten und Szenarien - Folge 1

Fertigung und Handel
Schon heute weiß man, dass bedingt durch den Klimawandel in der Sparte Fertigung und Handel in naher Zukunft die Produktivität der Arbeitnehmerinnen betroffen sein wird, was in Folge Produktionsverluste in Millionenhöhe verursachen könnte.

Geschätzte jährliche Schäden zwischen 2016 und 2045:
  • bei moderater Temperaturerhöhung:  2 Millionen Euro.
  • bei starker Temperaturerhöhung:     14 Millionen Euro.
Die stärksten Produktivitätsverluste sind in Wien, dem nördlichen und südlichen Wiener Umland sowie im Nord- und Mitttelburgenland zu erwarten. An Einzeltagen können die Leistungseinbußen bei Außenarbeiten hier bis zu 80 Prozent erreichen.


Büroarbeiten könnten vorwiegend nur mehr in Räumen möglich sein, die durch Klimaanlagen gekühlt werden. Es wird also zu einem starken Anstieg der Benutzung von Klimaanlagen kommen. Das wiederum könnte durch vermehrte Spitzenlasten die Stabilität des Stromnetzes gefährden. 

Szenario Sommer 2047
Seit Wochen sinkt die Tagestemperatur nicht unter 30° C. In der Kanzel des Kranfahrers Harald Huber am Gelände des Sägewerks herrschen Temperaturen von 40° C und darüber.Aufgrund der Hitze benötigt Harald Huber viel mehr Pausen als sonst. Dazu kommt, dass seine Konzentration unter der Hitze extrem leidet - die Gefahr von Fehlern steigt und somit auch das Risiko für Schäden. Wie Harald Huber in der holzverarbeitenden Wirtschaft geht es tausenden Arbeiterinnen und Arbeitern, die sich im Freien aufhalten müssen, in diesem Sommer.

Landwirtschaft
Gesamtschaden für die Landwirtschaft nach Extremwetterlagen 2013:
240 Millionen Euro.
Mögliche Schäden aus Rückgängen bei der Bestäubungsleistung durch Insekten und der biologischen Schädlingskontrolle durch Nützlinge:     100 Millionen Euro.

Szenarien:
In manchen Regionen wird das für Pflanzen verfügbare Wasser der limitierende Faktor werden. Dürreszenarien für 2040 zeigen, dass Ernteverluste von 30 % und mehr in manchen Jahren zu erwarten sind. Diese Verluste treffen das nördliche und südliche Burgenland am stärksten. Ernteverluste von bis zu 10 % sind auch für die Südsteiermark, das Mühlviertel und Teile Kärntens in trockenen Jahren zu erwarten.
Bei einem moderaten Szenario für 2065 mit einer Niederschlagsabnahme von ca 15 % im Sommer würden Dürren in Österreich deutlich ansteigen und alle vier Jahre auftreten. Durch das frühere Einsetzen der Vegetationsperiode und die höhere Verdunstung wird der Bodenwasservorrat im Sommer früher aufgebraucht, was eine Zunahme bewässerter Flächen wahrscheinlich macht.
Im Osten Österreichs könnten fehlende Grundwasserreserven die Bewässerung erschweren.  Klimawandelbedingte Investitionskosten für eine Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen würden auch den finanziellen Druck erhöhen. Konflikte rund um die Ressource Wasser sind vorprogrammiert.

Um die Nachteile von künstlicher Bewässerung in der Zukunft zumindest teilweise ausgleichen zu können wären Bauern im Osten gut beraten, auf einen raschen Humusaufbau zu achten. Humusreiche Böden können mehr Wasser speichern. Zusätzlich binden solche Böden verstärkt Kohlenstoff und tragen so zum Klimaschutz bei.

Forstwirtschaft
Der Ertragswald Österreichs besteht heute zu mehr als 50 % aus Fichten. Davon sind viele Bestände außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes zu finden - wie im Nord-Osten und auch im Süden Österreichs. Diese Waldbestände sind besonders anfällig für den Befall durch Borkenkäfer, da diese im warm-trockenen Klima die optimalen Lebensbedingungen vorfinden.

Holzbefall durch Borkenkäfer in Österreich seit dem Jahr 2000:             20 Mio. Festmeter.
Gesamtschaden bei Preisabschlägen seit dem Jahr 2000:                       500 Mio. Euro.

Szenarien:
Die Fichte als Flachwurzler ist sehr anfällig für Störungen durch Trockenheit und Sturm. Das heißt, schon unter heutigen Klimabedingungen ist die Fichte in der Südsteiermark, im Weinviertel und im nördlichen Burgenland ungeeignet. Mittelfristig werden sich die ungeeigneten Standorte für Fichten noch weiter ausdehnen, und zwar auf den Donauraum, das nördliche Alpenvorland und das Klagenfurter Becken. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird es auch in Teilen des Mühl- und Waldviertels für die Fichte eng.
Von großer Bedeutung wird die Schutzfunktion der Wälder in der Zukunft.

Geschätzte Jährliche Investitionen in den Schutzwald:                             
in den kommenden 25 Jahren   85 Mio. Euro.
um die Jahrhundertmitte         134 Mio. Euro.

Tourismus
Ausfälle im Wintertourismus sind zu befürchten und können von der heimischen Tourismusbranche nur durch den Fokus auf einen Ganzjahrestourismus aufgefangen werden.
Im Jänner 2014 rutschten die Preise im unter 800 Meter gelegenen Gosau in Hallstatt um bis zu 50 % nach untern. Ein finanzielles Desaster für die Region.
In diesem Winter stiegen die
Arbeitslosenzahlen in den Fremdenverkehrsberufen um 27.8 %

Szenarien:
Jährliche Einbußen in Millionenhöhe sind zu befürchten, wenn die Tourismuswirtschaft nicht auf die geänderten klimatischen Bedingungen reagieren.
Für den Zeitraum zwischen 2036 und 2065 wird es bereits bei einem moderaten Klimawandel zu einem
Minus im Wintertourismus von mehr als einer Million Übernachtungen jährlich kommen.

Auch wenn für den Sommertourismus unter gleichen Annahmen ein Plus von rund 500.000 Übernachtungen jährlich erwartet wird, kommt es in dieser Periode zu einem durchschnittlichen

Gesamtverlust für den Tourismus von 210 Millionen Euro pro Jahr.

Das kommt auch daher, dass ein Wintertourist zu einem rund doppelt so hohen Umsatz führt als ein Sommertourist.

Um den gesamtösterreichischen Tourismus in Zukunft positiv zu haltne, müsste vor allem ein Fokus auf den Städtetourismus gelegt werden. Wichtig dabei ist, dass man auf nachhaltige Angebote Wert legt und auch Nebensaisonen mitberücksichtigt.

Hochwasserschäden

2002: 3,0 Milliarden Euro
2005: 0,3 Milliarden Euro
2013: 2,2 bis 3 Milliarden Euro
durchschnittliche jährliche Hochwasserschäden zwischen 1981 und 2010 : 200 Millionen Euro

Es herrscht weitgehende Übereinstimmung, dass durch den Klimawandel Intensität und Häufigkeit von Hochwasserereignissen zunehmen werden.
Prognosen von jährlichen Schadenssummen:

2016-2045: zwischen 300 und    900 Millionen Euro
2036-2065: zwischen 400 und 1.800 Millionen Euro

Szenario um 2050
Größtes Hochwasser, das jemals in Österreich aufgezeichnet wurde. Die Hauptverkehrsadern im Alpenvorraum stehen teils unter Wasser, in besonders exponierten Bereichen sind sie teils unterspült. Kleine, Flüsse haben sich zu großen Strömen entwickelt, Bäche sind reißend aus den Ufern getreten. Ein Viertel der Bevölkerung ist direkt oder indirekt betroffen. Direkt weil eigene Wohn- oder Arbeitsorte temporär nicht benützbar sind, indirekt, weil Versorgungsleistungen ausbleiben oder Reispläne verändert werden mussten. Die ersten Schadenssummen werden mit an die 7 Mrd. Euro beziffert. Auch das BIP geht in diesem Jahr deutlich zurück. Aufgrund der sinkenden Steuereinnahmen und der hohen Ausgaben für die Schadenskompensation aus dem Katastrophenfonds muss eine geplante Steuertarifreform verschoben werden.

Dieser Beitrag beruht auf den Informationen einer Broschüre aus dem Forschungsprojekt Cost of Inaction (COIN). Für den Inhalt verantwortlich:
Alpen-Adra-Universität Klagenfurt-Wien-Graz
Umweltbundesamt Wien
Climate Change Centre Austria, Graz
Universität Graz
Environmental Defense Fund, Cambridge, MA, USA

Karl Wagner

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