Dienstag, 3. Oktober 2017

Steuerlügen und Wahlversprechen

Rattenfänger von Hameln
Vorsicht Falle: Die Steuerlüge
  • Mehr netto vom brutto? Klingt doch gut. Zweifellos!
  • Bezieher niedriger Einkommen und der Mittelstand sollten steuerlich entlastet werden? Richtig super!
  • Wohlstand muss stets das Ergebnis von Arbeit sein!
Diese Ziele sind sicherlich zu unterstützen. Allerdings werden im laufenden Wahlkampf Wähler oft bewusst getäuscht, indem Maßnahmen vorgeschlagen werden, die das Gegenteil erreichen. Und dazu wird noch behauptet, Spitzenverdiener und Besitzer größerer Vermögen trügen ohnehin einen Großteil zur Staatsfinanzierung bei und dürften unmöglich weiter belastet werden. Die Realität sieht anders aus:

Betrachtet man die Gesamtbelastung durch Steuern und Abgaben für verschiedene Einkommensschichten, so zeigt sich:
  • Haushalte mit den geringsten Einkommen (die untersten 10%) tragen mit 40% ihres Einkommens zum Gemeinwohl bei
  • Haushalte mit den höchsten Einkommen (die obersten 10%) liefern 44% davon für das Gemeinwohl ab, also nur unwesentlich mehr.
Die Belastung durch Steuern und Abgaben ist also für alle unselbstständig Beschäftigten in etwa
gleich hoch. Karl Bruckner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht daher sogar von „einer Flat Tax mit Freibetrag für hohe Einkommen“ (Format 11.9.2008).

Von einer Kürzung der Lohnsteuer allein würden etwa 40% der Unselbstständigen nichts spüren, da sie so wenig verdienen, dass sie ohnehin keine Lohnsteuer zahlen. So haben auch von der Steuersenkung 2009 nennenswert nur die Bezieher höherer Einkommen profitiert:
  • Die ärmsten 30% der Bevölkerung besitzen kein Vermögen und sind  Nettoschuldner
  • 50% der Bevölkerung besitzen weniger als 2,5% des Gesamtvermögens
  • die reichsten 3% der Bevölkerung besitzen genau so viel Vermögen wie die restlichen 97%
Diese ungleiche Vermögensverteilung wird durch unser Steuersystem weiter erhöht:
  • 90% der Bevölkerung darf mit bloß 34% Wahrscheinlichkeit auf eine Erbschaft in Höhe von durchschnittlich 120.000 Euro hoffen.
  • Die reichsten 5% erben mit einer Wahrscheinlichkeit von 76% ein Vermögen von durchschnittlich 800.000 Euro.
  • Das reichste Prozent erbt durchschnittlich 3,3 Millionen Euro.
Seit 2007 stellt die ÖVP den Finanzminister. Nach einer Studie der OECD aus 2015 sind die inflationsbereinigten Einkommen von 2007 bis Anfang 2015 in Österreich trotz Wirtschaftswachstum um 2,2% gesunken, im OECD- Gesamttrend jedoch um 8,1% gestiegen. Von diesem Einkommensrückgang in Österreich waren hauptsächlich Menschen mit geringen bis mittleren Gehältern betroffen.

Dichtung und Wahrheit: Im aktuellen Wahlprogramm der ÖVP heißt es: „Wir bekennen uns dazu, dass jene, die viel leisten und mehr verdienen, überproportional zu unserem Sozialstaat beitragen. Wohlstand muss daher stets das Ergebnis von Arbeit und nicht von Umverteilung sein.“ Allerdings: „Viel leisten“ und „mehr verdienen“ gehen oft nicht Hand in Hand, und ein Wohlstandsgewinn durch Erbschaft ist nicht das Ergebnis von (eigener) Arbeit, sondern von Vermögensumverteilung.

Die Weiterführung der bisherigen Steuer- und Abgabenpolitik, die Realisierung des Wahlprogramms der neuen ÖVP würde daher die bestehenden Ungleichheiten fortsetzen und verstärken. Dem gegenüber fordern die Grünen ein gerechtes Steuer- und Abgabensystem, von dem 90% aller Steuerpflichtigen profitieren:
Zum Grünen Steuermodell

Zum Abschluss: Natürlich sind auch die Grünen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld. Eine hohe Abgabenquote ist aber für sich nichts Negatives, solange die Staatseinnahmen dafür verwendet werden, die Lebensqualität eines Großteils der Bevölkerung zu verbessern, anstatt im föderalen Kompetenzdschungel, in undurchsichtigen Förderungen oder verschleierter Klientelpolitik zu versickern.

Und ganz zuletzt: Siehe dazu auch dieses Interview mit Hans Peter Haselsteiner in der "Presse"und diesen Artikel "Ist die Erbschaftssteuer unfair?" von Niko Kowall.

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