Mittwoch, 21. März 2018

Die Mähr vom Nulldefizit



Wir kennen die ewige Behauptung: „Man kann nicht mehr ausgeben als man einnimmt – das weiß jede Hausfrau“. Mit diesem Argument will uns die derzeitige Regierung ihr Sparprogramm verkaufen. Aber das Argument ist falsch. Und schlimmer noch: Die, die uns das einreden, wissen ganz genau, dass es falsch ist. Das macht die Sache nur noch schlimmer.

Denn wenn die „Hausfrau“ Geld ausgibt, ist das zum allergrößten Teil für den unmittelbaren Konsum (Miete, Strom, Gas, Lebensmittel usw.). In der Regel wird, wenn überhaupt, nur ein kleiner Teil überbleiben, der dann gespart wird und so länger bleibende Werte schaffen kann.

Aber wenn der Staat Schulden macht, um zum Beispiel ein Krankenhaus zu bauen, steht den momentan aufgenommen Schulden ja später der Wert des Krankenhauses gegenüber. Und das ist nicht nur der monetäre Wert, sondern auch der Wert, den es für die Verbesserung der ärztlichen Versorgung und für eine höhere Lebensqualität bietet. Außerdem entstehen Arbeitsplätze und der Staat bekommt zusätzliche Steuereinnahmen. Und von dem Krankenhaus profitieren nicht nur wir heute, sondern auch noch die nächste Generation. Daher ist es nicht ungerecht, wenn auch sie zur Rückzahlung der aufgenommenen Kredite beiträgt.

Auch die oft genannten 33.000 Euro Schulden, die jedes Neugeborene statistisch “erbt”, sind nur die Hälfte der Wahrheit. Denn das Kind erbt auch Vermögen: Die Klinik, in der es zur Welt kommt, die Gesundheitsversorgung, die es genießen, Kindergarten und Schule, die es besuchen wird, und die Sicherheit, in der es aufwachsen kann. All das ist, wenn man sich umsieht, global bei weitem keine Selbstverständlichkeiten und wurde weitgehend staatlich finanziert.

Wenn uns also vorgerechnet wird, dass die Staatsverschuldung in den letzten Jahren so gestiegen ist, stimmt das zwar – aber im gleichen Zeitraum sind zusätzliche Schulen, Kindergärten, Spitalsbetten, bessere Straßen usw. gebaut, sind wir also reicher geworden. Der Staat gibt also Geld aus und nimmt Schulden auf, um uns im wahrsten Wortsinn „Wohl-habender“ zu machen. Kürzt der Staat hingegen seine Ausgaben und Kreditaufnahmen, wird uns das alle ärmer machen – auch unsere Kinder.

Natürlich ist nicht jedes staatliche Schuldenmachen gut und jedes Sparen schlecht. Aber die einfache Hausfrauenrechnung stimmt für eine Volkswirtschaft einfach nicht. Wir sollten daher genau hinschauen, wofür der Staat Geld ausgibt, das nicht der Lebensqualität der Bevölkerung zugute kommt: Etwa in überbordendem Föderalismus, in ineffizienten Schul- und Gesundheitssystemen. Wir sollten genau hinschauen, wo er auf leicht lukrierbare Einnahmen verzichtet: Etwa auf Finanztransaktionssteuern, auf Vermögenssteuern, die dem EU- Durchschnitt entsprechen, oder auf Erbschaftssteuern, die 95% der Bevölkerung ungeschoren lassen. Und wir sollten auch schauen, wo er zum Nachteil unserer Kinder und Enkel zu wenig Geld ausgibt: Etwa für die Bekämpfung der Klimaerwärmung, für die erforderliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation, die für eine lebenswerte Zukunft dringend erforderlich wäre.

Der Vergleich mit der Hausfrau ist einfach, aber falsch. Die Welt ist leider ein wenig komplizierter, als uns die Verkäufer einer solchen einfachen Wahrheit einreden wollen. Das wissen diese Verkäufer auch. Zeigen wir ihnen daher bei jeder Gelegenheit die rote Karte! Lassen wir uns nicht verschaukeln!

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