Mittwoch, 12. Juli 2023

Rückkehr zum Sparbudget?

Die Finanzminister Österreichs und Deutschlands, Magnus Brunner und Christian Lindner, sind nach der durch Corona und den Ukrainie Krieg ausgelösten lockeren Geldpolitik der EZB für die möglichst rasche Wiederbelebung einer strengen „Staatsschuldenbremse“. Aber das würde die ohnehin nur dahindümpelnde Wirtschaft weiter in eine Rezession treiben.

Denn: Eine Volkswirtschaft kann nur wachsen, wenn irgendwer sich verschuldet, um mehr als bisher einzukaufen, so dass mehr als bisher verkauft werden kann. Zwar ist es optimal, wenn die Konsumenten mehr einkaufen – nur steht dem in der EU die „Lohnzurückhaltung“ extrem im Weg. Lange haben auch Unternehmer mehr eingekauft – aber nur, wenn sie mehr Absatz erwarten konnten und das können sie nicht, wenn die Löhne zurückgehalten werden und der Spar-Pakt den Staat beim Einkaufen bremst.

Was hat die Sparpolitik der EU, insbesondere Deutschlands und auch Österreichs, bisher angerichtet? Sie hat Militär und Rüstungsindustrie der EU kaputtgespart. Sie lässt Spitäler rundum kränkeln, weil auch Gesundheitsausgaben sich für nicht gleich wahrnehmbares Sparen geeignet haben. Kaum minder gefährlich äußert sich staatliches Sparen bei Schulen und Universitäten und im Rückstand bei Digitalisierung und KI. Entscheidend behindert hat sie das Wirtschaftswachstum: War die Wirtschaftsleistung (das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf) der Eurozone 2009 nach der Finanzkrise um 9.615 Dollar geringer als die der USA, so hat sich dieser Abstand mit dem Spar-Pakt bis 2021auf 27.797 Dollar fast verdreifacht (Quelle und Details hier).

Die von Deutschland durchgesetzten Maastrich-Kriterien und die in Deutschland (und teilweise auch bei uns) durchgesetzte Lohnzurückhaltung, bei der die Löhne nicht mehr mit der Produktivität mitwuchsen, hat Deutschland zum „Exportweltmeister“ gemacht und die deutsche und auch österreichische Wirtschaft im Wettbewerb gestärkt, aber die Bevölkerung und die Volkswirtschaften vieler anderer Euro-Staaten in wirtschaftliche Probleme gebracht (mehr dazu hier).

Die von ihren Anhängern, z.B. Kanzler Nehammer und Finanzminister Brunner befürwortete   Austeritätspolitik stellt bloß Einnahmen und Ausgaben einander gegenüber und lässt  durch staatliche Investitionen (Schulden) geschaffenes Anlagevermögen total unberücksichtigt. Eine solche Betrachtung eignet sich für Milchmädchen und Hausfrauen, aber Kanzler und Finanzminister sollten es eigentlich besser wissen - und wüssten es vielleicht auch, wenn sie ihre ideologische Brille ablegten.

Ein geldpolitisch souveräner Staat, der seine eigenen Banknoten druckt und seine eigenen Münzen prägt, kontrolliert damit die Menge an umlaufendem Bargeld. Ein solcher Staat kann sich nicht verschulden, indem er mehr Geld ausgibt als er einnimmt, also die Notenpresse anwirft.

Dazu ein simples Beispiel:

Ein fiktiver, geldpolitisch souveräner Staat mit eigener Währung (z.B. Plumps) will ein großes Spital um 200 Millionen Plumps bauen. Er kann die Notenpresse anwerfen, Bargeld im Wert von 200 Millionen Plumps drucken und damit den Spitalbau durch einheimische Firmen und einheimische Arbeiter finanzieren.

Hat er damit Schulden gemacht? Bei wem denn? Also nein, keine Schulden, niemand muss diese 200 Millionen Plumps jemals zurückzahlen. Der Staat hat nur die Geldmenge erhöht, die in die reale Wirtschaft geflossen ist.

Wenn das Spital fertig ist, hat er keine 200 Millionen Plumps Schulden, aber trotzdem ein Spital um 200 Millionen im Anlagevermögen. Während des Baus und auch danach gibt es zusätzliche Arbeitsplätze, verdienen Menschen Geld, das sie wieder ausgeben. Und auch die beteiligten Firmen haben nicht nur Umsatz, sondern hoffentlich auch Gewinne gemacht, die sie wieder in die reale Wirtschaft investieren können.

Dadurch, dass der Staat zunächst 200 Millionen mehr ausgegeben als eingenommen hat, hat er die Geldmenge erhöht und sich selbst, seine Unternehmen und seine Bürger reicher gemacht.
 

Derjenige, der das Privileg hat, Bargeld in eigener Währung zu schaffen (drucken oder prägen), und dieses Geld in den eigenen Wirtschaftskreislauf steckt, kann sich nicht verschulden. Allerdings: Die Länder des Euro-Raums sind keine  geldpolitisch souveräner Staaten. Trotzdem hat diese Aussage über den Umweg der von der EZB angekauften Staatsanleihen auch hier Gültigkeit. Der Euro-Raum als Ganzes ist geldpolitisch souverän.

Diese Überlegung gilt natürlich nur, solange die höhere Geldmenge in die nationale Realwirtschaft fleßt und das dadurch mögliche Wirtschaftswachstum nicht durch Knappheit an Rohstoffen oder Arbeitskräften begrenzt wird. Daher ist Sparen bei der Ausbildung oder Umschulung von Arbeitskräften, eine fehlende Regelung für qualifizierte Zuwanderung, Östereichs geringe Attraktivität für ausländische Spitzenkräfte und Facharbeiter und das Fernhalten arbeitswilliger Asylwerber vom Arbeitsmarkt kontraproduktiv. Auch das Ausschütten von Helikoptergeld, um in Zeiten der Verknappung (z.B. Erdgas) die Kaufkraft zu stützen, ist suboptimal. Denn die Verknappung wird ja dadurch nicht behoben, und dem weiterhin knappen Gut steht nun eine größere Geldmenge gegenüber, was zwangsweise zu einer Verteuerung dieser Güter führen muss. Wenn die Verknappung nicht direkt behoben werden kann, ist die direkte staatliche Preisstützung einer gewissen Basismenge des knappen Guts die sinnvollere Methode, wie das ja auch bei der Strompreisbremse gemacht wurde. Diese Basismenge muss so bemessen sein, dass sie einen gewissen Anreiz zum Sparen auslöst und vor allem die einkommensstarken Haushalte mit großem Verbrauch trifft. Der Preis für die darüber hinausgehenden Mengen kann sich dann nach Angebot und Nachfrage richten und so zu weiteren Einsparungen führen. Sinngemäß ähnliche Regelungen sollten sich auch für betroffene Industrien finden lassen, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Weitere Infos dazu hier.

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